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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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und ich wandte mich zu ihm um. »Ehrlich, Marcellus, du kannst mit dem Theater aufhören. Ich habe euch heute Nachmittag im Garten gesehen. Es hat keinen Sinn, dass ich so tue, als wüsste ich nichts. Sei versichert, dass ich es keinem erzählen werde, solange Alexandros das nicht will.«
    Er fuhr sich mit der Hand durch die Locken und machte ein verwirrtes Gesicht. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, überrascht, dass es ihm derart die Sprache verschlagen hatte.
    »Wie lange bist du jetzt schon mit meinem Bruder zusammen?«, fragte ich.
    Zu meiner Überraschung brach Marcellus in Gelächter aus. »Du dachtest … du denkst, dass Alexandros und ich … dass wir ein Liebespaar sind?«
    »Ja, genau«, sagte ich ein bisschen durcheinander. »Ich … ich habe euch gesehen.«
    Er hörte auf zu lachen, als er meinen Gesichtsausdruck bemerkte. »Also gut. Es tut mir leid. Ich höre auf zu lachen. Aber wirklich, die Ironie ist einfach …« Er fing wieder an, in sich hineinzukichern.
    »Aber ich habe dich gesehen!«, wiederholte ich.
    »Wen? Wo? Was hast du gesehen?«
    »Heute Nachmittag. Deine blonden Haare …«
    »Julia und beide Marcellas haben ebenfalls blonde Haare«, sagte er. »Wie kommst du auf die Idee, das wäre ich gewesen?«
    Ich verzog das Gesicht. Julia war immer so gemein, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass Alexandros sich mit ihr abgeben wollte, und die Marcella-Schwestern waren langweilige Schafe. Wenn mein Bruder auch nur einen Hauch von Geschmack hatte, konnte es nur Marcellus sein!
    »Ich hörte eine männliche Stimme flüstern und ein männliches Lachen …«
    »Das ist alles? Du kommst zu dem Schluss, das wäre ich gewesen, nur wegen eines blonden Haarschopfes und eines männlichen Lachens?«
    Ich nickte jetzt verunsichert. Er seufzte und setzte sich auf den geschwungenen Rand des Brunnens, der wie eine große Muschel geformt war. »Selene, du weißt doch, dass dein Bruder … nun … um es ganz einfach zu sagen, ebenfalls männlich ist?«
    »Aber seine Stimme … Alexandros’ Lachen ist höher als das, was ich gehört habe.«
    »Du scheinst nicht bemerkt zu haben, dass dein Bruder fast ein ausgewachsener Mann ist. Seine Stimme hat sich schon lange verändert! Und ich habe meinen Nachmittag nicht mit Alexandros im Gebüsch verbracht, sondern habe Caesar bei den römischen Regierungsgeschäften unterstützt.«
    Ich errötete. »Nun, wen habe ich denn dann gesehen? Wer war da mit ihm im Gebüsch?«
    »Das weiß ich nicht und es ist mir auch egal. Was mich besorgt ist eher, wie schnell du zu dem Schluss kommst, das wäre ich gewesen.«
    »Warum? Ist Alexandros dir nicht gut genug?«, fragte ich abwehrend.
    »Das meinte ich nicht«, sagte er. Er stand auf und trat näher zu mir. »Es ist, weil du denkst, ich wäre sein Geliebter, während du kaum bemerkst …«
    Ich blickte auf. »Was bemerke ich kaum?«
    Er beugte sich hinab und flüsterte an meinen Lippen: »Wie gerne ich deiner wäre.«
    Ich erstarrte vor Schreck. Er drückte seinen Mund auf meinen und ich reagierte mit Panik. Ich wusste nicht, was ich tun, wie ich atmen und wohin ich meine Hände legen sollte. Aber ich wollte mir nicht anmerken lassen, dass ich all das nicht wusste, und so zog ich die Lippen zusammen und küsste ihn auch.
    Marcellus wich ein Stückchen zurück und schmunzelte. »Du hast das noch nie gemacht, was?«
    Ich spürte, wie mein Gesicht glühte.
    »Nein, nein, dass muss dir nicht peinlich sein«, flüsterte er. »Komm, ich zeig’s dir.« Er nahm mein Gesicht in seine Hände und sagte: »Mach die Augen zu.« Das tat ich. »Jetzt konzentrierst du dich ganz und gar auf das, was du fühlst. Tu nichts anderes und denke auch an nichts anderes.«
    Seine Hände lagen warm an beiden Seiten meines Gesichts. Er küsste mich auf einen Mundwinkel, dann auf den anderen. Ein Schauer durchlief mich, und ich musste zu meiner Überraschung feststellen, dass ich Schwierigkeiten hatte, normal zu atmen. Er fuhr mit der Zunge über meine geschlossenen Lippen.
    »Mach den Mund auf«, flüsterte er. Ich tat es. Nach einer kleinen Weile – ich wusste nicht genau, wie lange es dauerte – flüsterte er: »Du lernst schnell.«
    Wärme durchflutete mich, meine Haut kribbelte und ein Gefühl von Schwere breitete sich in meinem Bauch aus. Er hatte meine Hände um seinen Hals gelegt und drückte sich gegen mich. Ich ertrank in Gefühlen. Ich hatte so lange in meine eigene Trauer gehüllt gelebt, dass die Berührung seiner Haut, sein Geruch,

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