Mondlicht steht dir gut
siehst du aus, dachte sie spöttisch, nachdem sie Lidschatten, Wimperntusche und Rouge aufgelegt und anschließend die Lippen in einem zarten Korallenton nachgezogen hatte.
Als sie sich die begrenzte Auswahl an Garderobe ansah, die ihr zur Verfügung stand, entschied sie sich für das, was sie ursprünglich zu Nualas Dinnereinladung hatte tragen wollen, eine leuchtendblaue, gemusterte Seidenbluse und einen dazu passenden langen Rock. Eine schmale Goldkette und Ohrringe bildeten den einzigen Schmuck, abgesehen von dem ovalförmigen Saphirring, der ihrer Mutter gehört hatte.
Als sie dann auf dem Weg nach unten an Nualas Schlafzimmer vorbeikam, ging Maggie kurz hinein und schaltete die Lampe auf dem Nachttisch an. Während sie sich umschaute, beschloß sie, diesen Raum hier definitiv zu ihrem eigenen zu machen. Morgen würde sie dort einziehen, sobald sie von dem Brunch mit Mrs. Bainbridge und ihrer Tochter wieder zurück war. Ich kann die Möbel gut alleine an ihren Platz schieben, entschied sie, und das einzige, was ich dort noch nicht ausgeräumt habe, sind die Schuhe und was sonst noch auf dem Schrankboden ist, und es dauert nicht lange, damit fertig zu werden.
Während sie nun durchs Wohnzimmer ging, fiel ihr auf, daß die Rosen, die Liam mitgebracht hatte, frisches Wasser brauchten. Sie füllte die Vase am Spülbecken in der Küche auf, griff in die Schublade mit dem Krimskrams nach einer Schere, stutzte die Stiele und arrangierte die Rosen neu, bevor sie sie wieder ins Wohnzimmer zurückstellte. Dann ging sie im Zimmer umher und »tüttelte« an verschiedenen Dingen herum, rückte den Polsterschemel vor dem Klubsessel zurecht, entfernte einige der zahllosen kleinen gerahmten Bilder vom Kaminsims und von den Tischen, so daß nur noch ein paar der schmeichelhaftesten Fotos von Nuala und ihrem Mann übrigblieben, und klopfte die Sofakissen auf.
In wenigen Minuten nahm der Raum eine friedlichere, weniger betriebsame Atmosphäre an. Maggie betrachtete alles und stellte im Geist die Möbel um, wobei ihr klar war, daß das schmale Sofa, hinter dem Nualas Leiche zusammengekrümmt gelegen hatte, verschwinden mußte. Schon sein bloßer Anblick ließ ihr keine Ruhe.
Ich baue mir ja ein richtiges Nest, sagte sie sich, mehr als ich es je wieder irgendwo seit diesem albernen kleinen Apartment von Paul und mir in Texas getan habe. Sie war angenehm überrascht von sich.
Um zehn vor sieben klingelte es an der Haustür. Neil war früh dran. Da sie sich der Ambivalenz ihrer Gefühle, was den bevorstehenden Abend betraf, wohl bewußt war, wartete sie lange ab, bis sie auf das Läuten reagierte. Als sie die Tür öffnete, war sie darauf bedacht, ihre Stimme und ihr Lächeln freundlich, aber unverbindlich zu halten.
»Neil, wie schön, dich zu sehen.«
Neil antwortete nicht, sondern stand nur da und blickte ohne ein Lächeln forschend auf ihr Gesicht hinunter.
Maggie machte die Tür weiter auf. »Wie mein Vater immer gesagt hat: ›Hat’s dir die Sprache verschlagen?‹ Komm doch rein, du lieber Himmel.«
Er trat ins Haus und wartete, bis sie die Tür geschlossen hatte; dann folgte er ihr ins Wohnzimmer.
»Du siehst wunderhübsch aus, Maggie«, sagte er schließlich, als sie sich gegenüberstanden.
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Bist du überrascht?«
»Nein, natürlich nicht. Aber das hat mich ganz krank gemacht, als ich erfuhr, was deiner Stiefmutter zugestoßen ist. Ich weiß, wie sehr du dich auf die Zeit mit ihr gefreut hattest.«
»Ja, das stimmt«, pflichtete Maggie ihm bei. »So, und wohin gehen wir jetzt zum Essen?«
Er geriet etwas ins Stammeln, als er sie nun fragte, ob es ihr etwas ausmachen würde, zur Feier des Geburtstags seiner Mutter zusammen mit seinen Eltern essen zu gehen.
»Warum verschieben wir das nicht einfach auf einen anderen Zeitpunkt?« fragte sie kurz angebunden. »Deine Familie kann bestimmt darauf verzichten, daß sich eine völlig Fremde einem Familienfest aufdrängt.«
»Sie freuen sich darauf, dich kennenzulernen, Maggie. Kneif jetzt nicht, bitte«, beschwor sie Neil. »Sie werden bloß denken, daß du ihretwegen nicht mitgekommen bist.«
Maggie seufzte. »Essen muß ich ja wohl.«
Sie überließ während der Fahrt zu dem Restaurant Neil das Reden und beantwortete lediglich seine Fragen so direkt und knapp wie möglich. Sie bemerkte allerdings mit einiger Erheiterung, daß er sich ausnehmend aufmerksam und charmant verhielt, und es bedurfte ihrer ganzen Entschlossenheit, ihre Unnahbarkeit
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