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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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Römer konnte jemals so genial sein wie Homer.
    »Nun sag schon, wie kommst du voran, Vergil«, wiederholte Octavian wieder an den Dichter gewandt.
    Vergil, ein kleiner, schlanker Mann in den Vierzigern, schüttelte den Kopf.
    »Ach, sei doch nicht so schüchtern«, sagte Maecenas, bevor er eine winzige gebratene Haselmaus ganz in seinem Mund verschwinden ließ und mit Genuss auf den knirschenden kleinen Knochen herumkaute. »Es wird bestimmt phantastisch wie alle deine Werke.« Er warf mir einen verschlagenen Blick zu, während er sich den Honig von den Fingern leckte. »Er hat nämlich gerade den Teil überarbeitet, in dem der Held Äneas sich für seine Pflicht gegenüber Rom und gegen die schöne Königin entscheidet.«
    Octavian grinste hämisch. »Ja, die Geschichte von Dido. Eine Erinnerung daran, dass es brave Römer nur ins Verderben führt, wenn sie bei fremden Königinnen liegen, und dass unser Äneas die Wahl getroffen hat, die auch Antonius hätte treffen sollen – nämlich seine Pflicht gegenüber Rom zu erfüllen und seine Hurenkönigin sich selbst zu überlassen.«
    War er so besessen davon, Mutter zu verleumden, dass er sogar ein Epos als schlecht verdeckte Beleidigung ihrer Person in Auftrag gab?
    Ich spürte, dass jemand mich ansah. Marcellus. Ich senkte den Blick und lächelte scheu, dann schaute ich woandershin, um keine Aufmerksamkeit auf unser Kokettieren zu lenken. Dabei sah ich zu Octavia hinüber und für einen kurzen Augenblick war ihr Gesicht von so angrundtiefem Hass verzerrt, dass ich überrascht blinzelte. Aber als ich noch einmal hinsah, hatte sie sich bereits wieder gefasst. Was hatte Maecenas diesmal Anstößiges gesagt? Sowohl Livia als auch Octavia hielten, wie ich wusste, nicht besonders viel von dem reichen, verweichlichten Etrusker.
    Ich wandte mich wieder zu Marcellus, um zu sehen, ob er das kleine Drama zwischen seiner Mutter und dem engsten Verbündeten seines Onkels verfolgt hatte. Aber es schien, als wären seine Augen die ganze Zeit nur auf mich gerichtet gewesen. Ich blickte unter gesenkten Wimpern hervor und lächelte erneut.
    »Ich habe keinen großen Hunger«, sagte Juba und stand plötzlich auf. »Bitte entschuldigt meine Unhöflichkeit, aber ich muss mich auf meine plötzliche Abreise vorbereiten.«
    Und damit verließ er das Triclinium .
    »Der arme Juba«, sagte Marcellus lächelnd. »Den hat es wirklich schlimm erwischt.«
~  Kapitel 43  ~
    Nach dem Essen ging ich zum Brunnen hinüber, weil ich damit rechnete, dass Marcellus mich dort suchen würde. Stattdessen traf ich auf Juba.
    Es war das erste Mal, dass ich ihn nach unserem Gespräch im Park vor einigen Tagen alleine sah. Überrascht blieb ich stehen. »Juba, w-was machst du denn hier?«
    »Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen.«
    »Ich bin nicht enttäuscht. Es ist nur, dass …«
    »Ich wollte mich verabschieden«, unterbrach mich Juba. »Ich fahre morgen nach Hispania ab, wie du weißt. Mit Fortunas Hilfe werde ich vielleicht nicht mehr zurückkommen.«
    Mein Magen krampfte sich vor Furcht zusammen. »Nein, das ist unmöglich. Du wirst aus dem Krieg zurückkehren. Ich weiß es.«
    Juba sah zu mir hinab und schmunzelte. »Nein, da hast du mich falsch verstanden. Wenn ich jetzt mit den anderen aufbreche, habe ich auf dem Weg nach Hispania genügend Zeit, genau das zu tun, worüber wir schon gesprochen haben: Nämlich Caesar davon zu überzeugen, dass er mich in Erfüllung meines Erbes in Numidien herrschen lässt.«
    Er verfolgte seine Pläne auch ohne mich. Ein Teil von mir war stolz auf ihn. Es würde nicht einfach sein, das wusste ich, und ich hatte Hochachtung vor seinem Mut, den er brauchen würde, um Octavian zu überzeugen. Aber der andere Teil von mir war verwirrt. Machte ich einen Fehler? Wollte ich ihn wirklich für immer verlieren?
    »Was wirst du tun, wenn Octavian es dir verweigert?«, fragte ich. »Numidien wird jetzt schon seit einiger Zeit von einem römischen Statthalter regiert, nicht wahr?«
    »Ja, aber die Römer verstehen die Numider nicht. Es hat einige Unruhen gegeben. Ich glaube, dass mein Volk mich als Brücke zwischen den beiden Kulturen annehmen wird. Er wird einsehen, wie klug das ist.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich kann nicht sicher sein, aber eines weiß ich ganz genau«, sagte er und schaute mir dabei in die Augen, »dass ich nicht hierher zurückkommen werde, um dich mit … mit Marcellus zu sehen.«
    Ich senkte den Blick. Warum stellte mich die Göttin

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