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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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und Schwächsten von uns herauszupicken?
    Als ich in das Krankenzimmer gestürzt kam, fand ich Ptoli schlafend vor, sein Gesicht war blass und verschwitzt. Octavia saß an seiner Seite und starrte auf seine geschlossenen Augen. Bei meinem Eintreten blickte sie auf.
    »Wie geht es ihm?«, fragte ich.
    Octavia wirkte gehetzt, ja geradezu gequält.
    »Was ist los?«, fragte ich drängender und bemühte mich vergeblich, die Angst aus meiner Stimme zu verbannen.
    Ihr Gesicht entspannte sich, während sie sich bemühte, eine nur leicht besorge Miene aufzusetzen. Sie versuchte sogar zu lächeln. »Irgendein Fieber, das ganz plötzlich aufgetreten ist«, flüsterte sie. »Ich habe ihm eine Medizin gebracht.« Sie hielt einen tönernen Becher in die Höhe, als wollte sie mir zuprosten.
    »Sollen wir ihn aufwecken, um sie ihm zu geben?«, fragte ich. Wenn die Medizin ihm helfen konnte, warum hatte sie sie ihm dann noch nicht gegeben?
    Sie lächelte entschuldigend. »Ich kann ein schlafendes Kind nicht aufwecken«, flüsterte sie. »Sieht Marcus nicht schön und friedlich aus, wenn er schläft? Er hat schon immer so einen tiefen Schlaf gehabt.«
    Ich merkte, dass ich nicht sicher war, ob sie über Ptoli oder über Tata redete. Mir stellten sich die Nackenhaare auf. Dachte sie etwa, Ptoli sei wirklich Vater?
    »Soll ich … willst du, dass ich ihn aufwecke und ihm seine Medizin gebe?«
    Sie zögerte. »Ja, ja, vielleicht solltest du das tun.« Aber sie rührte sich nicht.
    Der seltsame Ausdruck auf ihrem Gesicht und die Tatsache, dass wir uns in der Nähe von Livias Gemächern befanden, steigerten mein Unbehagen nur noch. Mir fiel wieder ein, dass ich schon bald nach unserer Ankunft hier gehört hatte, wie einer der Sklaven behauptete, dass Livia bei Mondlicht Giftpflanzen zog und sie vermutlich einen ihrer Tränke gegen uns verwenden würde.
    »Wer … wer hat denn diese Medizin zusammengemischt?«, fragte ich und versuchte meiner Stimme einen ganz beiläufigen Tonfall zu geben. »Hat Livia diese Tinktur gebraut?«
    Octavia antwortete, ohne dabei auch nur ein Mal den Blick von Ptoli zu wenden. »Nein, ich … ja. Livia hat es selbst gemischt. Sie ist eine ziemlich gute Heilerin, wusstest du das?«
    Mir wurde erst kalt, dann heiß vor Schreck. War es möglich, dass Livia nur die Anweisung gegeben hatte, dass Ptoli in die Nähe ihres Medicus verlegt werden sollte, damit es so aussah, als würde sie sich ganz besonders um ihn sorgen? Während sie in Wahrheit das Gegenteil tat? Würde sie sich sein Fieber zunutze machen, um ihn umzubringen, damit es anschließend weniger Fragen gab?
    »Ich werde jetzt bei ihm wachen«, sagte ich. »Gib mir die Medizin. Ich werde sie ihm bald zu trinken geben.«
    Ich streckte die Hand aus, damit sie mir den Becher reichte. Sie stand auf, ohne den Blick von ihm zu wenden, und seufzte dann. »Ja, ich glaube, es wäre besser, wenn du es ihm gibst.« Sie achtete nicht auf meine Hand, sondern stellte den Becher auf einen niedrigen Tisch, bevor sie den Raum verließ. Ich wartete, bis ihre Schritte auf dem Gang verklungen waren, und eilte dann zu dem Becher, um daran zu riechen. Ich konnte nur die Süße von Honig über einem erdigen Geruch feststellen. Aber woran sollte ich merken, ob die Medizin vergiftet war? Wie roch Gift? Bitter oder süß? Woher sollte ich das wissen?
    Zosima trat herein. »Wie geht es … Was tust du da?«
    Ich richtete mich auf. »Livia hat diese Medizin angemischt«, flüsterte ich.
    Sie riss die Augen auf, da sie genau verstand, was ich damit sagen wollte. Ich hatte Zosima und meine Brüder vor Livia gewarnt. Ohne ein weiteres Wort nahm sie den Becher und ging nach draußen, um ihn auszuschütten.
    Ptolis Fieber hielt ihn umklammert wie eine Schlingpflanze. Ich bemühte mich, dass er in mein Cubiculum verlegt wurde, damit ich dort über ihn wachen konnte, aber Livia ließ verlauten, dass er in ihren Gemächern bleiben sollte.
    »Sie will nicht, dass die anderen Kinder sich mit seiner Krankheit anstecken«, verkündete ihre Dienerin. Das machte mich natürlich nur umso misstrauischer. Wollte Livia, dass er unter ihrem Dach blieb, damit sie ihm ohne weitere Zeugen Schaden zufügen konnte?
    Und so wich ich von da an praktisch nicht mehr von Ptolis Seite und machte nur dann Pause, wenn Zosima oder Alexandros an meiner Stelle wachten. Wir umgaben ihn, wie der vielköpfige Zerberus das Tor zur Unterwelt bewachte, und sorgten dafür, dass kein Trank und keine Tinktur, die von Livia

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