Mondlicht steht dir gut

gerichtet, wo Nualas toter Körper gelegen hatte; völlig überdreht, als er sie von Ausstellungsstück zu Ausstellungsstück schleppte; auf dem Fahrersitz des Leichenwagens, während seine Augen ihr unverwandt folgten.
»Oder vielleicht liegt’s daran, daß sie ihn zu gut kennen«, sagte sie. »Vielen Dank für Ihren Anruf, Detective Haggerty.«
Sie legte den Hörer auf und war froh, daß sie beschlossen hatte, nichts von den Glocken zu erwähnen. Sie war überzeugt, Haggerty hätte ihr gespenstisches Auftauchen auf den Gräbern nur lachend einer weiteren Macke eines reichen Mannes zugeschrieben.
Maggie wandte sich wieder der Aufgabe zu, die Schuhe auszusortieren. Sie hielt es für das einfachste, die meisten davon in Müllsäcke zu stopfen. Abgetragene Schuhe in einer kleinen, schmalen Größe würden wohl kaum einem Menschen von Nutzen sein.
Die pelzgefütterten Stiefel allerdings waren es wert, aufgehoben zu werden. Der linke lag auf der Seite, der rechte stand senkrecht. Sie hob den linken Stiefel auf, stellte ihn neben sich und griff nach dem anderen.
Als Maggie ihn hochhob, hörte sie ein einmaliges gedämpftes Klingeln aus dem Inneren des Stiefels.
»O Gott, nein!«
Schon bevor sie sich dazu zwang, ihre Hand in das Pelzfutter zu tauchen, wußte sie, was sie finden würde. Ihre Finger schlossen sich über kühlem Metall, und schon während sie den Gegenstand hervorzog, war sie überzeugt, das gefunden zu haben, wonach Nualas Mörder gesucht hatte – die fehlende Glocke.
Nuala hat die hier von Mrs. Rhinelanders Grab genommen, dachte sie, und ihr Hirn operierte, unabhängig von ihren zitternden Händen, völlig präzise. Sie starrte sie an; sie glich der Glocke, die sie von Nualas Grab mitgenommen hatte, haargenau – wie ein Zwilling dem anderen.
Erdbrocken hafteten noch am Rand. Weitere winzige Krümel weicher Erde zerfielen in Maggies Hand.
Ihr fiel ein, daß auch in der Tasche des goldfarbenen Regenmantels Erde gewesen war und daß sie neulich, als sie den Cocktailanzug ordentlich aufhängte, den Eindruck gehabt hatte, etwas fallen zu hören.
Nuala trug also ihren Regenmantel, als sie diese Glocke von Mrs. Rhinelanders Grab wegnahm, sagte sich Maggie. Es muß ihr angst gemacht haben. Sie hat sie aus einem bestimmten Grund in der Manteltasche gelassen. Ob sie die Glocke wohl an dem Tag fand, an dem sie dann ihr Testament änderte, fragte sich Maggie, am Tag, bevor sie starb?
Hat der Fund irgendwie einen Verdacht erhärtet, den Nuala im Zusammenhang mit dem Latham Manor gefaßt hatte?
Earl behauptete, die Glocken, die er hatte gießen lassen, seien im Lagerraum des Museums. Falls die zwölf, die er besaß, noch dort waren, dann hatte vielleicht jemand anders andere Glocken auf die Gräber gelegt, schloß sie.
Maggie wußte, daß Earl nach Providence zurückgefahren war. Und daß der Schlüssel für das Museum unter dem Blumenkasten auf der Veranda steckte. Selbst wenn sie die Polizei von den Glocken in Kenntnis setzte, so hätten die Beamten keine rechtliche Handhabe, das Museum zu betreten und nach den zwölf Glocken, die laut Earl dort waren, zu suchen – vorausgesetzt, man nahm sie bei der Polizei überhaupt ernst, was man vermutlich nicht tun würde.
Aber er hat mich doch dazu aufgefordert, ruhig selbst das Museum jederzeit aufzusuchen, um möglichst geeignetes Bildmaterial für seine Fernsehserie zu beschaffen, dachte Maggie. Ich nehme meine Kamera mit. Das verschafft mir einen Vorwand für den Besuch, falls mich zufällig jemand sieht.
Aber ich will nicht, daß mich jemand sieht, sagte sie sich. Ich warte lieber, bis es dunkel ist, und fahre dann hin. Es gibt nur einen einzigen Weg, das mit Sicherheit festzustellen. Ich werde in dem Lagerraum nach dem Karton mit den Glocken suchen. Ich bin mir sicher, daß ich nicht mehr als sechs davon finde.
Und wenn das alles ist, was ich finde, dann weiß ich, daß er ein Lügner ist. Ich werde Fotos davon machen, damit ich sie mit den Glocken auf den Gräbern und den beiden, die ich habe, vergleichen kann. Und morgen, wenn Chief Brower kommt, gebe ich ihm die Filmrolle, beschloß sie, und ich erkläre ihm, daß Earl Bateman meiner Ansicht nach eine Methode gefunden hat, wie er sich an den Bewohnern des Latham Manor rächen kann. Und er tut es mit der Unterstützung von Schwester Zelda Markey.
Sich rächen? Maggie erstarrte bei der Erkenntnis dessen, was sie da in Betracht zog. Ja, Glocken auf die Gräber von Frauen zu legen, die seine Erniedrigung mit angesehen