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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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ausrichten konnten. Immerhin hatten Michaels Boten inzwischen bestätigt, dass sich der Sultan und der Hauptteil des Heeres bereits wieder auf dem Rückweg Richtung Konstantinopel befanden. Doch es wäre leichtsinnig gewesen, dies als etwas anderes als eine Atempause zu betrachten. Belgrad musste sich gegen den Feind rüsten, bevor er wieder in Sicht kam. Daher hatte Gábor neue Pläne für eine Verstärkung der Festungsmauern mitgebracht, die er Michael bei einem Treffen der Stadtoberen offiziell übergab.
    Er selbst kümmerte sich in den Tagen nach seiner Ankunft um den Fortgang der Waffenlieferungen. Er prüfte die Lager innerhalb der Festung und die Ausrüstung der Wachen an den Stadttoren, traf sich mit dem Hauptmann der Belgrader Stadtmiliz und ließ sich vom Zeugmeister der Festung die Schwarzpulvervorräte und Kisten mit Brandpfeilen zeigen, die in Hunyadis Auftrag gehortet wurden. Er begutachtete die Arbeit der deutschen Kanonengießer, die seit einigen Wochen in der Stadt weilten, um für teure Gulden fünf dieser Feuergeschütze herzustellen.
    Und dann kam am Mittag des fünften Tages, Wochen früher als erwartet, ein Bote mit Hunyadis neuer Order: Gábor sollte zurück nach Buda reiten, wo der Graf ihn bei Verhandlungen am Königshof an seiner Seite wollte. Der greise Kalixt  III ., der vor wenigen Monaten in Rom zum Papst gewählt worden war, hatte in einem Schreiben an den ungarischen König zu einem neuen Kreuzzug gegen das Osmanische Reich aufgerufen. Er wurde unterstützt von den Venezianern. Die Republik Venedig war neben den Serben wohl vom Fall Novo Brdos am empfindlichsten getroffen worden, denn die Bergstadt mit ihren Gold- und Silbergruben hatte vielen venezianischen Kaufleuten als Stützpunkt gedient. Während Graf Hunyadi einen neuen Kreuzzug für unabdingbar hielt, um die Türkengefahr zu bannen, wehrten sich jedoch der ungarische König Ladislaus und sein Regent Cilli gegen diesen Vorschlag. Denn so ein Feldzug kostete Geld und Männer, und beides wollten sie nur ungern hergeben.
    Gábor las dies alles in Hunyadis Brief und wusste, dass er keine Zeit verlieren durfte, dem Befehl Folge zu leisten. Sein Dienstherr würde kein Verständnis haben, dass sein wichtigster Berater ihn wegen einer jungen Wolfsfrau im Stich ließ, die in seinen Plänen bisher keine Rolle spielte.
    Er verbrachte die restlichen Stunden bis zum Abend damit, seinen Aufbruch vorzubereiten, dann machte er sich auf den Weg zu Veronika. Sein feines Gehör hatte ihm bereits zugetragen, dass ihre Anwesenheit für Klatsch unter Bediensteten und Rittern sorgte. Sie alle waren neugierig auf sein Mündel, das bisher nur wenige zu Gesicht bekommen hatten. Die Geschichte, die er über sie verbreiten hatte lassen, erwies sich als so glaubwürdig wie erwartet. Keiner kannte ihren mutmaßlichen Vater, Gábors Bekannten aus Kärnten, der vor wenigen Monaten im Kampf gegen die Türken an den Ostgrenzen gefallen war und ihn angeblich gebeten hatte, sich um seine Tochter zu kümmern. Das Interesse galt weniger dem toten Fremden, der als niedriger Landadliger ohne Familie wenig Gesprächsstoff versprach, sondern Gábor, der sich des Mädchens aus Mitgefühl angenommen hatte. Zu seinem Amüsement steigerte diese selbstlose Tat sein Ansehen. Sonst war er unter Hunyadis Gefolge eher als Einzelgänger bekannt, der sich wenig um anderer Leute Schicksal scherte. Jetzt musste er nur darauf vertrauen, dass Veronika klug genug war, sich ebenfalls an die erfundene Geschichte zu halten.
    So viel er bereits über sie gesprochen hatte, so wenig hatte er sie in den letzten Tagen gesehen. Nur zwei Mal hatte er sie in den Abendstunden in ihrer Kemenate besucht. Zu allen Zeiten wachte sein Schüler Miklos in der Nähe ihrer Gemächer, der ihm allerdings von keinem Fluchtversuch berichten konnte. Das Mädchen hatte unter Miklos’ Aufsicht bereits die Festung, aber noch nicht die Stadt selbst besichtigt. Bei beiden Besuchen hatte Gábor sie jedoch an einem der Turmfenster vorgefunden, wo sie mit nachdenklichem Gesicht auf die Dächer hinunterstarrte.
    Auch jetzt stand sie dort. Als er den Raum betrat, fuhr sie zu ihm herum. Ihre Augen waren grau wie der bewölkte Abendhimmel. Er sah die Unruhe der Wölfin in diesem Blick, und ihr dunkler Duft hüllte ihn ein wie kühler Nebel. Es war höchste Zeit für sie, sich wieder zu verwandeln.
    »Heute Abend reiten wir aus.« Er hielt es wie meist nicht für nötig, sich mit Floskeln aufzuhalten.
    »Wohin?«, fragte

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