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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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schön zu sein, war in ihr eine Verehrung für Schönheit gewachsen, und wenn ihre Mutter für sie das Inbild der weiblichen Schönheit war, so erblickte sie jetzt in ihrem unbekannten Bruder den Inbegriff männlicher Schönheit. Er trug eine helle Zihara, und der gelbe Tailasan, der um seinen Kopf geschlungen war, ließ sein Gesicht völlig frei - ein Gesicht mit regelmäßigen, edlen Zügen, das fast zu vollkommen für einen Mann war.
    Er schaute zum Palast hoch, und es schien Layla, dass er ihr zulächelte. Sie hätte um ein Haar gewinkt wie die Leute dort unten, aber auf die Entfernung hätte er es nicht sehen können.
    Außerdem erinnerte sie sich wieder, dass ihre Mutter neben ihr stand.

    »Hast du sein Schwert gesehen?«, fragte Tariq aufgeregt. »Das ist aus Damaskus, ganz bestimmt! Vielleicht hat er noch mehr dabei. Glaubst du, er gibt mir…«
    Layla stieß ihn ärgerlich in die Seite. Noch galt es, den Versöhnungsplan vor ihrer Mutter geheim zu halten. Vorsichtig blickte sie zu Isabel auf und erkannte, dass diese nichts bemerkt hatte.
    Sie beachtete die Zwillinge nicht; auch sie beobachtete unausgesetzt Muhammad.

    Die Zwillinge nahmen nicht an dem Begrüßungsfest teil, was auf eine taktvolle Entscheidung ihres Vaters zurückging. Tariq war enttäuscht, nicht nur Muhammads wegen.
    Auch al Zaghal würde auf dem Fest sein, und al Zaghal war das kriegerische Idol des ganzen Reiches, ohne besonderen Wert darauf zu legen. Seine barsche Art sorgte dafür, dass er Anhä nger hatte, aber keine Freunde. Nur mit seinem Bruder verband ihn eine enge Beziehung.
    Doch um al Zaghal zu sehen, würde es noch andere Gelegenheiten geben. Was Muhammad anging, so beschlossen die Zwillinge, ihn abzufangen, wenn er das Fest verließ; eine Begegnung zu dritt wäre ohnehin günstiger für ihr Geheimnis. Es fiel ihnen nicht weiter schwer, Fatima zu täuschen; darin hatten sie Übung. Isabel befand sich auf dem Fest, denn ihre Abwesenheit hätte wie eine Niederlage gewirkt.
    Die Zwillinge richteten sich darauf ein, eine Ewigkeit warten zu müssen, aber Muhammad kam schon sehr bald aus der Halle. Er ging sehr zielgerichtet, und sie folgten ihm leise. Bald merkten sie, dass er nicht zu seinen oder Alschas Räumen wollte, sondern zum Falkenhaus. Das war noch besser, als sie gehofft hatten, denn dort befand sich um diese Zeit mit Sicherheit niemand mehr. Sie folgten ihm so geräuschlos wie möglich. Als sie das Falkenhaus betraten, verwirrte sie das Schweigen der Vögel etwas: Fatima hatte erzählt, dass die Vögel in der Nacht, wenn kein Mensch sie hören konnte, miteinander sprachen.
    Sie kannten sich dort nicht so gut aus, und das Licht war bereits gelöscht, aber Muhammad wies ihnen selbst den Weg. Sie hörten ihn mit einem der Falken sprechen.
    »Zuleima… Zuleima… erkennst du mich, Schöne?«
    Layla glitt auf dem Stroh aus und stürzte. Muhammad wirbelte herum. »Wer ist da?«
    »Wir sind’s nur«, sagte Tariq schnell, half seiner Schwester auf und zerrte sie etwas unsanft vorwärts, »wir haben ein Willkommensgeschenk für dich, aber sie haben uns schon ins Bett geschickt, also geben wir’s dir heimlich.«
    Muhammad hatte sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt und konnte die Kinder, die vor ihm standen, recht gut sehen. Er lächelte. »Das ist nett von euch.« Ein wenig bitter fügte er hinzu: »Ich hätte nicht gedacht, dass mich hier jemand erkennt.
    Mein Hund hat mich vergessen und mein Lieblingsfalke auch, scheint es.«
    »Vielleicht sind sie einfach alt«, sagte Layla schüchtern, »für Tiere, meine ich.«
    Muhammad lachte. »Das wird es sein. Aber gehen wir lieber nach draußen, ich bin neugierig auf euer Geschenk.«
    Später fragte sich Layla, für wen er sie wohl gehalten hatte - für Sklavenkinder, für Sprösslinge einer der Konkubinen, für die Kinder eines Gastes?
    Sie verließen das Falkenhaus mit ihm. Der Generalife war nicht weit, und ohne nachzudenken, schlugen alle drei diese Richtung ein. Tariq fragte Muhammad nach seiner Reise, und dieser erzählte von riesigen Wellen, von Sandstürmen und der goldenen Stadt Fez. Wie ein guter Märchenerzähler alter Tradition übertrieb er etwas, und die Zwillinge waren gebührend begeistert.
    »Und hast du auch welche von den Dschinn gesehen? Einen Ifrit?« Muhammad schüttelte den Kopf. Aus der Nähe betrachtet sah er, fand Layla, nicht so vollkommen aus, dafür aber menschlicher, wärmer. Er hatte den Tailasan längst abgenommen und griff sich manchmal

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