Mondkuss
diesem Lächeln, das meine Knie weich werden ließ.“ „Rafael, was ist passiert? Hast du dich wirklich und tatsächlich verliebt? Oder ist dies nur einer deiner poetischen Ergüsse, die du verbal an mir antestest, bevor du sie zu Papier bringst?“ „Das ist eine lange Geschichte …“ „Weißt du was, lass uns reingehen. Ich mach uns einen guten Tee, und du kannst mir alles erzählen. Es ist besser, wenn du dir Luft machst, bevor du dich auf den Weg zu deiner sehnsüchtig wartenden Kundin machst, damit du nachher nur für sie da sein kannst.“ Sie grinste schelmisch. „Du platzt ja fast.“ Kurze Zeit später saßen sie sich bei einer Tasse Tee gegenüber. Schweigend. Rafael blickte träumend vor sich hin, und Helena barst fast vor Neugier. „Nun spann mich nicht länger auf die Folter!“ Helenas Blick fixierte ihn geradezu, in der Hoffnung, endlich etwas aus ihm herauszubekommen. „Oder hast du neuerdings etwa Geheimnisse vor mir?“ „Nein. Wirklich nicht. Ich muss nur erst einmal meine Gedanken und Gefühle ordnen.“ „Wenn du mich fragst, hört sich das nach mehr als nach einem kleinen Schmetterling an. Sollte unser werter Freund Rafael etwa gegen seine Prinzipien in Beziehung Liebesdingen verstoßen haben?“ „Es war nicht … ich meine nichts Körperliches. Alles war viel elementarer, intensiver … ich …“ Er brach ab. „Nun erzähl schon!“ Rafael seufzte ergeben. „Okay, okay. Brüh uns bitte einen weiteren Tee auf. Währenddessen werde ich meine Gedanken geordnet haben und kann dir alles erzählen.“ Helena grinste wissend. Sie begab sich in die Küche und kam ein paar Minuten später mit frischem Tee zurück. „Und nun erzählst du mir bitte haarklein, was sich heute zugetragen hat. Ich brenne nämlich vor Neugier – und ehrlich gesagt, so aufgewühlt habe ich dich noch nie erlebt.“ Rafael warf zwei Stück Zucker in seine Teetasse, schloss kurz die Augen, und dann begann er zu erzählen. „Und ihr seht euch wieder?“ „Ich hoffe.“ „Du hast sie nicht um ein Wiedersehen gebeten?“ „Doch, habe ich. Aber sie war eher … nun sagen wir mal …vorsichtig. Da war trotz aufrichtigem Interesse in ihren Augen ein nicht zu übersehendes Stoppschild in ihrem Gesicht.“ „Und davon hast du dich abhalten lassen?“ „Wo denkst du hin?! Ich habe nicht locker gelassen und bin nun stolzer Besitzer ihrer Telefonnummer.“ „Du wirst hoffentlich anrufen? Ich meine, nun, wo du endlich wieder jemanden an dein Herz klopfen lässt, wirst du doch nicht wieder in deine eisernen Prinzipien zurückfallen?! Rafael seufzte. „Ich bin bereit, mich diesem Risiko hinzugeben. Diese Frau ist es wert. Und wenn ich das Stoppschild in ihrem Gesicht genauer betrachte, so ist mir, als würde ich in einen Spiegel blicken. Ja, ich werde sie anrufen, auch wenn da etwas in mir ist, das sagt: Halt – Stopp! Ohne Schmetterlinge lebt es sich viel einfacher.“ „Nicht unbedingt. Wenn ich da an mein Leben denke, so lebt es sich mit Schmetterlingen bedeutend angenehmer.“ Helena lächelte und dachte an die Zeit zurück, als Leonard in ihr Leben getreten und es gehörig durcheinandergewirbelt hatte. Dies lag nun schon über ein Jahr zurück, und für beide wurde von Tag zu Tag immer deutlicher, dass sie zusammengehörten. Helena, die Malerin, und der Callboy Leonard hatten ihr Glück gefunden, und Rafael war stolz darauf, zwei so gute Freunde zu haben. „Nun, Ausnahmen bestätigen die Regel“, erwiderte Rafael. „Ich freue mich für euer Glück, bin aber dennoch skeptisch.“ „Ich weiß … kein Wunder bei dem, was du erlebt hast. Umso mehr freut es mich, dass dir nun jemand begegnet ist, der deine Skepsis ein wenig in den Hintergrund drückt.“ Rafael lachte. „Das war eine Woge, die mich überrollt hat, als ich am wenigsten damit gerechnet habe. Marleen ist sehr distanziert, eine harte Nuss, aber ich möchte diese Nuss knacken, hinter die Schale blicken.“ „Eine Schale, die dir nur zu bekannt sein dürfte. Denn du trägst sie ebenso. Wenn auch die Gründe für diesen Schutz nicht zwangsläufig dieselben Wurzeln haben mögen.“ „Woran liegt es eigentlich, dass man sich zu bestimmten Personen spontan hingezogen fühlt? Obwohl man diese Person nur gesehen hat? Man sieht jemanden und ist plötzlich nicht mehr derselbe. Ist fasziniert, umhüllt von einem Zauber, der dich nicht mehr loslässt und alle Vorsätze über den Haufen wirft?“ „Ja, das ist wahrhaftig ein Phänomen. Verrückt und
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