Mondmädchen
schweißüberströmten Arbeiter bemerkte, der einen großen Korb mit Blumen aus dem äußeren Garten herbeischleppte.
»Verzeihung, junge Herrin«, sagte er und hielt etwas in die Höhe, dass ich nun als einen großen Strauß blutroter Rosen erkannte. »Möchtest du einmal den Duft der Rosen riechen?«
Ich hielt inne. Rosen waren die Blumen der Göttin. War das eine ganz unschuldige Frage oder hatte sie etwas zu bedeuten?
Der junge Mann zog seinen breitkrempigen Schlapphut vom Kopf. Als ich näher kam, kratzte er sich ganz unauffällig an einem schmuddeligen Leinenarmband, das er ums Handgelenk trug. Er sah mich an und senkte dann den Blick wieder auf sein Handgelenk.
Ich folgte seinen Augen. Da! Unter dem zerknautschten Stoff war ein winziger Isisknoten tätowiert, genau wie das heilige Amulett, das Mutter mir gegeben hatte. Bei der Erkenntnis machte mein Herz vor Aufregung einen Satz. Er bedeckte das winzige Zeichen wieder und sagte: »Die Blumen sind so schön, wie für eine Göttin, nicht wahr?«
Er hatte die helle, sommersprossige Haut und das rötliche Haar eines Galliers oder Kelten. Ich fragte mich, ob er wohl als Sklave geboren oder als Gefangener aus Gallien oder Britannien gekommen war. Und doch war er ein Anhänger der Isis! Die Wege der Göttin waren wahrhaftig rätselhaft.
Ich neigte den Kopf zu den Blumen hinab und sog ihren Duft ein. Als ich nach einer greifen wollte, ließ der junge Mann den ganzen Korb fallen und die Blumen verteilten sich über den Boden.
Der Freigelassene, der für die Gärten verantwortlich war, musterte ihn verärgert. Ich ging auf die Knie, um beim Aufsammeln der Blumen zu helfen, dabei flüsterte der junge Mann mir zu: »Die Priesterin von Capua hat dich nicht vergessen. Es gibt bereits Plä…«
Plötzlich stöhnte der junge Mann auf und fiel nach vorn. Der Freigelassene hatte ihm einen Tritt verpasst. »Du ungeschickter Tölpel!«, blaffte er. »Du wirst dir doch nicht von der Herrschaft helfen lassen, deinen Dreck wegzumachen!« Er wandte sich an mich. »Vergib diesem ungezogenen Dummkopf, junge Herrin«, sagte er.
Wütend über die schlechte Behandlung des jungen Mannes erhob ich mich und wollte den Mund aufmachen, um mich darüber zu beschweren. Doch der junge Gärtner schob mir schnell eine Handvoll Blumen zu, sodass ein paar Blütenblätter durch die Luft stoben. Kleine Blutstropfen von den Dornen, in die er gelangt hatte, rannen an den Seiten seiner lehmverschmierten Hände hinab.
»Bitte, nimm das als Opfergabe für die Bona Dea «, bat er mich. »Möge die große Göttin mein Missgeschick verzeihen.«
Kluger Junge , dachte ich. Er bat mich, der Bona Dea – der Schutzgöttin von Rom – eine Opfergabe darzubringen, was vollkommen unverfänglich klang. Aber wir wussten beide, dass er insgeheim Isis damit meinte.
Der Aufseher knurrte zustimmend. Ich hob die Blumen vorsichtig auf und nickte zum Dank. Mein Herz fühlte sich an wie ein galoppierendes Pferd beim Wagenrennen, dennoch ging ich mit betont langsamen Schritten zu unserem Wohnflügel hinüber.
Endlich hat es begonnen , sagte ich mir immer und immer wieder vor und konnte meine Freude kaum verbergen. Die Priesterin von Capua weiß, dass ich bereit bin. Es hat begonnen!
~ Kapitel 26 ~
»Da bist du ja endlich«, rief Zosima, als ich aus dem Rosengarten zurückkehrte. »Wo hast du nur gesteckt?« Sie seufzte. »Es ist direkt ein Wunder, dass ich überhaupt noch Haare auf dem Kopf habe, bei den Sorgen, die ich mir um dich und Ptoli machen muss.«
Ich wandte mich um. »Wie meinst du das? Warum hast du dir um Ptoli Sorgen gemacht?«
»Er ist heute Morgen krank geworden und hat Fieber.« In der Regel waren meine Brüder und ich unglaublich gesund, aber Fieber war immer ein Grund zur Sorge. »Sie haben ihn ins Krankenzimmer in Livias Haus gebracht«, fuhr sie fort. »Livias Leibarzt kümmert sich um ihn.«
Ich ließ die Rosen fallen und rannte los. Ein Schauer jagte mir den Rücken hinunter. Warum war Ptoli in Livias Krankenzimmer? Was führte sie im Schilde? Konnte ein Fieber durch Gift hervorgerufen werden? Und selbst wenn nicht, würde sie sein Fieber als Gelegenheit nutzen, ihm Schaden zuzufügen? Nach der gescheiterten Hinrichtung während Octavians Triumphzug hatte ich angenommen, dass Livia beschlossen hatte, das Risiko einer Entdeckung sei so groß, dass es sich nicht lohnte, uns etwas anzutun. Hatte sie einfach nur abgewartet, bis der richtige Zeitpunkt gekommen war, um sich den Jüngsten
Weitere Kostenlose Bücher