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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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angeboten, damit Muhammad ohne Sorge um sein Leben in die Alhambra kommen konnte. Selbst bei al Zaghals wohlverdientem Ruf der Skrupellosigkeit erschien es Muhammads Anhängern unwahrscheinlich, dass er seinen bedeutendsten Unterfeldherrn aufs Spiel setzen würde.
    Muhammad kam also ohne Begleiter. Sein Onkel erwartete ihn im ersten Hof, vor der kleinen Moschee, welche die Beherrscher Granadas für sich und ihre Familien gebaut hatten. Beide waren, wie es vereinbart worden war, waffenlos.
    »Ich habe bemerkt, dass du deinen christlichen Verbündeten davon abgeraten hast, sich in der Stadt selbst blicken zu lassen«, sagte al Zaghal kühl. »Sie stehen nur vor den Mauern mit ihren Waffen. Du hast doch mehr Sinn für Strategie, als ich dachte, Neffe.«
    Muhammad ging nicht darauf ein. Er schaute sich in dem Palast um, der einmal seine Heimat gewesen war, und berührte kurz eine der Säulen. »Warum wolltet Ihr mich sprechen?«
    »Weil«, erwiderte al Zaghal hart, »die Christen, während wir den Kampf bis in unsere Hauptstadt getragen haben, auf Malaga zumarschieren. Wusstest du das?«
    Ein Schatten überzog das Gesicht seines Neffen. Muhammad presste die Lippen zusammen und für einen flüchtigen Moment fand al Zaghal, der sonst immer der Meinung gewesen war, Muhammad sehe Alscha ähnlich, auch Alis Züge in ihm.
    »Fernando bespricht seine Pläne nicht mit mir«, sagte Muhammad tonlos. »Aber es war abzusehen.«
    »Dann ist dir klar, was das bedeutet? Wir haben diese riesige Armee vor unserem wichtigsten Hafen! Wir können nicht überleben ohne Malaga!«
    Muhammad schüttelte den Kopf. »Auf die Art, wie Ihr Euch das vorstellt, Onkel, können wir ohnehin nicht überleben. Allah weiß, es hat lange gedauert, aber ich habe vor einiger Zeit schon begriffen, dass al Andalus zum Untergang verurteilt ist.«
    »Ich verstehe«, sagte al Zaghal verächtlich. »Nun, dass du deine Seele den Christen verkauft hast, ist deine Angelegenheit. Aber ich kann nicht zusehen, wie Granada endgültig vor die Hunde geht. Ich erneuere also das Angebot, das ich dir vor Loja gemacht habe. Die geteilte Herrschaft.
    Keine Sorge, du brauchst dich nicht noch einmal Fernando zu stellen. Bleib meinetwegen hier in Granada und halte die Stadt, während ich versuche, Malaga zu retten.«
    Falls Muhammad die Verachtung etwas ausmachte, ließ er es sich nicht anmerken. Er schüttelte nur abermals den Kopf.
    »Nein.« Al Zaghal wünschte sich nichts mehr, als jetzt noch einmal ein Schwert in der Hand zu halten. Doch er kämpfte den Aufruhr, der in ihm tobte, mühsam nieder. Als er in der Lage war zu sprechen, sagte er rau: »Wenn wir hier noch weiter um den Thron streiten, gibt es bald kein Granada mehr, das einer von uns beherrschen kann. Jemand muss Malaga zu Hilfe eilen. Das, und nur das ist der Grund, warum ich…«
    Er fand es schwer fortzufahren. Der Ehrgeiz eines ganzen Lebens lähmte ihm die Zunge. Er dachte an seinen sterbenden Bruder, wie ihr Vater machtlos und verkrüppelt in Almunecar, dachte an seine zahllosen Schlachten und an das gespaltene Granada. Wofür, dachte al Zaghal bitter, wofür?

    »… warum ich bereit bin, völlig auf den Thron zu verzichten«, brachte er den Satz zu Ende. »Ich werde mich mit den Ämtern begnügen, die ich zu Alis Lebzeiten innehatte. Und sofort nach Malaga marschieren, unter… unter deinem Banner.«
    Er erwartete, dass Muhammad Unglauben zeigen, ihm sein Misstrauen entgegenschleudern würde. Stattdessen schwieg der älteste Sohn seines Bruders. Stille dehnte sich endlos zwischen ihnen und zum ersten Mal während ihres Gespräches zeigte Muhammad ein Gefühl. Er sah al Zaghal voller Achtung an und mit einer Regung, die man Bewunderung nennen konnte. Doch gleichzeitig hatte al Zaghal den Eindruck, als stünden sie auf zwei Schiffen, die sich immer schneller voneinander entfernten.
    »Als ich noch ein Kind war«, sagte Muhammad endlich, »wart Ihr bereits der berühmteste Krieger von Granada, der einzige, dessen bloßer Name zu einem Schlachtruf geworden war. Au ßerdem wart Ihr der einzige Mensch, dem mein Vater vertraute. Seither hat es Zeiten gegeben, in denen ich Euch hasste und verfluchte, Onkel, wenn ich auch nie ganz meinen Respekt vor Euch verlor. Doch nie vor der heutigen Stunde erkannte ich, dass Ihr von uns dreien der Größte seid, denn Ihr allein seid zur Selbstlosigkeit fähig. Wenn ich könnte, dann würde ich nichts lieber tun, als Euch den Thron zu überlassen, denn Ihr habt ihn verdient. Aber

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