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Mondmilchgubel Kriminalroman

Titel: Mondmilchgubel Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Bodenmann
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eine Verlorenheit aus, die sie schmerzt. Er schlägt mit der Faust mehrmals gegen den Kopf, um seiner Verzweiflung Ausdruck zu verleihen.
    »Ich weiß nichts mehr, nicht einmal, wie ich heiße.«
    »Das wird schon wieder«, versucht sie ihn aufzumuntern.
    Er zeigt auf seine Stirn. »Alles ist hier drin eingeschlossen.«
    »Wie kommst du mit den Hühnern zurecht?«
    »Der Mann dort«, er zeigt auf seinen Vater im Garten, »sagt, dass es meine Hühner sind. Aber ich kann mich nicht erinnern. An gar nichts. Nicht einmal an meine Katze.«
    »Macht es dir Spaß, die Hühner zu füttern und die Eier einzusammeln?«
    »Ja. Aber ich habe meinen Namen vergessen, und ich weiß auch nicht, wie alt ich bin.« Wieder tippt er sich an die Stirn. »Alles ist da drin eingeschlossen.«
    »Das kann geschehen, wenn man etwas ganz Schlimmes erlebt hat. Verstehst du?«
    Er schüttelt traurig den Kopf.
    »Soll ich es dir erklären?«
    Er nickt ängstlich.
    »Wenn ein Mensch, so wie du, etwas ganz Schlimmes erlebt, kann es sein, dass er sich danach für eine Zeit lang an nichts mehr erinnern kann. Aber das gibt sich wieder. Sobald dein Gedächtnis keinen Stress mehr hat, kommt es wieder zurück. Du musst einfach ein bisschen Geduld haben und den Mut nicht verlieren.« Sie drückt seine Hände, die sich klebrig anfühlen.
    Er starrt sie an. Seine Augen sind gerötet, die Augenlider geschwollen. Sein sonst so fröhliches Gesicht ist ohne Ausdruck. »Alle kennen mich, aber ich kann mich an nichts erinnern.«
    Der alte Honegger geht auf seinen Sohn zu. »Sie sollten ihn nicht noch mehr aufregen.«
    »Guten Tag, ich wollte bloß sehen, wie es Ihrem Sohn geht und wie Sie mit den Eiern zurechtkommen.«
    »Haben Sie Ihre Eier denn nicht erhalten?«, fragt er argwöhnisch.
    »Doch, doch«, beruhigt sie ihn.
    Er klopft seinem Sohn zärtlich auf die Schultern. »Wir schlagen uns durch, nicht wahr, mein Sohn?«
    Sie sieht, wie Kari zusammenzuckt.
    »Mein Bub besorgt die Hühner zusammen mit meiner Schwägerin. Sein Cousin trägt die Eier aus. Morgen wird mein Bub ihn begleiten.«
    »Schön, dann werde ich dich morgen ja wiedersehen.«
    »Warum bist du so dick?«
    »Nun, es gibt dünne und es gibt dicke Leute. Ich bin schon dick auf die Welt gekommen. Und ehrlich gesagt, ich esse gern Kuchen.«
    »Ich auch.« Er schaut auf seine Armbanduhr, dann zu seinem Vater. »Ich muss jetzt die Eier einsammeln.«
    »Ja, tu das, mein Sohn.«
    Sie schaut ihm nach.
    »Nur die Pünktlichkeit ist ihm geblieben.« Der alte Mann atmet schwer.
    »Ein Gedächtnisverlust bedeutet nicht, dass Ihr Sohn sich an gar nichts mehr erinnern kann. Hier, in seinem gewohnten Umfeld, ist es gut möglich, dass seine Erinnerung nach und nach zurückkehrt.«
    »Wenn der arme Bub nur nicht so leiden würde.« Honeggers Kopf pendelt hin und her. »Früher hat ihn nichts aus der Ruhe gebracht. Und jetzt ist er ganz zappelig.«
    »Hat der Arzt ihm Beruhigungstabletten verschrieben?«
    »Ja. Wir hoffen, dass er die nächste Nacht besser schlafen kann.«
    »Das hoffe ich auch.«
    »Wir vermeiden Fragen, weil sie ihn aufregen und ängstigen.«
    »Das ist gut. Ihre Zuwendung wird ihm helfen.«
    »Wir tun, was wir können. Wenn Sie uns den Bub nur nicht wieder wegnehmen.«
    »Rufen Sie mich an, wenn das der Fall sein sollte. Wann wird Ihr Sohn sein Mofa zurückerhalten?«
    »Morgen. Ich habe dem rothaarigen Polizist gesagt, dass mein Bub kein Mörder ist.« Der alte Mann reibt sich die trüben Augen. »Er glaubt mir nicht. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der meinen Kari wieder abholt.«
    »Der Kripobeamte hofft, dass Ihr Sohn sein Gedächtnis wiederfindet, damit er ihn befragen kann. Es könnte sein, dass er gesehen hat, wer Iris Brunner getötet hat. Somit wäre er der wichtigste Zeuge.«
    »Gibt es denn keine anderen Verdächtigen?«
    »Doch. Ein gewisser Bruno Edelmann. Auch Kuno Brunner, der Mann der Toten, steht unter Verdacht.«
    »Der Bub vom Seppli Brunner selig?«
    Sie nickt.
    Honegger winkt ab. »Nein, der doch nicht. Er ist ein rechtschaffener Mann, genau wie sein Vater.« Dann fährt er nachdenklich fort: »Der Seppli würde heuer 90, wenn er noch lebte.«
    »Ich bin sicher, dass die Polizei den wahren Täter finden wird.«
    »Für die ist mein Bub nicht wichtig. Hauptsache, die finden einen, den sie ins Gefängnis stecken können.«
    »Das glaube ich nicht. Herr Möller nimmt die Sache sehr ernst.«
    »Seit mein Bub wieder zu Hause ist, schreibt er seinen Namen. Immer nur seinen

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