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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Instrumenten zerstreuen. Sie brachten einander neue Weisen bei, und es vertrieb ihnen die Zeit.
    Layla spielte oft im Gemach ihrer Mutter; es war der wärmste Raum in der Burg, und vielleicht hörte Isabel zu. Sie dachte über den Tag in Sevilla nach und versuchte, die Ballade vom Cid Campeador zu spielen, die ihr Doña Maria mehrmals wiederholt hatte. Immer treu war Don Rodrigo/Seinem König Don Alfonso/Und als dieser ihn verbannte/Ging er klaglos und mit Würde… Sie schaute auf und sah, dass Isabel die Augen geschlossen hatte.
    »Sie schläft«, sagte Jusuf über ihre Schulter hinweg, »aber sei beruhigt, das liegt an mir und nicht an deinem Vortrag.«
    »Ich dachte schon, ich hätte dich nur geträumt, Ifrit«, gab Layla, die ihm die Art, wie er sie jedes Mal überraschte, übel nahm, ungnädig zurück. Er zuckte die Achseln.
    »Vielleicht träumst du wirklich nur«, sagte er langsam. »Vielleicht bildest du dir Dinge ein. Vielleicht hast du die gleiche Krankheit wie deine Mutter dort.«
    Layla schauderte unwillkürlich; er bemerkte es und lächelte.
    »Nein, du bist wirklich«, antwortete sie und drängte alle Furcht vor dem Wahnsinn zurück. »Aber es gefällt dir, den Leuten Angst einzuflößen. Langsam begreife ich, warum die Sinhadja dich so gehasst haben. Kannst du noch etwas anderes?«
    Als sie die Sinhadja erwähnte, blitzte Ärger in seinen blassen Augen auf, doch dann wurde seine Miene wieder gelassen.
    »Selbstverständlich. Ein neuer Ratgeber ist dabei, deinen Bruder Muhammad und Ali al Atar zu überzeugen, dass sie die Christen angreifen müssen. Die Erfolge Abul Hassan Alis haben die Bürger der Hauptstadt wieder mehr auf seine Seite gebracht, während Muhammad sich bisher auf Abwehr beschränkt hat. Er muss das wieder wettmachen.«
    Layla warf einen hastigen Blick auf ihre Mutter. Sie schlief immer noch. Ein Ausdruck des Friedens lag auf ihrem Gesicht, der ihr sonst fremd war. Plötzlich wurde dem Mädchen klar, dass sie ihrer Mutter diesen Frieden verübelte. Isabel hatte sie hierher gebracht und dann im Stich gelassen, mehr verlassen, als es Tariq durch seinen Tod getan hatte, denn sie träumte immer noch von ihm, und in ihren Träumen erinnerte sie sich nie daran, dass er tot war.

    »Sie wird nicht aufwachen«, sagte Jusuf, als lese er ihre Gedanken. »Sie träumt von der Vergangenheit. Möchtest du das auch?«
    Kopfschüttelnd verneinte Layla. Der Schmerz beim Erwachen aus dieser Art von Träumen, wenn die Erinnerung wieder einsetzte, war ihr zu vertraut. Jusuf ergriff ihre Laute und spielte ein Lied, das sie nicht kannte; eine süße, einschmeichelnde Melodie. Mühsam riss sie sich von ihrem Zauber los. »Ich habe dir gesagt, ich will nicht schlafen. Wer hat das geschrieben?«
    »Ibn Gabirol«, erwiderte Jusuf und spielte weiter. »Er dichtete und machte wie ich den Fehler anzunehmen, er könnte gleichzeitig Jude und Araber sein. Besser, du singst es nicht, wenn du je nach Granada zurückkehrst. Es rühmt einen Löwenbrunnen und eine Sternenkuppel, wo doch jeder weiß, dass die Alhambra von den Banu Nasr erbaut wurde.«
    »Hast du die Alhambra gebaut?«, fragte Layla leise.
    Er legte die Laute weg. »Ich habe damit begonnen, was ausgesprochen töricht von mir war. Badis hielt mich zwar für fast so nützlich wie meinen Vater, aber nicht für nützlich genug, um seine Eitelkeit von mir beleidigen zu lassen. Er gab seinen Edlen zu verstehen, sie könnten mit mir tun, was sie wollten. Aber bis die Banu Nasr kamen, wagte niemand, auf den Ruinen des roten Hügels weiterzubauen. Muhammad der Erste glaubte nicht an Flüche, doch er war ein vorsichtiger Mann. Daher die Schutzsure.«
    Das Mädchen rückte etwas näher an das Feuer. »Wirken Flüche denn?« Jusuf ben Ismail trat in den Schatten zurück. »Aber Layla, meine Liebe - wäre ich sonst hier?«
    Ihre Mutter stöhnte im Schlaf. Als Layla sich wieder den Schatten zuwandte, war Jusuf verschwunden. Sie dachte darüber nach. Tausende toter Juden in Granada. Badis hatte seinen jüdischen Wesir nicht lange überlebt, und sein Enkel und Erbe Abdallah endete im Kerker eines fremden Herrschers. Was die Banu Nasr anging… Layla zerbrach sich den Kopf, wer von den neunzehn Emiren friedlich auf den Thron gekommen und auf natürliche Weise gestorben war. Muhammad der Erste. Sein Sohn. Dann keiner mehr.

    Sobald der ärgste Winter vorbei war, nutzte Fernando von Aragon die Zerrissenheit des Reiches Granada, um einen Marsch auf Malaga zu befehlen. Malaga

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