Mondkuss
wusste, wie man einer Frau schmeichelte. Ein Lächeln umspielte ihren Mund. Selbst sein offensiv frecher Charakterzug gefiel ihr. Und das, obwohl sie normalerweise die nötige Distanz bevorzugte. Er war etwas ganz Besonderes. Natürlich, charmant, sexy, warmherzig, klug und gefährlich. Eine Mischung, die ihr unter die Haut ging. Und wie! Sie seufzte erneut. Meine Güte, was war bloß los mit ihr? Sie war normalerweise doch alles andere als leicht zu beeindrucken. Im Gegenteil! Nicht umsonst sagte man ihr nach, dass es ein fast unmöglicher Kraftakt sei, sie zu beeindrucken. Und das war auch gut so, denn sie hatte sich geschworen, niemals die Kontrolle über ihre Gefühle zu verlieren. Und nun das! Sie begegnete diesem attraktiven Kerl, und schon gerieten ihre Gefühle so mir nichts dir nichts außer Kontrolle. Hätte ihr das jemand heute Morgen prophezeit, sie hätte denjenigen für komplett verrückt erklärt und wäre jede Wette eingegangen, das etwas Derartiges ein Ding der Unmöglichkeit sei. Ich darf und werde diesen Kerl nicht wieder treffen. Wäre ja noch schöner, wenn ich mich diesem Zauberbann, den er über mich geworfen hat, mit einem Wiedersehen ausliefern würde. Sie griff nach der Fernbedienung und zappte sich durch das Fernsehprogramm. Marleen liebte in die Jahre gekommene Schwarz-Weiß-Filme. Klassiker. Besonders die alten Komödien hatten es ihr angetan. Und so freute sie sich, als einer der Sender einen Film mit Heinz Erhardt brachte. Entspannt lehnte sie sich zurück, trank dazu ein weiteres Gläschen Wein und genoss die kurzweiligen neunzig Minuten. Minuten, in denen sie nicht an Rafael dachte, sondern sich einfach treiben ließ und oftmals lauthals lachen musste. Als der Film vorüber war, streckte sie sich wohlig, schenkte sich ein weiteres Glas Rotwein ein und öffnete die Balkontür. Süßer Blütenduft hing in der Luft, Grillen zirpten, und es wehte ein sanfter warmer Wind. Der Blick nach oben ließ sie lächeln, denn der Himmel war über und über mit Sternen besät, die golden funkelten und ihr teilweise zuzuzwinkern schienen. Der Abend war klar und warm – wie gemacht für herzklopfendes Händchenhalten und verliebte Flirterei. Sie seufzte leise. Die gegen ihren Willen wiederkehrenden Gedanken an Rafael rannen wie schwerer Rotwein durch ihr Blut, machten sie betrunken. Ein Kaleidoskop sündiger Gedanken sauste durch ihr Hirn. Sie trat auf den Balkon hinaus und ließ sich in die himbeerfarbenen Kissen des Korbsessels fallen, der zu einer gemütlichen Sitzgruppe gehörte. Marleen nahm einen großen Schluck aus ihrem Weinglas. Süß und schwer rann der köstliche Rebensaft langsam ihre Kehle hinab, hinterließ auf der Zunge ein herb-fruchtiges Aroma und erreichte schließlich ihren Magen, in dem sich alsbald eine wohlige Wärme ausbreitete. Sie nahm einen weiteren Schluck, noch einen, ließ das Aroma auf der Zunge tanzen und schloss die Augen. Als das Glas schließlich leer war, spürte sie einen leichten Schwindel. Sie hatte eindeutig zu schnell getrunken. Der Wein stieg ihr zu Kopf, machte sie schwindelig, so wie ihre Begegnung mit Rafael. Egal! Heute war alles egal! Noch ein Gläschen. Und ein weiteres. Die Wirkung des Weines kribbelte angenehm in ihrem Bauch, gab ihr ein himmlisch schwebendes Gefühl. Ein Gefühl, fast so schön wie Rafaels Charme. Rafael! Da ist er wieder – der Dieb meiner Gedanken und Gefühle. Sie seufzte, füllte ihr Glas ein weiteres Mal und musste dann lachen. Ach, was soll’s. Heute ist es erlaubt. Ich lasse die Gedanken an ihn zu. Und morgen wird alles anders! Mit geschlossenen Augen und einem Lächeln in den Mundwinkeln dachte sie an die heutige Begegnung. An die Art und Weise, wie er sich auszudrücken vermochte, an seine Gestalt, sein Lachen, an das erste Mal, als sich ihre Augen getroffen hatten … Bis auf ihr eigenes Herzklopfen und das Zirpen der Grillen drang kein Geräusch an ihr Ohr, sodass ihr Kopfkino ungestört laufen konnte. Sie dachte an den Moment, als sich ihre Lippen berührten, stellte sich vor, wie prickelnd es sein müsste, seine schönen Hände auf ihrem Körper zu spüren und seufzte leise auf. Die Brüste hoben und senkten sich unter dem seidigen Stoff ihrer Bluse, der Mund nahm einen sinnlichen Ausdruck an, die Hände wanderten ihre Schenkel entlang unter den Saum ihres Rockes. Ihre Haut fühlte sich lebendiger an als sonst. Das Blut schoss heiß durch ihre Adern, zwischen ihren Schenkeln begann es verräterisch zu pochen. Nässe
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