Mondkuss
Geruch ihrer Haare genießerisch in sich auf. Es war ein angenehm blumig frischer Duft, der ihn verzauberte. Sein Verlangen nach dieser Frau wuchs, als er spürte, wie ihre kleinen festen Brüste für einen kurzen Augenblick seinen Oberkörper streiften. Marleen verlor jedes Zeitgefühl. Ein elementares, wildes Verlangen hatte sich ihrer beim Tanz mit diesem Traum von einem Mann bemächtigt. Die Band war nun dazu übergegangen, langsamere Stücke zu spielen. Zu ihrem Entzücken dachte Rafael nicht daran, die Tanzfläche zu verlassen. Im Gegenteil! Er zog sie noch enger an sich. Sie konnte das Spiel seiner Muskeln unter dem Stoff seines Hemdes ebenso spüren wie seinen Atem nah an ihrem Ohr. Wie gebannt hob sie ihr Gesicht zu ihm empor, und für einen Moment lagen plötzlich seine weichen Lippen auf den ihren. Ganz kurz. Wie ein Hauch. Unwirklich und doch so brennend. Sie schloss verzückt die Augen, ihr Atem beschleunigte sich, und dann wagte sie es, ihm ins Gesicht zu blicken. Sein intensiver Blick jagte ihr einen angenehmen Schauer über den Rücken. „Wehr dich nicht. Das, was gerade geschieht, ist Magie!“ Liebevoll strich er mit dem Daumen über ihre Wange, dann hinab zu ihrer Halsbeuge und lächelte ihr zu. Ihre aufgepeitschten Sinne beruhigten sich. Wie auf Wolke sieben und irgendwie benebelt schwebte sie in seinem Arm über die Tanzfläche, und als sich die Kapelle schließlich zu einer kleinen Pause zurückzog, war sie fast enttäuscht. Sie spürte, dass er sie beobachtete und aus Angst, er könnte ihr enttäuschtes Gesicht sehen, entschuldigte sie sich, und ging mit zitternden Knien zum Waschraum. Ohne einen Blick in den Spiegel zu werfen ließ sie sich gleich auf einen Stuhl fallen. Sie zitterte. Was war nur los mit ihr? Sie war doch sonst nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. Und attraktive Männer waren ihr schließlich schon einige begegnet. Sie atmete tief durch. Sie musste hier raus! Unbedingt! Sobald ich wieder am Tisch bin, werde ich mich von Rafael verabschieden und schnellstens verschwinden. Sie warf nun einen prüfenden Blick in den Spiegel und erschrak; denn sie glühte regelrecht, und in ihren Augen leuchtete ein verräterisches Glitzern. Ach du liebe Güte! Ich sehe aus wie ein liebeshungriger Backfisch … wie furchtbar! Es wurde wirklich allerhöchste Zeit, sich vor diesem Mann in Sicherheit zu bringen. Tief atmete sie durch, verließ den Waschraum und ging entschlossen und hoch erhobenen Hauptes auf Rafael zu. Sie wünschte sich, davonfliegen zu können – stattdessen setzte sie sich wie versteinert auf ihren Platz und versuchte, sich nichts von ihrem inneren Aufruhr anmerken zu lassen. „Alles okay?“ Rafael blickte sie prüfend an. „Ja.“ Sie räusperte sich und war erleichtert, als sich Rafaels Aufmerksamkeit auf sein klingelndes Handy richtete. Mit einem entschuldigenden Lächeln ging er ran, während sie weiterhin nervös ihre Hände knetete, die nach wie vor in ihrem Schoß lagen. „Rafael? Hör mal, wo steckst du?“ Helenas Stimme hörte sich hektisch an. „Du musst rasch herkommen. Eine verärgerte Kundin von dir, die du scheinbar versetzt hast, steht vor unserer Tür und will erst wieder verschwinden, wenn sie dich gesprochen hat.“ Marleen konnte nicht hören, was Rafael durch das Handy zugetragen wurde, bemerkte aber, dass er reuevoll das Gesicht verzog und konzentriert zuhörte. „Ich gebe zu, ich habe es verschwitzt. Aber ich werde es wieder gutmachen. Richte bitte aus, dass ich in einer Stunde am verabredeten Treffpunkt sein werde.“ „Okay, ich werde versuchen, die aufgebrachte Dame damit zu beschwichtigen. Aber was, wenn sie nicht zufrieden ist – oder, wenn es in einer Stunde ungünstig bei ihr sein sollte?“ „Du machst das schon. ER ist auf Geschäftsreise. Ein paar Stunden früher oder später spielen also keine Rolle.“ Das Wort „er“ betonte Rafael auf eine Weise, die Helena zu verstehen gab, dass er damit den Ehemann seiner Kundin meinte. Helena seufzte. „Dein Wort in Gottes Ohr. Ich werde mir jedenfalls die größte Mühe geben. Sag mal, muss ich mir eigentlich Sorgen machen? Du bist doch sonst die Zuverlässigkeit in Person.“ „Keine Sorge. Ich verspreche mich zu beeilen, okay?“ Als er das Telefonat beendete, warf er Marleen einen bedauernden Blick zu. „So schön unser Beisammensein auch ist, so führt dennoch kein Weg daran vorbei, mich nun zu verabschieden. Schade, aber unumgänglich.“ Sie hatte Mühe, seinem Blick
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