Mondlicht steht dir gut
mit dem feuchten Ton. Indem sie Bilder jüngeren Datums von Nuala als
Vorlage benutzte, die sie an verschiedenen Stellen im Haus gefunden hatte, machte sich Maggie ans Werk. Für die folgenden Stunden wurden ihre Finger eins mit der Tonmasse und dem Spachtel, als sie sich anschickte, Nualas kleines, liebenswertes Gesicht zu formen, wobei sie die großen, runden Augen und die vollen Wimpern herausarbeitete. Sie deutete durch Falten um die Augen und an Mund und Hals wie auch durch die nach vorne gebeugten Schultern die Zeichen des Alter an.
Sie konnte erkennen, daß es ihr mit der Vollendung der Arbeit gelingen würde, die Charakterzüge einzufangen, die sie so an Nuala geliebt hatte – den unbezähmbaren und fröhlichen Geist hinter einem Gesicht, das bei einer anderen Frau vielleicht nur hübsch gewesen wäre.
Wie bei Odile Lane zum Beispiel, dachte sie und verzog dann das Gesicht bei der Erinnerung daran, wie die Frau vor kaum vierundzwanzig Stunden Greta Shipley mit dem Finger gedroht hatte. »Das war nicht nett«, hatte sie gesagt.
Während sie aufräumte, dachte Maggie über die Menschen nach, mit denen sie am Abend zuvor gegessen hatte. Wie bekümmert sie alle sein müssen, überlegte sie. Es war deutlich zu sehen, wieviel Freude sie an Greta Shipley hatten, und jetzt gibt es sie nicht mehr. So unerwartet.
Maggie blickte auf ihre Uhr, während sie nach unten ging. Neun Uhr: eigentlich noch nicht zu spät, um Mrs. Bainbridge anzurufen, fand sie.
Letitia Bainbridge meldete sich nach dem ersten Klingeln.
»O Maggie, wir sind alle tieftraurig. Greta ging es schon seit ein paar Wochen nicht so gut, aber vorher war sie in bester Verfassung. Ich wußte, daß sie regelmäßig Mittel gegen Bluthochdruck und fürs Herz genommen hat, aber die hatte sie schon seit Jahren eingenommen und nie Probleme damit gehabt.«
»Ich habe sie in so kurzer Zeit so liebgewonnen«, sagte Maggie aufrichtig. »Ich kann mir vorstellen, wie Ihnen allen zumute ist. Sind Sie über den zeitlichen Ablauf informiert?«
»Ja. Bateman Funeral kümmert sich um alles. Ich vermute, daß wir alle noch bei denen landen. Das Requiem ist Samstag vormittag um elf in der Trinity Episcopal Church, und die Beerdigung ist auf dem Trinity Cemetery. Greta hat Anweisungen hinterlassen, daß nur von neun bis halb elf bei Bateman’s eine Besichtigung stattfinden soll.«
»Ich werde dasein«, versprach Maggie. »Hatte sie irgendwelche Verwandten?«
»Ein paar Vettern und Kusinen. Die kommen wohl, nehm ich an. Ich weiß, daß sie ihnen ihre Wertpapiere und den Inhalt ihrer Wohnung vermacht hat, also werden sie ihr bestimmt so viel Respekt zollen.« Letitia Bainbridge schwieg eine Weile, bevor sie fortfuhr: »Maggie, wissen Sie, was mir einfach keine Ruhe läßt? Praktisch als letztes hab ich noch gestern abend zu Greta gesagt, daß sie sich neue Schlösser anschaffen sollte, falls Eleanor Chandler wirklich ein Auge auf ihre Wohnung geworfen hat.«
»Aber die Bemerkung hat sie doch amüsiert«, wandte Maggie ein. »Bitte, Sie dürfen sich das nicht zu Herzen nehmen.«
»Ach nein, das ist es nicht, was mich aufregt. Es ist die Tatsache, daß jetzt, egal wer sonst noch auf der Warteliste steht, bestimmt Eleanor Chandler diese Wohnung kriegt.« Ich verlege mich allmählich auf späte Abendessen, dachte Maggie, während sie Wasser in dem Kessel aufsetzte, ein paar Eier verrührte und Brotscheiben in den Toaster steckte – und nicht gerade besonders aufregende, ergänzte sie. Wenigstens kann ich mich darauf verlassen, daß mir Liam morgen abend ein gutes Essen ausgibt.
Es würde ihr guttun, ihn zu sehen, überlegte sie. Er war immer auf eine ausgefallene Weise amüsant. Sie fragte sich, ob er wohl schon mit Earl Bateman über seinen unerwarteten Besuch am Montag abend geredet hatte. Sie hoffte es.
Da sie nicht noch mehr Zeit in der Küche verbringen wollte, richtete sie ein Tablett her und trug es ins Wohnzimmer. Obwohl Nuala hier vor weniger als einer Woche den Tod gefunden hatte, war Maggie zu der Erkenntnis gelangt, das dieser Raum hier für Nuala Wohlbehagen und Geborgenheit bedeutet hatte.
Hinten und auf den Seiten war der offene Kamin schwarz vor Ruß. Der Blasebalg und die Zange auf dem Rost davor wiesen Anzeichen häufiger Benützung auf. Maggie malte sich aus, wie es sein mußte, hier an kalten Neuengland-Abenden ein helles Feuer lodern zu lassen.
Die Bücherregale waren vollgestopft mit Büchern, durchweg interessante Titel, viele davon wohlvertraut,
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