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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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der Geschmack seines Mundes mich völlig überwältigten.
    Marcellus wanderte mit seinem Mund zu meinem Hals und küsste ihn langsam. Wieder überlief mich ein Schauer. Es war dämmrig und das rötliche Licht machte den Eindruck von Unwirklichkeit vollkommen. Kleine Kreise von Helligkeit flammten um uns herum auf, als die Diener Fackeln und Lampen im Haupthaus und auf dem Hof entzündeten.
    »Marcellus!«, zischte jemand.
    Wir fuhren auseinander. Juba starrte uns mit schockiertem Gesichtsausdruck an. »Was, im Namen von allem, was heilig ist, tust du da?«
    »Wonach sieht es denn aus? Warum bist du uns hierher gefolgt?«
    »Ich bin gekommen, um mit Kleopatra Selene zu reden«, sagte Juba. »Ich habe mir Sorgen um sie gemacht.«
    »Ich glaube, ich habe alles hier im Griff, mein Freund«, sagte Marcellus.
    Der peinliche Augenblick zog sich in die Länge, und mir wurde klar, dass beide auf eine Reaktion von mir warteten. Aber ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Ich fühlte mich, als hätte ich versucht, zu rasch aufzustehen, nachdem ich eine große Menge unverdünnten Wein getrunken hatte.
    Juba räusperte sich und blickte mich an. »Ich bin außerdem gekommen, um dir zu sagen, dass ich dich nun doch begleiten kann. Ich habe alles so arrangiert, dass ich mehrere Tage fort sein kann.«
    Ich lächelte erleichtert. Als ich Juba zuvor gefragt hatte, ob er mich nach Capua begleiten könnte, hatte er gesagt, er wäre nicht sicher, ob er es so kurzfristig einrichten könnte.
    »Du gehst fort? Mit ihm?«, fragte mich Marcellus. »Wovon redet er? Wo gehst du hin?«
    Ich räusperte mich. »Zum Tempel der Isis bei Capua«, sagte ich.
    »Aber warum begleitet Juba dich? Ich werde dich stattdessen dorthin bringen!«
    »Ich habe schon alles geplant«, sagte Juba. »Und ich glaube kaum, dass Caesar besonders glücklich wäre zu erfahren, dass du dich deinen Pflichten auf der Rostra entziehst, um dich den Riten der verbannten Göttin zuzuwenden.«
    Marcellus sah erst mich, dann wieder Juba an. »Können wir einen Augenblick allein sprechen, bitte?«
    Juba zögerte. »Gut.« Er sah mich an. »Wir reiten bei Sonnenaufgang los.« Damit wandte er sich um und ging steifen Schrittes davon.
    »Selene – Kleopatra Selene, warum muss du unbedingt jetzt gleich weggehen? Könntest du das nicht ein bisschen verschieben? Du kannst doch jederzeit Ptolis Grab besuchen, oder?«
    Ich nickte. Doch diesmal wollte ich ja nicht nur Ptoli besuchen. »Ja, aber ich will trotzdem morgen los.«
    Ein verletzter Ausdruck huschte über sein Gesicht, aber er ersetzte ihn rasch durch sein typisches, charmantes Lächeln. »Also gut, dann warte ich eben auf dich!«
    Während ich so zu Marcellus aufblickte, überkam mich schon wieder ein Gefühl von Unwirklichkeit. Hatte ich ihn soeben wirklich geküsst? Den schönen Marcellus, den Goldjungen? Den Liebling meines Feindes?
    »Ich … ich muss jetzt zurück«, sagte ich. »Meine Amme sucht sicher schon nach mir …«
    »Deine Amme? Der bist du doch keine Rechenschaft schuldig. Du bist kein Kind mehr!«
    Erfreut lächelte ich ihn an. »Aber sie wird sich trotzdem fragen, wo ich stecke.«
    »Komm, ich begleite dich«, sagte er.
    Als wir uns dem Flügel der Mädchen näherten, flüsterte Marcellus mir zu. »Du weißt, dass wir so tun müssen, als wäre das alles nicht geschehen, ja?«
    Wollte er mich gleich wieder loswerden? Ich errötete vor Scham.
    »Aber das heißt natürlich nicht«, fuhr er fort, »dass wir auch so tun müssen, wenn wir alleine sind.« Er berührte mein Handgelenk.
    Marcellus war jetzt sechzehn und konnte sich nicht über einen Mangel an Aufmerksamkeit von schmachtenden Frauen beklagen – und im Übrigen auch nicht von schmachtenden Männern. Wie es schien, fühlten sich alle von dem schönen, charismatischen Nachfolger des mächtigsten Mannes der Welt angezogen. Aber was war, wenn das hier für ihn nur ein Scherz war – die Verführung der Tochter der Hurenkönigin, wie Octavian es genannt hätte. Was war, wenn Marcellus sowohl mit mir, als auch mit meinem Bruder nur sein hinterhältiges Spiel trieb? Ich schüttelte leicht den Kopf, um klarer denken zu können.
    »Selene«, sagte er und beugte sich zu mir hinab, um mir in die Augen zu sehen, die ich abgewandt hatte.
    »Kleopatra Selene«, sagte ich leise.
    Er lächelte. »Kleopatra Selene. Du sagst ja gar nichts.«
    »Ich glaube«, sagte ich, »in Anbetracht der Tatsache, dass wir in Gegenwart von anderen so tun müssen, als wäre nichts

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