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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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mich. Ich nahm an, dass es nicht dasselbe war, was ich sah, denn wenn ich den Blick über Rom schweifen ließ, erblickte ich den Qualm und die Dämpfe der Unterwelt des Hades. Rauch stieg von unzähligen Küchenfeuern auf, von den Öfen der Bäcker, den Heizungen, den Schmieden und Scheiterhaufen und vereinte sich über den Tälern unter uns zu einer dunklen Wolke von ätzender Hässlichkeit. In dieser Höhe konnten wir noch immer frische Luft atmen, aber es würde nicht lange dauern, bis wir husten mussten wegen des Gestanks nach Rauch, schwitzenden Menschen, illegal ausgeschütteten Nachttöpfen und fauligem Müll, nach Fischinnereien an den Fischständen und dem süßen Duft vom Blut der frühmorgendlichen Opfergaben.
    Nachdem wir die Porta Capena, das Tor, das auf die Via Appia hinausführte, passiert hatten, ritten wir an der langen Reihe von Grabstätten vorbei. Innerhalb der Stadtgrenzen waren Beerdigungen und Verbrennungen verboten, und so bauten die reichen Römer, nachdem aus Ägypten und anderen eroberten Ländern der Wohlstand ins Land gekommen war, massive Häuser für die Toten entlang dieser Straße. Ich seufzte, als ich feststellen musste, wie viele der kürzlich gebauten Grabstätten in Form von Obelisken oder sogar Pyramiden die Pracht Ägyptens aufleben ließen. Das war die typisch römische Art – die ursprüngliche Kultur zu zerstören, um sich dann deren Kunst und Schönheit anzueignen.
    Nach einer Weile fiel ich in eine Art Trance und schloss die Augen, um die Morgensonne zu spüren, während ich vom Gangrhythmus des Pferdes hin und her geschaukelt wurde. Ich schrak zusammen, als Juba mich ansprach.
    »Die Art, wie du mit Marcellus umgehst, ist wirklich ziemlich gekonnt«, sagte er.
    »Wie bitte?«
    »Wenn du willst, dass er ganz verrückt nach dir wird, dann erreichst du das genau, indem du ihn nicht beachtest.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte ich und fühlte mich kritisiert, ohne zu wissen wieso und warum.
    »Marcellus ist in vielerlei Hinsicht von den Göttern gesegnet. Alles fällt ihm zu, einschließlich der Frauen. Als Folge davon interessiert er sich nur für diejenigen, die wiederum keinerlei Interesse an ihm bekunden. Das ist eine Herausforderung für ihn, verstehst du?«
    »Nein, das verstehe ich nicht, Juba. Was willst du damit sagen?«
    »Ich will gar nichts sagen. Ich bewundere nur, wie genau du zu wissen scheinst, wie du Marcellus zu deinen Gunsten manipulieren kannst.«
    Ich fuhr erzürnt auf. »Manipulieren? Aber ich tue doch gar nichts!«
    »Ganz genau! Das ist gute Arbeit.«
    Mir blieb vor Überraschung der Mund offen stehen. Dachte er etwa, dass meine sprachlose Verwirrung und meine Zurückhaltung Marcellus gegenüber nur gespielt waren?
    Mein Gesichtsausdruck ließ Juba innehalten. »Du hast doch sicher bemerkt, dass er dir gegenüber immer mehr Charme versprüht hat, oder? Und dass er sich immer größere Mühe gibt, je weniger du seine Versuche beachtest?«
    »Nein, das hatte ich nicht bemerkt. Ich, ich … ich sage deswegen nichts zu ihm, weil ich, ehrlich gesagt, nicht weiß, was ich sagen soll«, gestand ich.
    Juba sah mich an und lächelte. »Ich vergesse immer, wie jung du noch bist.«
    »Bei den Göttern, Juba!«, knurrte ich. Ich bin in meinem fünfzehnten Jahr! Mädchen meines Alters heiraten und kriegen Kinder. Und zwar dauernd.«
    »Nicht mehr lange, wenn es nach Caesar geht«, sagte er.
    »Wie meinst du das?«, fragte ich.
    »Caesar will das Mindestheiratsalter für Mädchen von zwölf auf achtzehn Jahre hochsetzen und für Jungen von sechzehn auf zwanzig«, sagte Juba. »Er ist der Meinung, dass wir die lockere Moral hier in Rom festigen sollten, um zu den reineren Tagen von römischer Pietas und Virtus zurückzukehren.«
    »Und inwiefern würde das dazu beitragen, seine sogenannte römische Tugendhaftigkeit wieder aufleben zu lassen?«
    »Nun ja, das ist ja nicht das Einzige«, fuhr Juba fort. »Er will die Gesetze ändern, um der Untreue in der Ehe entgegenzuwirken.«
    Ich erstarrte. Gewiss würde er auch bei dieser Kampagne wieder einen Weg finden, meine Eltern zu entehren.
    »Wenn der Mann seine Frau mit einem Liebhaber erwischt, darf er den Liebhaber ermorden, ohne dass das weitere Folgen hat«, fuhr Juba fort. »Und er darf sich von der Frau scheiden lassen, ohne ihre Mitgift zurückgeben zu müssen.«
    »Und was ist, wenn die Frau ihren Mann mit einer Geliebten erwischt?«, fragte ich.
    Er sah mich verständnislos an.
    »Gibt es keine Folgen

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