Mondnacht - Mordnacht
abmalte. Sie stieß die Luft aus und spürte für einen Moment die Enttäuschung, die sie überkommen hatte.
Dann schaute sie nach links.
Dort begann der schmale Weg, der nicht nur tief hinein in die Finsternis des Waldes führte, sondern auch dorthin, wo das letzte Verbrechen geschehen war.
Sissy wußte genug. Sie hatte es gut in ihrer Erinnerung behalten.
Niemand hätte ihr geglaubt, aber sie war ein Mensch, der es besser wußte.
Ein Schauer rann über ihr Gesicht, als sie in den schmalen Pfad hineinging. Weicher Boden. Mit Gras bewachsen, auch feucht. Fast wie bei einem Sumpf.
Sissy zog ihren Revolver. An einer bestimmten Stelle blieb sie stehen, weil sie einfach ihren Gefühlen nachgegeben hatte. Eine innere Stimme sagte ihr, daß sie sich nicht weit vom Ort des Geschehens entfernt befand. Es kribbelte auf ihrer Haut, und die Haare im Nacken wollten sich querstellen.
Noch war nichts zu hören. Die Dunkelheit und der Wald verschluckten alle Geräusche.
Aber sie sah das Licht!
Für einen Moment nur, und es war auch kein natürliches Licht, sondern der gelbliche Schein einer Innenbeleuchtung, der aus einer offenen Wagentür nach draußen fiel, aber sehr schnell von der Finsternis gefressen wurde.
Sissy war irritiert. Im ersten Moment wußte sie nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie dachte daran, daß man den zerfetzten Leichnam des letzten Opfers im Fahrzeug gefunden hatte. Nun aber lagen die Dinge ganz anders.
Jemand hatte das Fahrzeug verlassen, und sie wußte nicht, weshalb es geschehen war.
Vielleicht John? Hatte er die Gefahr gerochen? War er deshalb geflohen? Wenn ja, dann hätte sie zumindest etwas gehört. Aber warum sollte Simone das Fahrzeug verlassen haben, wenn ihr Plan feststand, den anderen umbringen zu wollen?
Sissy kam damit nicht zurecht. Vieles lief nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Konnte es nicht sein, daß sie einen Schrei gehört hatte, bevor das Licht für einen Moment aufgezuckt war? Zwar einen gedämpften, aber dennoch hörbaren. Sie glaubte nicht daran, sich geirrt zu haben.
Das Ding ging weiter. Es ließ sich nicht aufhalten. Es würde eskalieren, davon ging sie aus.
Für Sissy war es besser, wenn sie auf dem Pfad blieb, trotz der nicht sehr guten Deckung. Hätte sie sich nach rechts oder links in das Unterholz hineingeschlagen, wäre dieses Vorgehen mit zu lauten Geräuschen verbunden gewesen. Sie war schließlich ein Mensch und kein Geist. Dem mußte sie Rechnung tragen.
Sissy sah den Wagen noch nicht. Er versteckte sich einfach zu sehr in der Nacht. Aber Sissy kam nicht bis zum Ziel: andere. Geräusche lenkten sie ab.
Sofort blieb die Frau stehen.
Die Geräusche paßten nicht in den Wald hinein. Sie stammten auch nicht von irgendwelchen Tieren, die erwacht waren. Sie hörten sich ganz anders an, als wäre jemand dabei, sich durch das Unterholz einen Weg zu bahnen, und zwar mit Händen und Füßen.
Sissy überlegte nicht lange. Sie hatte A gesagt und würde auch B sagen, das stand für sie fest. Sie konnte jetzt nicht kneifen. Sie würde sich ebenfalls in die Büsche schlagen und dieser Person auf den Fersen bleiben.
Es war schwer genug. Was da an ihrer Kleidung zerrte, als sie vom Weg abgekommen war, wußte sie nicht. Sie hatte den Eindruck, als wollten sie starre Hände festhalten und ihr nicht die Spur einer Chance geben, denn immer wieder mußte sie sich losreißen.
Auch ärgerte sich Sissy über die Geräusche, die sie selbst hinterließ. Sie wünschte sich, schweben oder fliegen zu können und nicht erst um jeden Meter zu kämpfen.
Aber sie war nicht die einzige, die Geräusche verursachte. Eine andere Person bewegte sich lauter durch den nächtlichen Wald. Nicht nur von normalen Geräuschen begleitet, sondern auch von einem Keuchen und Knurren. Unter Umständen auch einem scharfen Atmen, so genau war das nicht festzustellen.
Sissy wurde noch vorsichtiger. Sie paßte sehr genau auf, wohin sie trat, und sie räumte mit vorsichtigen Bewegungen Hindernisse zur Seite, die ihr im Weg standen. Zumeist waren es Zweige.
Jetzt ärgerte sich die Frau darüber, daß sie sich den Tatort nicht so genau angeschaut hatte. Dann hätte sie gewußt, wo das entsprechende Ziel lag.
So aber mußte sie suchen und sich ansonsten auf ihr Gehör konzentrieren.
In der Dunkelheit sahen die Dinge anders aus. Man konnte sie nicht mit den Gegebenheiten des hellen Tages vergleichen. Das bekam Sissy deutlich zu spüren, denn sie fand nicht heraus, ob diese Laute an einem
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