Mondlicht steht dir gut
einen Aufruhr verursacht hat. Sieht ganz so aus, als ob sie ihn zum Schluß rausgeworfen hätten.«
Schon wieder das Latham Manor! dachte Neil.
»Bateman informierte uns auch, daß Maggie wußte, wo der Schlüssel zum Museum versteckt war, und daß er sie eingeladen hatte, jederzeit mit ihrer Kamera wiederzukommen.«
»Glauben Sie denn, daß sie wirklich gestern abend dort hin ist? Allein?« fragte Neil fassungslos.
»Ich glaube kaum. Nein, Tatsache ist, daß letzte Nacht offenbar jemand ins Museum eingebrochen ist – ob Sie’s glauben oder nicht, ein Sarg ist verschwunden. Wir sind jetzt gerade dabei, ein paar Teenager aus der Umgebung zu vernehmen, die uns schon früher Ärger gemacht haben. Wir glauben, daß sie dafür verantwortlich sind. Wir glauben, daß sie uns vielleicht auch irgendeine Auskunft über Miss Holloway geben können. Falls sie ins Museum gegangen ist und die Bengels ihren Wagen dort gesehen haben, dann muß ich annehmen, daß sie abgewartet haben, bis sie weg war, bevor sie selbst reingegangen sind.«
Neil stand auf. Er mußte einfach hier raus; er mußte irgendwas unternehmen. Außerdem wußte er, daß es nichts mehr gab, was er hier in Erfahrung bringen konnte. Aber er konnte immerhin zum Latham Manor zurückfahren und vielleicht dort etwas herauskriegen. Als Vorwand würde ihm dienen, daß er mit dem Direktor über die mögliche Anwärterschaft der Van Hillearys auf eine Wohnung dort reden wolle.
»Ich setze mich später wieder mit Ihnen in Verbindung«, sagte er zu Haggerty. »Ich geh jetzt zum Latham Manor rüber und versuche mit ein paar Leuten dort zu reden. Man kann nie wissen, wer vielleicht über eine Information verfügt, die uns weiterhelfen könnte. Und ich habe einen guten Vorwand für einen Besuch. Ich hab am Freitag dort vorbeigeschaut, um mich im Auftrag eines Ehepaars, das zu meinen Klienten zählt, über die gesamte Anlage zu informieren, und mir sind gerade noch ein paar Fragen eingefallen.«
Haggerty zog die Augenbrauen hoch. »Sie werden vermutlich herausfinden, daß wir eben erst dort waren.«
»Weshalb?« fragte Robert Stephens rasch.
»Wir haben mit dem Direktor und mit einer der Schwestern dort gesprochen, einer gewissen Zelda Markey, die, wie es scheint, mit Professor Bateman gut befreundet ist. Mehr kann ich Ihnen nicht verraten.«
»Dad, wie lautet die Nummer von deinem Autotelefon?« fragte Neil.
Robert Stephens holte eine Visitenkarte hervor und kritzelte die Nummer auf die Rückseite. »Hier.«
Neil reichte Haggerty die Karte. »Falls sich irgendwas Neues ergibt, versuchen Sie uns doch unter dieser Nummer zu erreichen. Und wir melden uns etwa jede Stunde bei Ihnen.«
»In Ordnung. Miss Holloway ist wohl eine enge Freundin der Familie?«
»Sie ist mehr als das«, erwiderte Robert Stephens schroff. »Betrachten Sie uns als ihre Angehörigen.«
»Wie Sie wünschen«, sagte Haggerty schlicht. »Ich verstehe Sie gut.« Er schaute Neil an. »Falls meine Frau vermißt wäre, würde ich durch dieselbe Hölle gehen. Ich hab Miss Holloway kennengelernt. Sie ist wirklich klug und, wie ich glaube, auch sehr einfallsreich. Wenn sie eine Chance hat, sich selbst zu helfen, dann können Sie sich drauf verlassen, daß sie’s auch tut.«
Der Ausdruck aufrichtigen Mitgefühls in Haggertys Miene machte Neil schmerzlich bewußt, daß er möglicherweise kurz davor war, einen Menschen zu verlieren, ohne den er sich sein Leben jetzt überraschenderweise nicht mehr vorstellen konnte. Er schluckte schwer, weil plötzlich ein Kloß in seiner Kehle steckte. Da er fürchtete, kein vernünftiges Wort herausbringen zu können, nickte er nur und ging.
Im Wagen sagte er: »Dad, warum hab ich nur das Gefühl, daß das Latham Manor im Mittelpunkt dieser ganzen Sache steht?«
83
»Maggie, du rufst doch nicht etwa um Hilfe, oder? Das ist nicht klug von dir.«
O Gott, nein! Er war wieder da! Seine hohl klingende Stimme war durch den Regen, der über ihr auf die Erde trommelte, kaum vernehmbar.
»Du wirst doch sicher naß da unten«, rief er. »Das freut mich. Ich will, daß du frierst und naß wirst und Angst hast. Bestimmt hast du auch Hunger. Oder vielleicht bloß Durst?«
Antworte nicht, sagte sie sich. Fleh ihn ja nicht an. Das ist es, was er will.
»Du hast mir alles ruiniert, Maggie, du und Nuala. Sie hatte angefangen, Verdacht zu schöpfen, also mußte sie sterben. Und dabei ist doch alles so gut gelaufen. Das Latham Manor – es gehört mir, weißt du. Bloß diese Typen, die es führen,
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