Mondlicht steht dir gut
hielt er, obwohl er durchaus eine eigene Meinung hatte, damit vorläufig zurück. Er hatte nie vergessen, wie er eines Tages zufällig einen Nachbarn, der ihn gerade beschrieb, hatte sagen hören: »Jim sieht vielleicht eher wie ein Angestellter in einem Gemüseladen aus, und nicht wie ein Cop, aber er denkt wie ein Cop.«
Er wußte, daß die Bemerkung als eine Art Kompliment gemeint war. Er wußte auch, daß sie nicht völlig ungerechtfertigt war – seine sanfte Erscheinung mit der Brille entsprach nicht gerade der Vorstellung eines Hollywood-Regisseurs von einem Supercop. Aber dieser Widerspruch gereichte ihm mitunter zum Vorteil. Sein wohlwollendes Auftreten bewirkte im allgemeinen, daß sich die Leute in seiner Gegenwart wohler fühlten und sich daher entspannten und offener redeten.
»Gehen wir also von der Voraussetzung aus, daß es jemand war, den sie kannte«, nahm Brower mit nachdenklich gerunzelten Augenbrauen den Faden wieder auf. »Das erweitert die Liste der Verdächtigen auf praktisch alle Leute in Newport. Mrs. Moore war sehr beliebt und engagiert in der Gemeinde. Ihr letztes Projekt war, daß sie in diesem Latham Manor Kunstunterricht gab.«
Haggerty war sich bewußt, daß sein Chef mit dem Latham Manor und anderen ähnlichen Wohnanlagen nicht einverstanden war. Brower ging nämlich die Vorstellung gegen den Strich, daß ältere Leute derart viel Geld in eine Art Vabanquespiel steckten, bei dem es darum ging, lange genug zu leben, daß die Investition sich auszahlte. Haggerty war dagegen der Ansicht, daß Brower, dessen Schwiegermutter schon seit fast zwanzig Jahren bei ihm wohnte, schlicht auf jeden neidisch war, dessen Eltern es sich leisten konnten, die letzten Lebensjahre in einem luxuriösen Wohnheim anstatt im Gästezimmer eines ihrer Kinder zu verbringen.
»Aber ich glaube, wir können den größten Teil von Newport ausschließen, wenn wir in Betracht ziehen, daß wer auch immer Mrs. Moore getötet und dann das Haus auf den Kopf gestellt hat, kaum die Vorbereitungen übersehen konnte, die sie für eine Dinnerparty getroffen hatte«, überlegte Brower.
»Der Tisch war für –«, begann Haggerty, machte jedoch rasch wieder den Mund zu. Er hatte seinen Chef unterbrochen.
Browers Stirnfalten vertieften sich. »Darauf wollte ich noch zu sprechen kommen. Das heißt also, wer immer im Haus war, hatte keine Angst davor, daß jeden Moment jemand auf der Bildfläche erscheinen könnte. Was wiederum bedeutet, daß die Chancen gut stehen, daß der Mörder sich als einer der Dinnergäste herausstellt, mit denen wir am Freitag abend im Haus der Nachbarin geredet haben. Oder, was weniger wahrscheinlich ist, als jemand, der wußte, wann die Gäste erwartet wurden.«
Er schwieg eine Weile. »Es ist an der Zeit, sie alle einmal ernsthaft unter die Lupe zu nehmen. Vergessen wir, was wir bereits über sie wissen. Fangen wir ganz von vorne an.« Er lehnte sich zurück. »Was meinen Sie, Jim?«
Haggerty ging behutsam vor. »Chef, ich hatte so einen Riecher, daß Sie vielleicht in dieser Richtung denken, und Sie wissen ja, wie gern ich mich unter die Leute mische, also habe ich mich in dieser Hinsicht schon ein bißchen umgeschaut. Und ich glaube, ich hab ein paar Dinge entdeckt, die interessant sein dürften.«
Brower musterte ihn fragend. »Fahren Sie fort.« »Also, Sie haben ja bestimmt auch den Gesichtsausdruck
von diesem aufgeblasenen Schaumschläger Malcolm Norton gesehen, als Mrs. Woods uns über die Testamentsänderung und den stornierten Hausverkauf informiert hat.«
»Hab ich gesehn. Was ich als Schock und Entsetzen bezeichnen würde, mit einer guten Portion Zorn versetzt.«
»Wie Sie wissen, hat es sich rundgesprochen, daß Nortons Kanzlei mittlerweile auf Hundebisse und die Art von Scheidungen runtergewirtschaftet ist, wo’s darum geht, den Pick-up und den Zweitwagen aufzuteilen. Also war ich dran interessiert rauszufinden, wo er das Geld auftreiben würde, das er braucht, um Mrs. Moores Haus zu kaufen. Ich hab auch ein paar Gerüchte über ihn und seine Sekretärin ausgegraben, eine Frau namens Barbara Hoffman.«
»Interessant. Also wo hat er das Geld aufgetrieben?« fragte Brower.
»Indem er eine Hypothek auf sein eigenes Haus aufgenommen hat, das vermutlich den Hauptteil seines Vermögens darstellt. Vielleicht sein ganzes Vermögen. Hat sogar seine Frau dazu überredet, mit zu unterschreiben.«
»Weiß sie, daß er eine Freundin hat?«
»Soweit ich sehen kann, entgeht dieser Frau
Weitere Kostenlose Bücher