Mondlicht steht dir gut
daß er von dem Thema Tod besessen ist. Willst du, daß ich über diesen kleinen Besuch bei dir mit ihm rede?«
»Nein, lieber nicht. Aber ich lasse mir vom Schlosser feste Riegel an die Türen machen.«
»Ich bin egoistisch genug zu hoffen, daß das heißt, du bleibst noch eine Weile in Newport.«
»Mindestens die zwei Wochen lang, die ich von Anfang an eingeplant hatte.«
»Ich komme am Freitag runter. Gehst du dann mit mir zum Abendessen?«
»Das fände ich schön.«
»Maggie, laß den Schlosser heute noch kommen, ja?«
»Gleich morgen früh.«
»Na schön. Ich ruf dich morgen an.«
Liam legte den Hörer langsam wieder auf. Wieviel sollte er Maggie wohl von Earl erzählen, fragte er sich. Er wollte nicht zu weit gehen mit seiner Warnung, aber trotzdem …
Eindeutig war das etwas, worüber er noch genauer nachdenken mußte.
21
Um Viertel vor fünf schloß Janice Morton den Schreibtisch in ihrem Büro im Latham Manor ab. Aus alter Gewohnheit zog sie am Griff jeder einzelnen Schublade und vergewisserte sich, daß wirklich alle abgeschlossen waren. Es war eine Sicherheitsvorkehrung, deren William Lane sich besser selbst befleißigt hätte, dachte sie sarkastisch.
Lanes Assistentin Eileen Burns arbeitete jeden Tag nur bis zwei Uhr, und danach fungierte Janice als Buchhalterin und Assistentin zugleich. Sie lächelte, als sie daran dachte, daß sich ihr freier Zutritt zu Lanes Büro im Lauf der Jahre als äußerst nützlich erwiesen hatte. Gerade jetzt aber, beim Kopieren der Daten, die sie von zwei weiteren Akten benötigte, hatte sie das Gefühl verspürt, sie sollte vorläufig lieber abwarten – wohl eine Art Vorwarnung.
Sie zuckte mit den Achseln. Nun, sie hatte es getan, und die Kopien steckten in ihrer Aktentasche, und die Originale dort, wo sie in Lanes Schreibtisch hingehörten. Es war albern, jetzt noch deswegen nervös zu werden.
Ihre Augen wurden vor geheimer Schadenfreude ganz schmal, als sie an den unverkennbaren Schock dachte, der sich auf dem Gesicht ihres Mannes abzeichnete, als Irma Woods ihnen von Nuala Moores in letzter Minute verfaßtem Testament erzählt hatte. Was für ein Vergnügen es ihr doch seither machte, ihm wegen der Rückzahlung der Hypothek auf ihr eigenes Haus heftige Vorhaltungen zu machen.
Sie wußte natürlich, daß er nichts dergleichen tun würde. Malcolm war dazu bestimmt, auf ewig durch ein Gefilde zerbrochener Träume zu wandern. Sie hatte viel zu lange dazu gebraucht, endlich dahinterzukommen, aber ihre Arbeit im Latham Manor hatte ihr die Augen geöffnet. Einige der Gäste dort hatten vielleicht keine großartige Herkunft, aber sie waren mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel im Mund geboren worden; sie hatten sich nie auch nur einen Tag lang Sorgen um Geld machen müssen. Andere hatten wie Malcolm einen Stammbaum, den sie bis über die Mayflower hinaus zurückverfolgen konnten, manche bis zu den gekrönten Häuptern Europas, stolz darauf, daß sie um neun Ecken herum die Ururneffen oder was auch immer des Prinzregenten irgendeines idiotischen Herzogtums waren.
Die blaublütigen Bewohner des Latham Manor jedoch unterschieden sich in einem höchst wichtigen Punkt von Malcolm. Sie hatten sich nicht auf den Lorbeeren ihrer adligen Herkunft ausgeruht. Sie hatten die Ärmel hochgekrempelt und ihr eigenes Vermögen verdient. Oder es geheiratet.
Aber Malcolm nicht, dachte sie. O nein, nicht der gutaussehende, liebenswürdige, elegante, ach so wohlerzogene Malcolm! Bei ihrer Hochzeit hatten all ihre Freundinnen sie beneidet – bis auf Anne Everett. An jenem Tag hatte sie in der Damentoilette des Jachtklubs mitbekommen, wie Anne von Malcolm geringschätzig als der »Super-Ken-Puppe schlechthin« gesprochen hatte.
Es war eine Bemerkung, die sich ihr ins Gedächtnis eingegraben hatte, weil sie sogar damals schon, an dem Tag, der eigentlich der glücklichste ihres Lebens hätte sein sollen, herausgeputzt, wie sie war, einer Prinzessin gleich, in meterweise wallendem Satin – weil sie sogar damals schon begriffen hatte, daß es stimmte. Mit anderen Worten: Sie hatte den Frosch geheiratet. Und dann über dreißig Jahre mit dem Versuch verbracht, die Wahrheit unter den Teppich zu kehren. Was für eine Vergeudung!
Jahre der intimen Dinnerveranstaltungen für Mandanten und potentielle Mandanten, nur um dann mitanzusehen, wie sie mit ihren lukrativen Kundenkonten zu anderen Anwälten gingen und Malcolm ein paar symbolische Knochen zum Abnagen überließen. Mittlerweile waren
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