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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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dass sie keine weitere Messe in der Kathedrale von Cordoba ertragen konnte. Man hatte die große Moschee der Kalifen gewaltsam in eine Kirche umgewandelt, mitten in die leichte Anmut der Pfeiler und Bögen, die so kunstvoll übereinander strebten, dass sich der Eindruck einer Oase von Palmen in der Wüste ergab, einen wuchtigen, düsteren Kapellenbau gesetzt. Als sie während ihrer ersten Messe in Cordoba sehen musste, wie auf die gefächerten Gewölbe, die an die geöffneten Zweige einer Palme erinnerten, krude Gemälde von christlichen Heiligen gemalt worden waren, hatte sich Layla an Muhammads Prophezeiung erinnert, in Cordoba spiegele sich das künftige Schicksal Granadas, und Grauen hatte sie erfasst. Doch obwohl Talavera nicht unfreundlich erschien, war ein derartiges Gefühl nichts, was man einem christlichen Priester anvertraute.
    »Zweifellos«, sagte Fray Hernando. Dann legte er die Tonscherben, die er aufgesammelt hatte, in Laylas geöffnete Handflächen und segnete sie. »Jetzt lauft, mein Kind. Ich will Euch nicht weiter von Euren Pflichten abhalten.«
    Er senkte die Stimme und flüsterte, so schnell, dass sie sich spä ter fragte, ob sie es sich nur eingebildet hatte: »Nichts aus der Vergangenheit verliert man für immer.«
    Erst da fiel ihr wieder ein, dass Talavera dem Hofgeschwätz zufolge selbst ein converso war.

    Der andere Mönch am Hof, Fray Tomas de Torquemada, der Großinquisitor, blieb nicht lange, sondern brach bald nach Toledo auf, zur Erleichterung der Königin. Obwohl sie Torquemada gerade wegen seiner Kompromisslosigkeit als Groß inquisitor gewählt hatte, machte ihn diese Eigenschaft immer öfter zu einem Hindernis für den täglichen Ablauf der Geschäfte des Hofes.
    »Niemand wäre besser für seine Aufgabe geeignet als Fray Tomas«, sagte sie seufzend, »aber wenn er hier ist, gerät er ständig in Streit mit Abraham Seneor, und das kann ich nicht gebrauchen.«
    Abraham Seneor war oberster Richter und oberster Rabbi der jüdischen Gemeinden des Königreiches, außerdem der oberste Steuereintreiber und der Schatzkanzler der Hermandad. Das machte ihn unter den christlichen Höflingen nicht gerade beliebt, aber Isabella kannte ihn schon seit ihrer Kindheit; er hatte sie Fernando von Aragon vorgestellt. So war er in seinen Ämtern ziemlich sicher und der natürliche Feind des Großinquisitors, der offen die Meinung vertrat, die nicht bekehrten Juden sollten vertrieben werden.
    Was die conversos anging - dass einem Bekehrten, der heimlich weiter seinem alten Glauben anhing, der Scheiterhaufen drohte, war jedem bekannt.
    Layla, die einen solchen Scheiterhaufen noch nie hatte brennen sehen, fühlte sich selbst nicht davon betroffen, so wenig, dass sie, als sie sich überwunden hatte, Muhammad tatsächlich wieder zu besuchen, die abendliche Gebetszeit wählte. Sie war nicht sicher, ob sie noch als Moslemin gelten konnte - nicht nur wegen der Taufe, sondern auch wegen der verbotenen Zauberei -, aber sie sehnte sich danach, noch einmal die vertrauten Silben der salat zu hören, eine Sehnsucht, die bei dem Gedanken an die ehemalige große Moschee von Cordoba vehement zum Ausbruch kam.
    Muhammad schien ihren Wunsch zu erahnen. Es war das erste Mal, dass sich ein Gefühl der Gemeinschaft zwischen ihnen erhob. Natürlich hatte Layla ihm nicht verziehen, und außerdem nahm sie ihm sein Bündnis mit den Christen übel, wohl wissend, wie paradox das angesichts ihrer eigenen Lage war, und sie ahnte nicht, was er über sie dachte. Doch an diesem Abend waren die Kinder von Alscha al Hurra und Isabel de Solis nur zwei Verbannte, die ihre Verbannung teilten.
    Layla hatte sich so weit entkleidet, um die vorgeschriebenen Waschungen an Füßen und Armen vollführen zu können, während Muhammad den Teppich entrollte, den ihm Alscha geschenkt hatte. Es gab keinen Muezzin, der zum Gebet rief, also richteten sie sich nach ihrem eigenen Zeitempfinden.
    Muhammad sprach die niyya, die Aufforderung an die Gläubigen zum Gebet. Dann brachten sie die rakah hinter sich, das Aufstehen und Niederwerfen vor Allah, der allein groß war.
    Das Abendgebet forderte zwei rakah, und während sich Layla verneigte, senkte sich zum ersten Mal seit Tariqs Tod Frieden in ihr Herz.
    Sie wollte diesen Frieden nicht ziehen lassen, als das Gebet zu Ende war, und schwieg, bis Muhammad aus dem Koran zitierte.
    »Was bei euch ist, vergeht, und was bei Allah ist, besteht; und wahrlich, belohnen werden wir die Standhaften mit ihrem Lohn

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