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Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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Lisandra angefangen hatte, rückwärts zu gehen. Zuerst hatte sie geglaubt, sie müsse nur lange genug rückwärts gehen, um eine sichere Entfernung zwischen sich und die Kröte zu bringen. Beim fünften Schritt merkte sie aber, dass die Kröte einen glitschigen Platschefuß vor den anderen setzte, um Lisandra zu folgen.
    Was Lisandra in diesem Moment beruhigte, war die Tür, die sie beim sechsten Schritt rückwärts durchquerte. Diese Türöffnung war viel zu klein, als dass die Kröte ihr durch diese hätte folgen können. Lisandra ging also weiter rückwärts und wähnte sich schon in Sicherheit, als sie bei ihrem zehnten Schritt feststellen musste, dass sich die Kröte lang und dünn machen konnte und gerade dabei war, ohne schwerwiegende Platzprobleme durch die Tür zu flutschen.
    Es war also der Zeitpunkt gekommen, an dem Lisandra aufhörte, die Kröte anzusehen, und stattdessen die Beine in die Hand nahm und rannte. Sie rannte kreuz und quer, treppauf, treppab, vom Mittelgebäude zum Wirtschaftsgebäude und wieder zurück und gönnte sich immer nur kurze Verschnaufpausen, in denen sie Hoffnung schöpfte, die Kröte abgehängt zu haben, aber immer wieder enttäuscht wurde, weil fast im gleichen Moment ein riesenhafter silberner und von glänzenden Warzen übersäter Krötenkopf um die Ecke linste und das Riesenmaul aufsperrte, um die Python-Zunge auszufahren.
    Während Lisandra floh, versuchte sie zu denken. Denn sie war am heutigen Tag nicht ausgezogen, um vor einer riesenhaften, fetten Kröte zu fliehen, sondern um diese zu finden und zu „beherrschen“, wie Yu Kon es befohlen hatte. Von Kröten-Beherrschung konnte gerade nicht die Rede sein, sondern es war eindeutig so, dass die Kröte Lisandra beherrschte. Die lange, hervorschnellende Zunge verfehlte ihr Opfer oft nur um Haaresbreite. Einmal blieb die Zunge an Lisandras Locken kleben und riss sie zu Boden. Das tat nicht nur weh, sondern unterbrach auch Lisandras Gedankenfluss und dabei hatte sie schon fast so etwas wie eine Idee oder eine Eingebung gehabt – nach ihrem Sturz und dem panischen Gekrabbel, das diesem folgte, war ihr Kopf wieder entleert und die Idee verschwunden.
    Als Lisandra die Luft ausging und ihre Kräfte für keinen weiteren Spurt ausgereicht hätten, hatte sie zwar keinen brillanten Einfall, doch besaß immerhin genügend Geistesgegenwart, um irgendwo im zweiten oder dritten Stock in einen Schrank zu steigen, als es die Kröte gerade nicht sehen konnte, und die Schranktür von innen zu schließen. Mit Mühe gelang es ihr, nicht laut zu keuchen, sondern leise zu atmen und dabei zu lauschen. Kam die Kröte? Kam sie nicht? Würde sie in der Lage sein, mit ihren Krötenfüßen oder der Klebezunge den Schrank zu öffnen?
    Lisandra saß sehr lange im Schrank und wartete. Meistens hörte sie rein gar nichts außer ihrem eigenen Atem, doch immer, wenn sie sich fast gerettet fühlte, glaubte sie wieder, das Glitschgeräusch der Krötenfüße auf den Steinen zu vernehmen. Mal lauter, mal leiser. Dann war es wieder still.
    Lisandra hatte keine Ahnung, wie viel Zeit sie schon im Schrank verbracht hatte, es mochten ein oder zwei Stunden gewesen sein, als sie die Schritte eines Menschen hörte. In ihrem gegenwärtigen Zustand legte sie nicht viel Wert darauf, irgendwem zu begegnen, doch die Person, die sich dem Schrank näherte, nahm darauf keine Rücksicht. Sie öffnete die Schranktür und starrte neugierig hinein.
    „Geht’s dir gut?“, fragte der Junge, um den e s sich bei der Person handelte.
    Er hatte schwarze Haare, schwarze Augen und die dunkle Haut der fahrenden Völker. Von den Kindern dieser Völker hieß es, dass sie einem mit ihrem Blick Unglück bringen könnten. In diesem Fall war etwas dran, denn Geickos Blick brachte Lisandra in schlimme Verlegenheit und das machte sie wirklich unglücklich.
    „Was machst du denn hier, Geicko?“
    „Das sollte ich wohl lieber dich fragen“, sagte er. „Ich habe einen deiner Ringe im Gang gefunden und dazu komische Pfützen, die bis zu diesem Schrank geführt haben. Ich habe mir fast Sorgen um dich gemacht … aber jetzt …“
    „… lachst du dich gleich scheckig, ich weiß!“
    „Also, was machst du hier drin?“, fragte er und bemühte sich, einen taktlosen Lachanfall zu unterdrücken. „Was hast du da überhaupt an?“
    „Das ist nicht so lustig, wie es aussieht!“, erklärte Lisandra und bemühte sich, so würdevoll wie möglich , mit dem Fransenteppich, in den sie gewickelt war,

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