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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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das Fest getrennt und nacheinander. Als al Zaghal am Bab al Sharirah, dem Tor der Gerechtigkeit, ankam, fand er Ali wartend vor. Ali sah müde und besorgt aus; sein grauer Bart schien weiß im Mondlicht.
    »Was ist mit dir?«, fragte al Zaghal brüsk. »Und warum diese Heimlichtuerei? Du bist der Emir!«

    Ali verzog das Gesicht. »Auch Emire müssen sich mit Spionen abfinden. Du solltest das wissen, Bruder. Es gibt schlechte Neuigkeiten, und ich möchte vermeiden, dass man sie jetzt schon erfährt.«
    »Schlechte Neuigkeiten verbreiten sich schneller als Heuschrecken«, kommentierte al Zaghal. Wortlos schritten sie über die Wälle; es war eine alte Gewohnheit, aufgenommen, als sie noch Knaben waren. Bei einem solchen Spaziergang hatte sich Ali zu dem Entschluss durchgerungen, ihren Vater Said zu entmachten und selbst Regent zu werden. Said war im doppelten Sinn blind geworden; an seiner Augenkrankheit ließ sich nichts ändern, doch er hatte begonnen, Fehler über Fehler zu machen, den Christen nicht nur Tribute, sondern auch Landstriche zuzugestehen, aus Furcht vor einem zerstörerischen Krieg. Al Zaghal hatte Ali seiner unbedingten Loyalität versichert, und gemeinsam hatten sie den alten Mann entmachtet und ans Meer geschickt, nach Almunecar, wo er für den Rest seines Lebens dahindämmerte.
    Als erriet er al Zaghals Gedanken - was er häufig tat -, sagte Ali, während sie in harmonischer Übereinstimmung nebeneinanderher schritten: »Erinnerst du dich, Muhammad, wie unser Vater immer wieder darauf beharrte, selbst ein demütigender Friede sei besser als Krieg mit den Christen?«
    »Er war alt«, versetzte al Zaghal kurz.
    »Alt.« Ali seufzte. »Ich werde auch langsam alt, Bruder. Ich glaube nicht wie er, dass Frieden um jeden Preis die Sache wert ist, aber ich fürchte… ich weiß nicht. Unsere guten Zeiten sind vorbei, Muhammad. Die Königin von Kastilien steht kurz vor einem Friedensschluss mit den Portugiesen, zu ihren Bedingungen, und wenn ihre Nichte die Unterstützung Portugals verliert, dann ist dort auch der Bürgerkrieg zu Ende.«
    Al Zaghal blieb stehen. »Bist du sicher?«

    »Ich bezahle genügend, um sicher zu sein«, erwiderte Ali knapp. »Sie wird Frieden schließen, aber leider ist das noch nicht alles. Der König von Aragon liegt im Sterben. Ist dir klar, was das bedeutet?«
    Sein Bruder nickte. »Fernando kommt auf den Thron. Und damit haben Aragon und Kastilien dieselben Herrscher.«
    Sie schwiegen eine Zeit lang. Unter ihnen lag die Alhambra, wie ein Schiff, das zwischen der Ebene und den Bergen vor Anker gegangen war, eine riesige dunkle Galeere zwischen zahllosen kleinen, hellen Fregatten. Die rote Farbe der Außenmauern, die auf Neuankömmlinge so verstörend wirkte, weil sie an Blut erinnerte, gab den Brüdern ein Gefühl der Sicherheit.
    Rot war die Wappenfarbe der Banu Nasr, und solange die rote Feste stand, würden auch ihre Herrscher bestehen. Al Zaghal atmete die linde Nachtluft ein und ballte die Hände.
    »Aber die Christen in Kastilien und die in Aragon hassen einander, Ali. Allah hat in seiner Gnade schon seit Ewigkeiten Zwietracht unter ihnen gesät.«
    Ali schüttelte den Kopf. »Du weißt so gut wie ich, dass es ganz gleichgültig ist, wie sehr sie einander verabscheuen, wenn der König und die Königin eine Armee zur Verfügung haben, die sich nicht mehr mit den Portugiesen beschäftigen muss. Bald haben wir ihre Gesandten wieder hier. Und ihre Tributforderungen.«
    »Und wennschon«, entgegnete al Zaghal stürmisch. »Bruder, in den letzten Jahren hatten wir keinen Krieg. Unsere Einkünfte wurden uns nicht mehr weggenommen. Granada ist wieder reich an Geld und an Menschen. Wir können es uns leisten, nicht nachzugeben. Sie sollen nur kommen! Ich sage dir, meine Leute werden sie…«
    Ali hob beschwichtigend die Hand. »Ich weiß, ich weiß. Ich zweifle nicht daran, dass wir sie aufhalten können. Vor vier Jahren hätte ich noch gesagt, tun wir es. Wir sind stark genug.«

    »Und was hat sich verändert?«
    »Damals hatte ich keinen erwachsenen Sohn, der von den Banu Sarraj hofiert wird«, sagt Ali knapp.
    Stille senkte sich zwischen sie. Al Zaghal musterte das vertraute Gesicht seines Bruders, die Falten um Augen und Mund, die tiefen Linien in der Stirn, die jedes Jahr mehr wurden, und fragte: »So schlimm steht es?«
    Der Emir hob die Schultern. »Du hast seine Ankunft erlebt.«
    Alscha al Hurra und Zoraya waren normalerweise ein Thema, über das die Brüder nicht

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