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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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gebildet und murrte wütend angesichts der Misshandlung der alten Frau.
    »Sieht aus, als hätten sie eine Falle gestellt, aber ihre Beute verfehlt«, bemerkte Juba. »Ich werde versuchen, mehr herauszufinden.«
    Er ging zu dem Offizier. Die beiden schienen sich zu kennen. Während sie miteinander redeten, fing die alte Frau meinen Blick auf und bedeutete mir mit den Augen, ich sollte mich entfernen. Aber das konnte ich nicht. Wie konnte ich die beiden einfach ihrem Schicksal überlassen? Was würden sie mit ihnen machen? Mein Herzschlag pochte in meinen Ohren, als mir klar wurde, dass man sie foltern würde, bis sie ihre Geheimnisse verrieten. Sie würden meine Identität preisgeben – ebenso wie die der Priesterin. Die Göttin stehe uns bei! Was würde Octavian mir antun? Und Alexandros?
    Der Soldat, der den jungen Mann festhielt, musste wohl seinen Griff gelockert haben. Sogleich riss der junge Mann sich los und rannte davon.
    »Ihm nach, du Idiot!«, blaffte der Offizier, als er bemerkte, was geschehen war. Aber der Junge war bereits in der Menge verschwunden. Die Leute drängten sich noch enger um die Soldaten und versperrten ihnen so absichtlich den Weg. Der behelmte Offizier schrie seinem Untergebenen ins Gesicht, sodass die Sehnen an seinem Hals hervortraten und die Spucke wie Gischt sprühte. Jemand lachte. Vor Wut schäumend blickte der Offizier auf den wachsenden Mob von Bewohnern der Subura.
    »Lass die alte Frau gehen!«, rief jemand.
    »Genau, was hat sie dir denn getan? Deinen Wein heute morgen zu sehr verdünnt?«
    Wütendes Gemurmel wogte durch die dicht gedrängte Menschenmenge. Die Soldaten sahen sich an. Sie waren nur eine Handvoll gegen einen Haufen verbitterter Anwohner, die nur auf eine Gelegenheit warteten, sich gegen erlittenes Unrecht einschließlich eines sinnlosen Angriffs auf eine nette, alte Frau zur Wehr zu setzen. In diesem Augenblick merkte ich, dass in der Subura selbst die Soldaten Angst hatten.
    »Lass sie los!«, sagte der Offizier zu dem Mann, der die Frau festhielt. »Sie ist zu alt, um wegzulaufen.« Er wandte sich an die Menge. »Wir werden ihr nichts tun!«, verkündete er mit lauter Stimme. »Wir wollen sie nur befragen!«
    Die Menge murrte weiter. Ich bemerkte ein kurzes Aufblitzen, als die alte Frau einen Dolch aus ihrem Gürtel zog. Wollte sie den Offizier angreifen?
    Nein. Mit einer einzigen raschen Bewegung zog sie sich den Dolch über ihre Kehle und schnitt dabei tief in das weiche, runzelige Fleisch ihres Halses. Dunkel, beinahe schwarz schoss das Blut heraus. Die Leute schrien auf. Ich trat nach vorn, um der alten Frau zu helfen, doch Juba, der, ohne dass ich es bemerkt hätte, an meine Seite zurückgekehrt war, hielt mich zurück. Die aufgebrachte Menge ging auf die Soldaten los. Die Männer zogen ihre Schwerter und standen nebeneinander, als wollten sie sich jeden Augenblick in Schildkrötenformation positionieren. Die alte Frau fiel vor ihnen auf die Knie.
    Ich stöhnte voller Entsetzen auf und das nicht nur wegen der alten Frau. Bilder aus Alexandria tauchten vor mir auf. Vaters Diener, Eros. Blut, das aus seiner aufgeschlitzten Kehle pulsierte. Blut, überall Blut. Sein schwerer, metallisch-süßer Geruch, als es vor meinen Augen aus meinem Vater strömte …
    »Selene«, flüstere Juba. »Sieh mich an!« Aber ich konnte meine Blicke nicht von der Frau lösen, die jetzt in ihrem eigenen Blut ertrank, während die Leute den Soldaten Drohungen und Beleidigungen entgegenschleuderten. Er packte mich am Kinn und zog mein Gesicht zu sich heran. »Sieh mich an!«
    Ich blinzelte, mir war schwindelig und ich versuchte, ruhig zu atmen und mich auf seine Augen zu konzentrieren. Ich hörte, wie der Offizier Befehle bellte und die Leute murrten.
    »Schafft die alte Frau zum Palatin«, blaffte der Offizier. »Caesar wird die Leiche sehen wollen.«
    Mich schauderte. Die Leiche. War da von Vater die Rede?
    »Sieh mich weiter an«, sagte Juba.
    Seine braunen Augen hielten meinen Blick fest.
    »Gaius, bist du noch immer da?«, fragte der Offizier.
    »Hier bin ich«, sagte Juba. Ich wollte nicht, dass er sich von mir abwandte. Verzweifelt umklammerte ich seinen Arm. Als der Offizier zu ihm herüberkam, zog er die Kapuze hoch, um meinen Kopf zu bedecken.
    »Um Mars’ Willen, was hatte das zu bedeuten?«, fragte der Offizier. »Ich hasse es, hierherzukommen – diese Leute sind wie Tiere!« Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er kniff die Augen zusammen und betrachtete Juba.

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