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Mondmilchgubel Kriminalroman

Titel: Mondmilchgubel Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Bodenmann
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passt in ihr Konzept. Sie beginnt Notizen zu machen. Ihre Gedanken überschlagen sich. Sie vergisst ihre Kolumnen. Sie vergisst die Zeit.

     
    Wie sie das Heimetli erreicht, ist sie in Schweiß gebadet. Sie hält vergebens Ausschau nach Möllers Auto. Er möchte sie bei seinem zweiten Gespräch mit dem Eierkari dabeihaben. Es ist das erste Mal, dass er sie um Hilfe bittet. Auch Kari ist nirgendwo zu sehen. Sie steigt hinunter zu den Hühnerställen und gesellt sich zum Schutzpolizisten, der ihr wortlos zunickt. Kari steht mitten in der Hühnerschar. Sie sieht, wie er ein Huhn anpeilt und es an den Beinen hochhebt. Dann legt er es auf den Holzbock und greift nach dem Beil. Sie sieht das Spritzen des Blutes. Er nimmt das Huhn und streicht ihm zärtlich über das Gefieder, bevor er es zu rupfen beginnt. Wenn ich jetzt bloß eine Zigarette hätte, denkt sie verzweifelt, obwohl sie schon seit Jahren nicht mehr raucht. Sie stößt die angehaltene Luft aus. Der Schutzpolizist steht regungslos da. Sicher hat der schon Schlimmeres gesehen als ein Huhn, das kopflos durch die Gegend rennt. Kari ein Mörder? Auf zittrigen Beinen steigt sie zum Haus zurück. Eine Wolke schiebt sich vor die Sonne. Es fröstelt sie.
    »Sie sehen heute aber blass aus«, wird sie von Möller begrüßt, der neben dem alten Honegger steht.
    Sie riecht ihre eigene Ausdünstung. Kein gutes Zeichen.
    »Mein Bub schlachtet Suppenhühner«, mischt der alte Mann sich ein. »Es hat ein paar Bestellungen gegeben.«
    Sie fordert Möller auf, sich selbst davon zu überzeugen.
    »Ich gehe davon aus, dass Sie in Zukunft keine gebratenen Hähnchen mehr essen.«
    Sie schneidet eine Grimasse. »Wie ich sehe, haben Sie keine Rückenschmerzen mehr.«
    Er vollführt ein paar Dehnübungen. »Dieser Vinzens ist wirklich gut. Ich habe heute noch keine einzige Tablette geschluckt.« Zum alten Mann: »Die Hexenschüsse haben es in sich.«
    »Damit fängt es an. Dann kommt die Arthritis.« Der Alte zeigt Möller seine geschwollenen Fingergelenke. »Aber was soll man machen? Man kann ja nicht den ganzen Tag herumhocken.«
    »Da haben Sie recht«, pflichtet ihm Möller bei.
    »Nichtsnutze gibt es mehr als genug«, seufzt der alte Mann. »Machen Sie meinem Bub keine Angst. Er hat weiß Gott schon genug durchgemacht.«
    »So leid es mir tut, Herr Honegger, aber Ihr Sohn wird seine Aussage später noch zu Protokoll geben müssen.«
    »Muss das wirklich sein?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde ihn nicht unnötig aufregen.«
    »Haben Sie Söhne?«
    »Leider nein.«
    »Ein Vater sorgt sich so lange um seine Kinder, bis er unter der Erde ist.«
    »Verstehe.«
    Kari kommt ihnen freudestrahlend entgegen. In beiden Händen baumelt ein geschlachtetes Huhn. Er streckt seinem Vater die Tiere entgegen. »Die sind beide für Frau Hungerbühler. Frau Vontobel und Frau Mikovic haben ebenfalls ein Suppenhuhn bestellt. Die schlachte ich am Nachmittag nach meinem Mittagsschlaf.« Er schaut Möller verschmitzt an.
    »Gut so.« Der alte Mann klopft seinem Sohn aufmunternd auf die Schultern.
    »Ich sehe, Sie haben viel zu tun, Kari«, mischt sich Möller ein.
    »Sage ich doch.«
    »Keine Schmerzen mehr in der Schulter?«
    »Doch, ein bisschen.«
    »Ich bin gekommen, um noch einmal mit Ihnen zu reden.«
    Kari zuckt zusammen.
    »Gehen Sie in die Stube. Dort können Sie sich ungestört unterhalten. Ich muss jetzt in den Garten, sonst hat mein Klärli keine Freude.« Der alte Mann wischt sich mit dem Handrücken über die zerfurchte Stirn. »In einer knappen Stunde wird bei uns gegessen. Mein Bub muss was Anständiges in den Magen bekommen, damit er wieder ganz gesund wird.« Zu seinem Sohn: »Heute kocht deine Tante Rösti und Gschnetzlets.«
    Karis Augen leuchten auf. »Das mag ich sehr.« Er reibt sich den Bauch.
    Möller schiebt Kari Richtung Hauseingang. »Lassen Sie uns jetzt in Ihre Stube gehen.«
    Ein grüner Kachelofen dominiert das dunkel getäferte Zimmer mit der niedrigen Decke. Büfett, Divan, Tisch und Stühle. Das Übliche, außer dem Schaukelstuhl. Auf dem Tisch stapeln sich Hefte und Zeitungen. An der Wand tickt eine Schwarzwälder Kuckucksuhr. Der Spannteppich ist abgetreten und voller Rußflecken. Ein düsterer, aber nicht ungemütlicher Raum, findet Viktoria und nimmt am Tisch gegenüber von Möller Platz. Kari setzt sich auf den Schaukelstuhl und fängt an zu wippen.
    »Wir müssen noch einmal auf den Tag zurückkommen, wo Sie Iris Brunner im Mondmilchgubel gefunden

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