Mondlaub
atemberaubend und gelegentlich Furcht einflößend gefunden.
»Weil es so unsinnig war«, erläuterte Layla bereitwillig. »Der Sejid Rodrigo de Bivar ist auch bei uns eine Legende und er war bestimmt ein tapferer Mann, aber so viele taifa-Fürsten kann er gar nicht besiegt haben. Schließlich hat er jahrelang für einige von ihnen gekämpft.«
»Niemals«, erklärte Doña Maria entrüstet und ohne ihren gewohnten Takt, denn hier ging es um den größten Helden ihres Volkes, »hat der Cid für Heidenfürsten gekämpft!«
Das Mädchen warf ihr einen verdutzten und gleichzeitig belustigten Blick zu. »Gewiss tat er das. Er stand im Dienst des Emirs von Saragossa, al Mutamin Ibn Hud, und besiegte für ihn die Könige von Lerida und Aragon und den Grafen von Barcelona. Und weil al Mutamin ihm zu wenig bezahlte, stritt er danach für dessen Feind, den Emir al Quadir von Valencia, bis er sich wieder mit dem König von Kastilien versöhnte und zurück zu den Christen ging. Die Zeit der Al Murabitun war Ibn Faisals Leidenschaft«, fügte sie erklärend hinzu, als sie Doña Marias entgeisterte Miene sah, »daher weiß ich darüber einiges.«
»Wenn Euch das Spiel gefallen hat, Doña Lucia«, sagte die Duena, sich innerlich mahnend, dass man mit einem Kind nicht stritt, »solltet Ihr die Schausteller belohnen. So ist es üblich. Hier sind einige Münzen.«
Layla, die ihren ersten Tag in Freiheit von der Burg nicht verderben wollte, gehorchte widerspruchslos und brachte Doña Maria dazu, mit ihr noch durch den Markt zu schlendern, obwohl der Verwalter etwas ungehalten darauf hinwies, dass alle Einkäufe erledigt waren und er Order hatte, so bald wie möglich zu seinem Herrn zurückzukehren. Da an einem Stand Feigen angeboten wurden, kaufte Doña Maria ihr einige; während die Duena noch dabei war, die Früchte zu bezahlen, entdeckte Layla den Musiker, der die Puppenspieler begleitet hatte und nun an den Brunnen inmitten des Platzes gelehnt stand. Ihr kam ein Gedanke und sie lief zu ihm.
»Ihr reist gewiss viel«, sagte sie ein wenig atemlos. »Könnt Ihr mir sagen, wie es um den Krieg in Granada steht?«
Sie erfuhr, dass ihr Vater den Verlust von Alhama wieder wettgemacht hatte, indem er seinerseits in christliches Gebiet eingefallen war. Er war von Malaga aus nach Medina Sidonia gesegelt und hatte dort Algeziras, die Festung, die Gibraltar direkt gegenüberlag, erobert. Algeziras konnte vom Meer aus versorgt werden, anders als Alhama, sodass sich seine Position merklich verbessert hatte.
»Aber trotzdem hat Gott in seiner Gnade Zwist bei den Mauren gesät«, bemerkte der Spielmann. »Sie bekriegen sich noch immer gegenseitig.«
Laylas Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, als sie sich erkundigte, ob es Neuigkeiten von der Familie des Emirs gab. Inzwischen hatte Doña Maria sie wiedergefunden und beendete ihr Gespräch mit dem Vagabunden, doch nicht ehe er ihr ein Gerücht erzählt hatte, das sie für den Rest des Tages verstummen ließ.
Als sie wieder in das Kastell zurückgekehrt waren, ging sie zu ihrer Mutter, in der vagen Hoffnung, diese Nachricht würde Isabel aus ihrer Starre erwecken.
»Die Leute sagen«, teilte sie ihr mit, während sie ihr Haar zu einem strengen Zopf flocht, »du hättest Abul Hassan Ali mit deinen Kindern verlassen, als das Glück sich gegen ihn wandte.
Anscheinend hat es Alscha geschafft, Tariqs Tod geheim zu halten. Was bedeuten würde, dass Vater es auch nicht weiß.«
Isabel antwortete nicht, sondern schaute nur weiter auf einen Punkt jenseits der Wand, den ihre Tochter nie finden konnte.
Es wurde Winter, traditionellerweise die Zeit für einen Waffenstillstand, da Feldzüge bei diesem Wetter ohnehin wenig Aussicht auf Erfolg hatten. Von Ausnahmen wie im letzten Jahr einmal abgesehen, bedeuteten sie endlose Schwierigkeiten mit der Versorgung, Karren, die im Schlamm stecken blieben, erfrorene Finger und Zehen beim Marsch über das Gebirge und dergleichen mehr. Don Sancho Ximenes de Solis verkündete, dass er nicht die Absicht habe, jetzt die Burg zu verlassen.
»Der Hof reist ständig hin und her«, sagte er, »und das bei dieser Kälte. Niemand kann von mir verlangen, dass ich dabei mitmache. Ich werde die kleine Kröte im Frühling vorstellen.«
Es war eine angenehme Überraschung für Doña Maria, zu entdecken, dass ihre Schülerin das Spiel der Laute und der qitar beherrschte. Sie selbst spielte ebenfalls; ohne Künstlerinnen zu sein, konnten sie und Layla sich mit den
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