Mondkuss
dann.“ „Und seitdem scherst du alle attraktiven Männer über einen Kamm?“ Sie seufzte. „Das Thema ist mir jetzt zu unangenehm. Können wir das bitte verschieben?“ „Okay.“ Er legte ihr einen Finger unter das Kinn. „Sogar gern, wenn das bedeutet, dass wir uns wiedersehen.“ „Das habe ich nicht gesagt.“ „Und wenn ich dich darum bitte?“ Ihr Blick wurde abweisend. Sie schob seine Hand fort. „Lass das.“ „Was?“ „Deine Flirterei … die Versuche, mich um den Finger zu wickeln.“ „Ich denke nicht daran. Und wenn du ehrlich bist, willst du auch gar nicht, dass ich aufhöre.“ Wütend blitzte sie ihn an. Rafael lachte leise auf. „Los, wirf dein Herz über deine innere Hürde und spring ihm nach.“ Marleen erzitterte. Ihr Herz fühlte sich an wie ein einziger, sehnsuchtsvoller Klumpen, fühlte sich zu ihm hingezogen, wurde aber von ihrem alles beherrschen wollenden Verstand davon abgehalten. Ein Meer aus Fragezeichen machte sich in ihrem Kopf breit. Wieso diese Diskrepanz zwischen Gefühl und Verstand? Sonst hatte sie doch beides unter Kontrolle und vor allem unter „Dach und Fach“. Nun schien ihr Gefühl ein Eigenleben zu führen, und wollte sie verleiten etwas zu tun, was ihr Kopf nicht zulassen wollte. Es wollte Rafael wiedersehen, soviel Zeit wie möglich mit ihm verbringen. Ihn in die Tiefen ihrer Seele eintauchen lassen in der Hoffnung, auch ihn kennenzulernen. Es wollte sich ihm hingeben, von ihm berührt und verführt werden. Süße Küsse, die niemals enden, sündige Gedanken, die umgesetzt werden wollten. Und tastende Hände, die jeden Winkel des anderen erkundeten. Sie seufzte leise auf. „Was denkst du?“ Bei seiner Frage schrak sie auf. „Du bist viel zu jung für mich.“ Sie hatte diese Worte hervorgestoßen, ohne sie vorher als Gedanken durch ihren Kopf laufen zu lassen, um zu analysieren, ob sie sie aussprechen, oder es lieber bleiben lassen sollte. Ihr Herz hatte gesprochen, was ihr überhaupt nicht gefiel. Sie wich seinem Blick aus. „Es ist vollkommen unwichtig, wie lange jeder Einzelne auf Erden weilt. Wesentlich ist, ob und wie sich zwei Seelen berühren.“ Beim letzten Satz hatte er sich zu ihr gebeugt und ihn ihr ins Ohr geflüstert. „Berühren sich unsere Seelen denn?“ „Oh, ja. Und ich hätte gern mehr davon. Viel mehr.“ Seine Hand legte sich auf ihre Wange, er beugte sich noch ein Stückchen weiter zu ihr, und erneut trafen sich ihre Lippen zu einem Kuss, der süßer war als Schokolade und köstlicher als ein Dessert. Ihr Körper begann zu beben. Jede Faser ihres Herzens war mobilisiert, jeder Nerv stand unter Strom, und jede Zelle ihres Körpers sehnte sich nach seinen Berührungen … seiner Nähe. In ihr war der Teufel los. Ihr Blut schoss heiß durch die Adern, in ihren Ohren rauschte es, und die Flugzeuge in ihrem Bauch drehten fast durch. „Auch davon hätte ich gerne mehr“, murmelte Rafael zwischen zwei Küssen. Ihr Herz klopfte. Nervös knetete sie ihre Finger und blickte ihm scheinbar gelassen entgegen, als er sich in seinem Stuhl zurücklehnte, zu seinem Glas griff und ihr zuprostete. „Auf dein Wohl.“ Er zwinkerte ihr zu. „Und auf diesen zauberhaften Moment.“ Sie zwang sich zu einem gelassenen Lächeln und griff ebenfalls zum Glas. Innerlich allerdings machte sich Panik in ihr breit, denn dieser Kerl hatte einen Charme, dem sie nicht widerstehen konnte. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass allein seine Gegenwart ausreichte, um ein Kaleidoskop an sündigen Gedanken durch ihr Hirn wandern zu lassen. Wenn sie nicht augenblicklich davonlief, war sie verloren. Die Band im Nebenraum, die eine kleine Pause eingelegt hatte, spielte nun ein altbekanntes Lied. „Wollen wir tanzen?“ Rafaels einschmeichelnde Stimme ging ihr durch Mark und Bein und der Blick, mit dem er sie ansah, tat sein Übriges. Ihr war schwindelig, ihre Gedanken rasten, und sie hatte das Gefühl, ihre Knie bestünden aus einer wabbeligen Puddingmasse. „Lieber nicht“, rutschte es ihr heraus und zur Bekräftigung schüttelte sie energisch den Kopf. Das hätte mir gerade noch gefehlt, dass dieser Charmeur mich in seine Arme schließt. Nein, nein, das darf auf gar keinen Fall passieren. Ich steh ja jetzt schon lichterloh in Flammen. Was soll erst werden, wenn er mich berührt? Aber Rafael ließ nicht locker. Mit sanfter Stimme versuchte er, sie zu locken. „Nun komm schon. Ich verspreche dir, ich werde nicht auf deine Zehen treten. Ich denke, ich beherrsche
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