Mondmilchgubel Kriminalroman
sich mit ihrer Schwiegertochter nicht besonders gut verstanden zu haben.«
»Ich bin sicher, dass sie alles nur Erdenkliche getan hat, um ihrem Sohn diese Frau auszureden.«
»Wie es aussieht, hatte sie damit aber keinen Erfolg.«
»Trotzdem hat sie sich laufend in die Ehe der beiden eingemischt.«
»Sein Vater starb, als er noch ein Junge war. Daher ist es wohl unvermeidlich, dass Mutter und Sohn ein enges Verhältnis haben.«
»Ich nehme an, dass die Alte über den Tod ihrer Schwiegertochter erleichtert ist.«
Diesen Eindruck hatte er auch gehabt. Die alte Frau zeigte nicht den kleinsten Anflug von Trauer und tat so, als gäbe es nur noch ein letztes lästiges Problem zu bewältigen: die Beisetzung.
»War Kuno als Kind jähzornig?«
»Ja. Seine Ausbrüche haben nach dem Tod seines Vaters begonnen und erst kurz vor seiner Pubertät wieder aufgehört. Allerdings nennt seine Mutter es nicht Jähzorn, sondern Temperament.«
»Wussten Kunos Sportkumpel über seine Eheprobleme Bescheid?«
»Der eine oder andere wusste, dass es Probleme gab, allerdings keine ernsthaften.«
»Und was ist mit Seitensprüngen?«
»Wir konnten ihm bis jetzt keine nachweisen.«
»Kaum zu glauben. Ein Muster ehelicher Treue.«
»Auf jeden Fall haben die Befragungen einstimmig ergeben, dass er seine Frau geliebt hat.«
»Ich bin sicher, dass Kuno nicht die Wahrheit sagt.«
»Haben Sie dafür Beweise?«
»Noch nicht.«
»Ich bitte Sie, nichts zu unternehmen, was die Ermittlungen gefährden könnte.«
»Seien Sie unbesorgt.«
Er mustert Jung eingehend, ist sich unschlüssig, was er von ihrer Antwort halten soll.
»Ich hoffe bloß, dass Ihre Ermittlungen nicht in einer Sackgasse enden.«
»Vertrauen Sie mir.« Er verschweigt ihr, dass die Wandtafeln in seinem Büro sich mit Hypothesen, Daten und Fragezeichen füllen. Das passive Verhalten von Iris Brunner deutet darauf hin, dass sie den Täter gekannt und eine solche Attacke nicht erwartet hat. Doch um sicher zu sein, muss er die DNA-Auswertung abwarten.
»Mir geht einfach alles zu langsam.«
»Mir scheint, dass Sie sich komplett falsche Vorstellungen machen, was die Aufklärung eines Mordfalles angeht.«
»So, meinen Sie?«
»Das hier ist kein Fernsehkrimi, Frau Jung. Einen Fall zu analysieren und dann die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, ist härteste Knochenarbeit, die im Büro und nicht draußen auf der Straße stattfindet.«
»Wollen Sie damit andeuten, dass Rückschläge und Sackgassen weit häufiger sind als Erfolgserlebnisse?«
»Wissen Sie, zu leicht verliert man sich im Labyrinth der Lügen und Falschaussagen. Deshalb verlangt jeder Fall nach einer methodischen Analyse und einer gründlichen Bearbeitung.«
»Sie arbeiten rund um die Uhr?«
»Nein, ein übermüdeter Polizist ist ein schlechter Polizist. Im Gegensatz zu anderen Mordfällen, bei denen es vor allem um organisierte Verbrechen, Drogen und Prostitution geht, scheint dieses Tötungsdelikt einfach. Doch manchmal erweisen sich die einfachsten Fälle als die schwierigsten. Es ist deshalb wichtig, alle Daten zu einem sinnvollen Muster zusammenzufügen.«
»Ich glaube, ich schulde Ihnen eine Entschuldigung. Meine Ungeduld ist hier wirklich fehl am Platz.«
Er schenkt ihr ein warmes Lächeln. »Glauben Sie mir, ich werde die Wahrheit herausfinden. Ich gehe jeder noch so bedeutungslos erscheinenden Spur nach. Bis zu dem Punkt, wo alle Fäden zusammenlaufen, gilt es aber wachsam zu sein und Fehltritte sowie Spekulationen zu vermeiden. Brunner wird genauso gründlich überprüft wie Edelmann, Honegger und Vinzens.«
»Wusste Kuno über Edelmanns Annäherungsversuche Bescheid?«
»Nein.«
»Glaubt er immer noch, dass der Eierkari der Mörder ist?«
»Er ist sich dessen sicher.«
»Weiß er, dass dieser sein Gedächtnis verloren hat?«
»Ja, allerdings ist er fest davon überzeugt, dass der junge Honegger uns etwas vorspielt.«
»Was, wenn Kuno entgegen seiner Aussage wusste, dass seine Frau einen Liebhaber hat? Sein Freundeskreis ist groß, auch außerhalb von Wald. Jemand könnte Iris und Manuel zusammen gesehen haben.«
»Es wird sich zeigen.«
»Können Sie Frau Kurtz wirklich nicht dazu bringen, Ihnen einen Hausdurchsuchungsbefehl auszustellen?«
»Ist bereits geschehen.«
»Und?«
»Nichts. Wir haben die hinterste und letzte Ecke durchleuchtet, aber leider nichts Brauchbares gefunden. Auch sein Alibi wurde erneut überprüft.«
»Ich frage mich, wo die Kette ist.«
»Die haben wir
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