Mondmädchen
werde ich es nicht zulassen! Ich … ich werde dich zuerst heiraten!«
Ich sagte nichts. Wir wussten beide genau, dass er Octavian nicht aufhalten konnte. Auch wenn Marcellus ein volljähriger Erwachsener war, so hatte er doch kein Recht, über sein Leben selbst zu bestimmen, solange der Pater Familias , das Familienoberhaupt, lebte. Selbst dann noch, wenn er bereits vierzig war! Und doch schlug mein Herz schneller vor Hoffnung, denn der Vorschlag war der Beweis für Marcellus’ wachsende Bindung an mich.
Marcellus fing an, hin und her zu laufen. »Es … es geht doch nicht, dass eine Nachfahrin von Alexander dem Großen derart behandelt wird. Corbulo ist ein Mörder! Ich werde Caesar davon überzeugen, dass unsere Verbindung als Symbol der Vereinigung des römischen Westens mit dem ägyptischen Osten dienen könnte. Dann muss er erkennen, was für ein machtvolles Instrument das wäre, um die östlichen Provinzen zu kontrollieren.«
Ich schloss erleichtert die Augen. Ja. Exakt so sollte es sein. Die Ironie dabei war natürlich, dass meine Eltern genau das versucht hatten – Rom und den Osten durch Heirat zu vereinen. Aber wenn Marcellus diesen Versuch unternahm anstelle einer fremdländischen Königin, dann würde es Octavian möglicherweise als Stimme der Vernunft erscheinen und nicht als Streben nach Macht.
»Marcellus, du darfst Octavian jetzt noch nichts von uns erzählen. Er würde …«
»Keine Sorge.« Er legte wieder die Arme um mich. »Ich werde alle unsere Möglichkeiten sorgfältig ausloten, ohne zu verraten, dass ich in deinen Bann geraten bin.«
Innerlich stöhnte ich auf: Ich hasste es, wenn Männer ihre eigenen Gelüste auf die »magischen Kräfte« der Frauen schoben. Aber ich sagte nichts. Stattdessen schmiegte ich mich enger an ihn, während wir uns küssten.
»Warte auf mich, ja?«, hauchte er. »Du wirst sehen. Ich werde Caesar überzeugen. Er wird mir nichts verweigern, was ich will. Und ich will dich.«
~ Kapitel 44 ~
In dem Jahr, welches das 26. Jahr
der Regentschaft meiner Mutter gewesen wäre
In meinem 16. Jahr
25 v.d.Z.
Die Monate nach Marcellus’ Abreise verbrachte ich damit, immer neue Pläne zu schmieden, falls es ihm nicht gelingen sollte, Octavian davon zu überzeugen, dass eine Verbindung zwischen uns politisch sinnvoll war.
Beim ersten Anzeichen, dass Octavian wütend oder ablehnend reagierte, würde ich, so sagte ich mir, mit Alexandros nach Ostia fliehen. Durch das Netzwerk von Anhängern der Isis in der Hafenstadt würde es uns bestimmt gelingen, heimlich ein Schiff nach Ägypten zu besteigen. Aber ich würde nicht nach Alexandria zurückkehren. Stattdessen wollte ich nach Heliopolis reisen. Dort würde ich die Priester und Priesterinnen des Ra – die Isetnotfret zufolge finanzielle Unterstützung für unseren Kampf um den Thron versprochen hatten – überreden, dass sie ihre verborgenen Goldschätze einschmolzen, sodass ich eine Armee von Söldnern aufstellen konnte.
Dieser Plan hatte natürlich aus vielerlei Gründen seine Schwächen. Ich kannte niemanden in Ostia; ich zählte darauf, dass die Anhänger der Isis in Ostia uns helfen und uns nicht ausliefern würden; und es war nicht abzusehen, ob die Priester von Heliopolis mir genügend Vertrauen entgegenbringen würden, um meine Bemühungen zu finanzieren. Aber es war alles, was ich hatte.
Nach vielen Erkundigungen beschloss ich, dass Nubien, der günstigste Ausgangspunkt wäre, eine Söldnerarmee aufzustellen. Seit langem bekannt für ihre Kriegskünste, hatten die Nubier insgesamt wenig Sympathien für Rom und wenig Interesse an dessen Machenschaften. Ich überlegte auch, ob ich es sogar schaffen könnte, ohne eine Armee zu finanzieren. Was, wenn ich die Nubier davon überzeugen könnte, dass die Römer eine Invasion ihres Landes planten? Dann würden sie doch sicher erkennen, wie sinnvoll es in einem vorbeugenden Schritt der Selbstverteidigung wäre, mit mir gemeinsam die Römer aus Ägypten zu vertreiben.
Der Nachteil war, dass Nubien als Preis für die Hilfe anschließend Ansprüche auf Ägypten erheben könnte. Die Nubier hatten vor Hunderten von Jahren schon einmal in Ägypten geherrscht. Wer wollte sagen, ob sie es nicht noch einmal tun wollten?
Ich überlegte sogar, ob ich mit König Phraates von Parthien, dem größten Gegner Roms, Kontakt aufnehmen und mich als Ehefrau für einen seiner Söhne anbieten sollte, im Gegenzug für seine Unterstützung bei der Wiedergewinnung meines Thrones. Aber
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