Mondlaub
erkundigte sich al Zaghal sarkastisch, »ohne Gold?«
»Mit Schuldscheinen.«
Sie überlegte sich, ob es sinnvoll war, vor ihm auf die Knie zu fallen; sie schuldete Abraham Seneor für seine Hilfe sehr viel.
Aber al Zaghal hatte nichts für Schwäche übrig. Also blieb sie stehen.
»Sie sind keine Krieger, keine Christen, haben kein Gold und können der christlichen Armee in keiner Weise helfen«, fuhr sie fort. »Die Einzigen, denen sie helfen können, sind die Bewohner von Malaga, wenn Malaga fällt. Und es wird fallen, das wisst Ihr.«
Seine Kinnmuskeln arbeiteten.
»Wir werden sehen«, sagte er abrupt. Dann gab er seinen Männern Anweisung, die Gefangenen zu ihrem Lager zu bringen.
Anscheinend verstanden die meisten ihrer Mitreisenden Arabisch; während des Marsches in al Zaghals Lager hielten sie sich von Layla zurück und bestürmten statt dessen Abraham Seneor mit Fragen. Bald verstummten sie, denn die ungeheure Eile, die al Zaghal an den Tag legte, beanspruchte all ihre Kräfte. Al Zaghal hatte bei seinem Zug ins Innere Kastiliens alles auf einen Wurf gesetzt, um die Königin gefangen zu nehmen; nun, da er sein Ziel verfehlt hatte, konnte er es sich nicht leisten, in Enttäuschung zu schwelgen, sondern musste so schnell wie möglich in die sicheren Berge Granadas zurückkehren.
Die Soldaten wussten auch nicht recht, wie sie Layla behandeln sollten. Erst als sie bei dem Dorf angekommen waren, wo sich der Rest von al Zaghals Truppen befand - oder was inzwischen dafür galt -, gab dieser Anweisung, das Mädchen in seinem Quartier unterzubringen.
Es handelte sich um eines der wenigen Steinhäuser im Ort, doch angesichts der Tatsache, dass al Zaghal noch im letzten Jahr sicher in der Alhambra gewesen war, zeigte es mehr als deutlich, wie sich sein Geschick gewandelt hatte. Immerhin, anders als die meisten christlichen Paläste, in denen Layla sich in den letzten Jahren aufgehalten hatte, wurde ihr hier von der Frau des Ortsvorstehers sofort ein Bad angeboten.
Sie war noch immer ihrer Gefährten wegen sehr beunruhigt; aber ihr schien, dass al Zaghal offensichtlich beschlossen hatte, sie als seine Nichte anzuerkennen, und das war ein gutes Zeichen.
Daher verdrängte sie die Lage, in der sie sich befand, und genoss ihr Bad.
Danach fühlte sie sich erfrischt und viel besser. Die Frau des Ortsvorstehers lieh Layla eines ihrer Kleider, was dem Mädchen nicht nur einige Verbote des Koran wieder ins Gedächtnis rief, sondern ihre Stimmung auch sofort wieder senkte. Das Ankleiden bereitete ihr zunächst Schwierigkeiten und sie musste sich helfen lassen, was sie nicht nur ungeduldig, sondern auch zornig machte. Sie hatte die christlichen Gewänder doch einmal steif und unbequem gefunden; wie hatte sie sich nur je so sehr daran gewöhnen können?
Al Zaghals Miene, als er schließlich auftauchte, verriet sehr deutlich, dass er etwas Ähnliches dachte, und er sprach es auch aus.
»Unverschleiert, in Männerkleidung und unter Christen und Juden. Nur die Tochter einer Christin bringt es fertig, die Banu Nasr so zu beschämen.«
Layla wollte etwas von ihm, also hätte sie lieber schweigen sollen, doch er hatte sie an einer empfindlichen Stelle getroffen, und sie schlug zurück.
»Ist es für die Banu Nasr etwa ehrenvoller«, fragte sie spitz,
»wenn sich ein Sejid aus ihrem Haus als Straßenräuber versucht?«
Sein Gesicht verdunkelte sich. »Schlecht erzogen auch noch«, stellte er voller Abneigung fest. »Ich hatte wahrhaftig schon Ärger genug, Allah weiß es. Aber du bist nun einmal die Tochter meines Bruders und unterstehst damit meiner Verantwortung. Ist dir überhaupt klar, Mädchen, wie viel Schwierigkeiten deine Anwesenheit hier verursacht? Ich kann keine Leute entbehren, um dich in die nächste Stadt zu schicken.«
»Falls Ihr auf den Heertross der Königin gewartet habt«, unterbrach Layla ihn, einer plötzlichen Eingebung folgend, »dann hat man Euch entweder falsch unterrichtet oder Ihr seid zu spät gekommen. Sie ist schon eine Woche vor uns abgereist.«
»Das habe ich mir inzwischen auch gedacht«, sagte er ungnä dig.
»Dann werdet Ihr meine Begleiter gehen lassen?«
Er nahm sich geistesabwesend eine der Orangen, die man ihr gebracht hatte, und zupfte an der Schale. »Warum liegt dir so viel daran?«, fragte er nachdenklich.
»Eine Sejidah aus dem Geschlecht der Banu Nasr schuldet das denjenigen, die ihr einen Dienst erwiesen haben.«
Sie zuckte nicht mit der Wimper, als er sie prüfend
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