Mondlicht steht dir gut
Innenfutter, Bekleidung für den Verstorbenen, Blumen, Gästebuch, ja sogar die Grabstelle, soweit nötig – aussuchen und damit den Zwischenagenten, den Bestattungsunternehmer, ausschalten konnten.
Wie gut, daß die Familie damals aus der Branche ausgestiegen ist, entschied Earl, während er sich von Mr. Winter verabschiedete. Andererseits hatten die neuen Besitzer des Bateman Funeral Home die Beerdigung von Mrs. Rhinelander und Nualas Beerdigung ebenso durchgeführt, wie sie nun zweifelsohne auch Greta Shipleys Beerdigung durchführen würden. Das war nur angemessen, da sein Vater auch das Leichenbegängnis ihres Mannes arrangiert hatte.
Das Geschäft läuft blendend, dachte er reumütig.
36
Als sie im Gefolge von John, dem Empfangschef, den Speisesaal des Jachtklubs betraten, blieb Robert Stephens stehen und wandte sich an seine Frau. »Schau mal, Dolores, da ist Cora Gebhart. Können wir nicht an ihrem Tisch vorbeigehen und guten Tag sagen? Ich fürchte, bei meinem letzten Gespräch mit ihr war ich ein bißchen schroff. Sie hat ständig darüber geredet, daß sie ein paar festverzinsliche Wertpapiere für eine dieser verrückten Spekulationen zu Geld machen will, und das hat mich dermaßen aufgeregt, daß ich sie nicht mal gefragt habe, worum es überhaupt ging, sondern ihr einfach erklärt habe, sie soll’s vergessen.«
Stets der Diplomat, dachte Neil, während er pflichtschuldig den Fußstapfen seiner Eltern folgte, als sie das Restaurant durchquerten, obwohl ihm auch auffiel, daß sein Vater dem Empfangschef kein Zeichen gegeben hatte und dieser daher munter auf einen Tisch am Fenster zusteuerte, völlig ahnungslos, daß er die Stephens-Familie aus dem Schlepptau verloren hatte.
»Cora, ich muß mich noch bei Ihnen entschuldigen«, begann Robert Stephens herzlich, »aber zunächst einmal muß ich Ihnen wohl meinen Sohn Neil vorstellen.«
»Hallo, Robert. Dolores, wie geht’s euch denn?« Cora Gebhart blickte mit ihren lebhaften Augen freundlich und interessiert zu Neil auf. »Ihr Vater gibt die ganze Zeit mit Ihnen an. Sie leiten das New Yorker Büro von Carson & Parker, wie ich höre. Nun, ich freue mich, Sie kennenzulernen.«
»Ja, stimmt, und danke, ich freue mich auch, Ihre Bekanntschaft zu machen. Schön zu hören, daß mein Vater mit mir angibt. Fast mein ganzes Leben lang hat er an mir herumkritisiert.«
»Das kann ich verstehen. Er kritisiert auch ständig an mir herum. Aber Robert, Sie brauchen sich nicht bei mir zu entschuldigen. Ich habe Sie um Ihre Meinung gebeten, und Sie haben sie mir gesagt.«
»Nun, dann ist es ja gut. Ich höre es wahnsinnig ungern, daß wieder eine meiner Kundinnen ihr letztes Hemd verloren hat, weil sie ihr Geld in irgendwelche windigen
Papiere gesteckt hat.«
»Um diese Kundin machen Sie sich mal keine Sorgen«,
erwiderte Cora Gebhart.
»Robert, der arme John wartet schon an unserm Tisch
mit den Speisekarten«, drängte Neils Mutter.
Während sie sich einen Weg durch den Saal bahnten,
fragte sich Neil, ob seinem Vater der Tonfall entgangen
war, in dem Mrs. Gebhart gesagt hatte, er solle sich keine Sorgen um sie machen. Da gehe ich jede Wette ein, daß sie seinem Rat nicht gefolgt ist, dachte Neil.
Sie waren mit dem Essen fertig und tranken noch gemütlich einen Kaffee, als die Scotts an ihren Tisch kamen, um sie zu begrüßen.
»Neil, du mußt dich noch bei Harry bedanken«, sagte Robert Stephens statt einer Vorstellung. »Er hat mit uns heute die Abschlagszeit getauscht.«
»War kein Problem«, erwiderte Harry Scott. »Lynn war heute tagsüber in Boston, deshalb wollten wir sowieso erst später zu Abend essen.«
Seine Frau, die von kurzer, kräftiger Statur war und ein freundliches Gesicht hatte, fragte: »Dolores, weißt du noch, wie du hier bei einem Mittagessen für den Denkmalschutzbund Greta Shipley kennengelernt hast? Das war, glaube ich, so vor drei oder vier Jahren. Sie hat an unserem Tisch gesessen.«
»Ja, ich fand sie ausgesprochen nett. Wieso?«
»Sie ist letzte Nacht gestorben, anscheinend im Schlaf.« »Das tut mir so leid.«
»Was mich wirklich aufregt«, fuhr Lynn Scott betrübt
fort, »ist die Tatsache, daß sie erst vor kurzem zwei gute Freundinnen verloren hatte und ich sie eigentlich anrufen wollte. Eine der Freundinnen war diese arme Frau, die letzten Freitag in ihrem Haus ermordet worden ist. Du hast bestimmt davon gelesen. Ihre Stieftochter aus New York hat die Leiche entdeckt.«
»Stieftochter aus New York?« rief Neil
Weitere Kostenlose Bücher