Mondmilchgubel Kriminalroman
Licht.
»Sie müssen mir aber versprechen, dass Sie sich zu Hause hinlegen. Ihre Arbeit nehmen Sie erst wieder auf, wenn Ihr Hausarzt es erlaubt. Versprochen?«
Kari macht ein enttäuschtes Gesicht.
»Mit einer Gehirnerschütterung ist nicht zu spaßen. Ich glaube, ich habe Ihnen das ausführlich genug erklärt.«
»Mein Mofa muss sowieso zuerst repariert werden, bevor ich wieder Eier austragen kann.«
Der Arzt verabschiedet sich mit einem Lächeln.
»Wenn Sie wollen, werde ich Ihnen heute meine Hühner zeigen«, wendet er sich an Möller.
»Einverstanden.«
»Meine Hühner legen die besten Eier, sagen meine Kunden.«
»Kommen Sie jetzt, wir müssen uns draußen noch kurz unterhalten.«
Kari schielt zu den Kuchen hinüber, die sich auf dem Gabentisch angehäuft haben.
»Keine Sorge, die holen wir später.« Möller führt ihn in einen Nebenraum, den er sich vorgängig von einer Pflegerin erbeten hat. Als der junge Honegger sich gesetzt hat, beginnt er mit der Befragung. »Ich möchte mit Ihnen über Ihre Freundin, Iris Brunner, sprechen. Einverstanden?« Er sieht die Angst in Honeggers Augen. »Iris Brunner wurde am vergangenen Donnerstag im Mondmilchgubel tot aufgefunden.«
Karis Mund verzieht sich, als wolle er zu weinen beginnen.
»Sie waren an diesem Donnerstag ebenfalls im Mondmilchgubel. Erinnern Sie sich?«
Kari blickt an ihm vorbei ins Leere.
»Bitte schauen Sie mich an. Ich muss Ihnen jetzt eine wichtige Frage stellen. In Ordnung?«
Ein zögerliches Nicken.
»Haben Sie Iris Brunner getötet?«
Er schüttelt heftig den Kopf und springt auf. »Sie war meine Freundin.«
»Bitte beruhigen Sie sich. Ich weiß, dass sie Ihre Freundin war. Setzen Sie sich, bitte. Ich versuche herauszufinden, wer sie getötet hat, doch dazu brauche ich Ihre Hilfe. Sie sind unser einziger Zeuge. Verstehen Sie?«
Widerwillig lässt er sich erneut auf den Stuhl fallen.
»Je schneller Sie mir meine Fragen beantworten, desto früher kann ich Sie nach Hause fahren.«
Der junge Honegger rutscht auf dem Stuhl unruhig hin und her.
»Schauen Sie mich an, Kari, damit wir miteinander sprechen können.« Möller lässt ihm Zeit. Allmählich entspannt sich Karis Gesicht. »Haben Sie gesehen, wer Iris Brunner getötet hat?«
Keine Antwort.
»Heute Morgen hat Sie hier im Spital ein Mann besucht, nicht wahr?«
Ein Nicken.
»Bitte erzählen Sie mir von ihm.«
»Ich kann nicht. Er bringt mich um, wenn ich etwas sage. Ich muss jetzt zu meinem Vater und zu meinen Hühnern.« Wieder erhebt er sich.
»Setzen Sie sich, Kari. Ich bin mit meinen Fragen noch nicht fertig. Hören Sie mir gut zu. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass wir Sie, Ihren Vater und Ihre Tante so lange beschützen, bis der Täter gefasst ist.«
»Ein Mörder ist viel schlauer als die Polizei. Ich weiß das, weil ich immer Krimis schaue.«
»Nicht immer, Kari, nicht immer … Ich habe einen Vorschlag. Sie beantworten meine Fragen entweder mit einem Ja oder mit einem Nein. Sie möchten doch auch, dass der Mörder gefasst wird, nicht wahr?«
»Ich habe solche Angst.«
»Wir werden Sie beschützen. Bitte vertrauen Sie mir. Also, haben Sie mit angesehen, wie Ihre Freundin getötet wurde?«
Ein heftiges Kopfschütteln.
»War Ihre Freundin schon tot, als sie im Mondmilchgubel ankamen?«
»Ich weiß es nicht.«
»War jemand bei ihr?«
»Ja, aber er rannte davon.«
»War es ein Mann?«
Ein Schulterzucken.
»Haben Sie ihn erkannt?« Möller beobachtet ihn aufmerksam. Sieht sein Zögern. »Nun?«
Karis Beine schwingen heftig hin und her.
»War es ein Kunde von Ihnen?«
»Nein.«
»Ich werde Ihnen jetzt nacheinander drei Fotos zeigen. Bitte schauen Sie sich die Bilder genau an.« Er reicht ihm eine Nahaufnahme von Vinzens. »Hat dieser Mann Ihre Freundin getötet?«
Ein Kopfschütteln.
»Und was ist mit diesem Mann?« Er zeigt ihm ein Porträt von Brunner.
Wieder ein Kopfschütteln. »Ich muss dringend pinkeln.«
Möller begleitet ihn zur Toilette. Er weiß, dass er ihn nicht allzu sehr drängen darf. Sobald der junge Honegger sich wieder gesetzt hat, fährt Möller mit seiner Befragung fort.
»Ich möchte nach Hause.«
»Bald, Kari, bald.« Er reicht ihm Edelmanns Foto. »Und was ist mit diesem Mann?«
Diesmal schaut er das Bild genau an, bevor er den Kopf schüttelt.
»Wer weiß Bescheid über den Doppelboden in Ihrem Eiergestell?«
Kari überlegt angestrengt. »Ich, mein Vater, meine Tante, mein Cousin und der Spengler Seppi.« Er benutzt zum
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