Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
Ich habe wirklich Hunger, obwohl wir gerade erst zu Abend gegessen haben.“
„Aber Lissi“, sagte der grinsende Peter, „du hast doch immer Hunger!“
Lissi nahm das Schälchen und setzte sich neben ihre Mutter. Von ferne hörte man die Glocke an der Hauptpforte. Das war ungewöhnlich um diese Zeit, schließlich war es schon dunkel und der Morgul erwartete keinen Besuch.
„Ein Bote war da!“, rief Tilla, die kurze Zeit später in die Küche gerannt kam. „Mit einer Sonderzustellung! Stell dir vor, Lissi, das ist für dich!“
Tilla hielt ein Päckchen in der Hand, doch anstatt es Lisandra zu geben, drehte sie es erst mal herum, um es von allen Seiten zu begutachten.
„Der Stempel ist aus Tolois! Aber ich finde keinen Absender – doch hier steht was: Hanns v. Fort. Wer soll denn das sein?“
Lisandra war aufgesprungen.
„Gib her, Tilla! Hanns ist ein Freund von mir!“
Tilla übergab das Päckchen an Lisandra und alle, die in der Küche herumsaßen, schauten jetzt neugierig zu, wie sie das Päckchen auspackte.
„Das ist gutes Papier“, sagte Kallima. „Mach es vorsichtig auf, dann können wir es noch benutzen!“
Es fiel Lisandra schwer, dieser Bitte Folge zu leisten, doch sie gab sich Mühe. Nachdem sie das Papier entfernt hatte, kamen eine Kiste und ein Geschenk zum Vorschein. Die Kiste öffnete Lisandra zuerst.
„Oh, toll!“, rief sie. Denn in der Kiste befanden sich bestimmt die edelsten und teuersten Pralinen, die es in Tolois zu kaufen gab. Auf einem Schildchen mit Goldschrift stand:
‚ Von Hanns für Lisandra! ’
„Hier!“, sagte Lisandra und stellte die Kiste auf den Boden der Küche. „Bedient euch!“
Als Nächstes wickelte sie das Geschenk aus, das in ein Stück Stoff eingeschlagen war. Überflüssig zu erwähnen, dass Kallima große Augen machte, als sie den Stoff sah, und gleich ihre Hände danach ausstreckte.
„Darf ich den mal sehen?“
„Da!“, rief Lisandra und drückte ihrer Mutter den Stoff in die Hand, denn das, was nun zum Vorschein kam, beanspruchte ihre ganze Aufmerksamkeit. Da war ein Brief, auf dem stand:
‚ Von Haul für Lisandra! ’ und neben dem Brief lag eine kunstvoll bearbeitete silberne Scheide, in der ein zierlicher Dolch steckte, der sehr alt sein musste. Lisandra zog ihn heraus und bestaunte die Feinheit und Härte der Klinge. Sie war scharf und besaß eine eigentümliche Magie, die Lisandra nicht einzuordnen wusste.
„Das ist aber kein Geschenk für ein junges Mädchen!“, empörte sich der alte Peter. „Was sollst du denn damit anfangen?“
Lisandras Finger zitterten. Noch nie hatte sie so ein schönes, besonderes, wundervolles Geschenk bekommen! Und der Brief – sie musste ihn sofort lesen!
„Entschuldigt mich!“, sagte sie und stand auf. „Ich komme gleich wieder!“
Mit dem Brief und dem Dolch in der Hand verließ sie die Küche und lief in die kleine Kammer, die sie mit ihrer Mutter bewohnte. Dort zündete sie die Kerze auf dem Nachtschrank an, kletterte auf ihr Bett und öffnete den Brief, den sie Buchstabe für Buchstabe entziffern würde – und wenn es sie die ganze Nacht kostete!
„ Liebe Lissi “, schrieb Haul, „ magst du den Dolch? Der Verkäufer behauptet, er hätte mal einem Feenfürsten gehört. Aber na ja, du weißt ja, was diese Füchse einem erzählen, wenn sie ein Geschäft wittern. Trotzdem, dieser Dolch hat eine ungewöhnliche Magie. Ich musste gleich an dich und deinen Sternenstaub denken, als ich ihn gesehen habe. Deswegen habe ich ihn für dich gekauft. Er passt zu dir und er wird es gut bei dir haben, da bin ich mir sicher. “
Lisandra zog noch einmal den wunderschönen Dolch aus der Scheide und betrachtete ihn im Kerzenlicht. Was für ein Geschenk! Behutsam legte sie ihn auf ihren Nachtschrank, um weiterzulesen.
„ Du hast mich oft nach meinem richtigen Leben gefragt. Was ich gemacht habe und wie ich gelebt habe, als ich noch kein Gespenst war. Es fiel mir schwer, dir davon zu erzählen. Es ist einfacher, dir alles zu schreiben. Deswegen wird dieser Brief etwas länger. Da musst du durch, Lockenköpfchen. Aber du schaffst das, ich glaube an dich! “
Lisandra konnte Haul förmlich lachen sehen, während er das schrieb. Sie wusste genau, wie er sie jetzt ansehen würde, wenn er neben ihr säße. Was er aber leider nicht tat.
„ Ich hoffe, du magst mich nicht weniger als vorher, wenn ich dir verrate, dass Grindgürtel mein Vater gewesen ist. Das ist nichts Besonderes in Fortinbrack, denn er
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