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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Heiden und Barbaren bezeichnet. Ist es heidnisch, an den einen einzigen Gott zu glauben? Und wenn es barbarisch ist, Krieg zu führen, dann trifft das auf Christen genauso zu.«
    Bis sie den Krieg ins Spiel brachte, hatte sich Juan offenbar nicht getroffen gefühlt, doch jetzt griff er in das Gespräch ein.
    »Ihr müsst aber zugeben, Doña Lucia, dass ein großer Unterschied zwischen einem heiligen Krieg wie dem unseren besteht, bei dem wir nur jene Gebiete für den Glauben zurückerobern, die uns einst weggenommen wurden, und dem Feldzug der maurischen Horden, die damals ohne jeden Grund über unser Land herfielen.«
    Vor siebenhundert Jahren, wollte sie sagen, und damals standen alle spanischen Reiche unter der Herrschaft der Goten. Aber das hätte nur zu einem endlosen Disput über Gebietsansprüche und Religion geführt, und sie hatte nicht vergessen, dass einer in dieser Runde ein Verwandter des Kardinals de Mendoza war.
    Fray Hernando de Talaveras Geschichte von den jüdischen conversos und das Autodafé, das sie um ein Haar miterlebt hätte, hatten Spuren in ihr hinterlassen. Dennoch warteten sie alle auf ihre Antwort, und Layla konnte nicht schweigen.
    »Ich glaube nicht, dass es für die Toten einen Unterschied macht«, erwiderte sie leise. Einige sahen verwirrt drein, andere betreten. Don Juan Ponce de Leon hielt die Zeit für gekommen, das Gespräch abzubrechen. Er forderte sie zum Tanz auf.
    »Es tut mir Leid, falls ich Eure Freunde verärgert haben sollte«, sagte Layla steif, während sie sich voreinander verneigten und aufeinander zuschritten. Er strahlte.
    »Aber ganz im Gegenteil! Sie sind noch nie jemandem wie Euch begegnet und ich auch nicht. Deswegen habe ich Euch vorgestellt. Ich wünschte nur, mein Vater würde Euch kennen lernen.«
    Bevor sie sich entscheiden konnte, ob er ihr ein Kompliment hatte machen wollen oder sie als eine Art menschliche Kuriosität, wie sie auf den Jahrmärkten gezeigt wurde, beschrieben hatte, wurden sie durch den Tanz getrennt. Layla wandte sich ihrem nächsten Partner zu und erstarrte.
    »Was tust du hier?«, fragte sie mit mühsam gesenkter Stimme und verneigte sich so tief wie möglich, um ihn nicht ansehen zu müssen. Sie hätte nicht geglaubt, dass allein schon sein Anblick sie so aus der Fassung bringen konnte.
    »Du hast mich gerufen«, erwiderte Jusuf ben Ismail lachend.
    »Nun komm schon, Layla, lächle. Du lächelst viel zu selten, und du hast so ein hübsches Lächeln.«
    »Wenn du dich noch einmal bei Suleiman blicken lässt, Ifrit, dann sehe ich mich nach jemandem um, der dich in die tiefste Tiefe Dschehannams bannen kann - und wenn ich dazu vor dem Großinquisitor selbst in die Knie sinken müsste!«
    Das schien ihn nur noch mehr zu erheitern. »Besorgt, Layla…
    oder eifersüchtig?«, fragte er, während sie den vorgeschriebenen Kreis abschritten. Diese empörende Unterstellung gab den Ausschlag. Außerdem hatte sie es sich schon länger gewünscht.
    Sie hob den Arm, aber Jusuf fing ihn mit einer beleidigenden Leichtigkeit ab und hielt ihn fest. Sie hätte jetzt wieder zu Juan wechseln sollen, doch sie bewegte sich nicht. Stattdessen standen beide da und sahen sich an. Sie spürte die Kälte seiner Hand kaum mehr, denn ihr war plötzlich sehr, sehr warm, fast als hätte sie Fieber, als würde sie brennen.
    Erst als die entrüstete Stimme Juans zwischen sie fuhr, merkte Layla, dass sie nur noch eine Handbreit von Jusuf entfernt war.
    »Lasst sofort Doña Lucia los! Wer seid Ihr überhaupt, dass Ihr es wagt…«
    Jusuf löste seine Hand von ihrem Arm und wandte sich langsam dem jungen Kastilier zu. Juan war nicht klein, doch Jusuf überragte ihn fast um einen halben Kopf, und er hatte den Körper eines erwachsenen, kampferfahrenen Mannes. Juan starrte ihn an.
    »Oh«, sagte er überrascht und ein wenig abgestoßen, »Ihr seid ein Jude. Dann könnt Ihr mir gar keine Genugtuung geben. Wisst Ihr nicht, dass es für Euresgleichen verboten ist, an unseren Festen teilzunehmen?«
    Jusuf musterte ihn wie ein Falke sein nächstes Opfer, und Layla trat hastig an Juans Seite. »Don Juan«, sagte sie schnell, »wollte Euch nicht beleidigen… mein Freund. Er konnte nicht wissen, dass Ihr ein Botschafter meines Bruders seid. Verzeiht ihm.«
    Der jüngste Sohn des Marquis von Cadiz öffnete den Mund, um erregt zu protestieren. Sie erinnerte sich an seine eigene Geste seinem Freund Mendoza gegenüber und trat ihm auf den Fuß.
    Jusuf lächelte sardonisch. Inzwischen

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