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Mondscheinjammer

Mondscheinjammer

Titel: Mondscheinjammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hoehne
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Alles verlief hier so anders, als ich es die letzten achtzehn Jahre über gewohnt gewesen war, ruhiger, entspannter. Natürlich fehlte mir die Hektik New Yorks, doch irgendwie… ich biss mir auf die Zunge. Sofort schmeckte ich den eisenhaltigen Geschmack von Blut in meinem Mund und verzog das Gesicht.
    Es war gar nicht so schlimm in Parkerville zu leben. Letztendlich verbrachte ich sowieso die meiste Zeit damit, mich auf meinen Abschluss vorzubereiten und wenn ich ehrlich war, klappte das hier, ohne die gewohnte Ablenkung der Großstadt mit ihren Abermillionen Möglichkeiten, um einiges besser als Zuhause.
    Zuhause.
    Wo war das eigentlich?
    Ich schob den Gedanken beiseite und dachte an Vanessa, Ich war gerne mit ihr zusammen. Sie war zwar ganz anders als Kimberly und die anderen, doch ich mochte ihre verschrobene Art, auch, wenn ich ein wenig Bauchschmerzen bekam, wenn ich an das bevorstehende Essen bei ihrer Mutter dachte.
    Es würde schon alles gut werden.
    Ich gähnte herzhaft.
    Alles würde gut werden.
    Oder eben auch nicht.
     

 
     
     
     
     
     
     
4. KAPITEL
     
     
    V anessa hockte auf dem Bordstein neben dem Parkplatz und kritzelte etwas in ihr Buch, als ich sie endlich fand. Einzelne Strähnen ihrer langen dunklen Haare waren mit bunten Bändern umwickelt, sie musste am vergangenen Abend Langeweile gehabt haben. Ihre Beine steckten in langen schwarzen Strumpfhosen, und sie trug ein selbstgebatiktes T-Shirt, sicherlich ein Relikt aus den frühen 90er Jahren. Ich hatte sie den ganzen Vormittag über nicht gesehen, doch ich war auch viel zu beschäftigt gewesen, um mich wirklich darüber zu wundern.
    Gestern Nacht war etwas passiert, und natürlich hatte es in der gesamten Schule kein anderes Gesprächsthema gegeben.
    Jordan Hudson war verschwunden.
    Sams Bruder.
    Zuerst hatte ich nur müde drüber gelächelt. Er war neunzehn, gerade mit der Schule fertig und hatte wahrscheinlich einfach nur das Weite gesucht. Ich tippte auf Los Angeles oder Las Vegas. Wer wollte schon sein ganzes Leben lang nur mit Pferden über Felder reiten?
    Doch Jordan war nicht einfach so verschwunden. Man hatte sein Pferd gefunden, und das nicht einmal besonders weit von unserem Hof entfernt.
    Als ich hörte, in welch schillernden Farben die Jungs aus dem Basketballteam den Zustand des Tieres beschrieben, drehte sich mir der Magen um. Sie tippten auf Wölfe. Ich hatte bisher nicht einmal gewusst, dass es in Nebraska überhaupt welche gab.
    War es Jordans Pferd gewesen, was ich gestern Nacht vor dem Einschlafen gehört hatte? Es lief mir noch immer eiskalt den Rücken runter, wenn ich nur daran dachte.
    Und wie ging es Sam? Suchte er seinen Bruder?
    Seufzend ließ ich mich neben Vanessa auf den Bordstein fallen.
    Sie zuckte zusammen und nahm dann erleichtert ihre Kopfhörer aus den Ohren, als sie mich erkannte. "Erschrecke mich nicht so, nicht an einem Tag wie heute."
    "Kennst du Jordan etwa?"
    "Lily, hier kennt jeder jeden. Natürlich kenne ich Jordan."
    "Und?" Ich sah sie fragend an.
    "Was und?"
    "Ich weiß nicht." Ich zuckte hilfesuchend die Schultern.
    "Ich gebe wirklich nichts auf das Gerede von Leuten wie Ashley Carter oder so."
    Ich dachte an unsere Schulprinzessin. Seltsamerweise hatte sie in meiner Gegenwart noch gar nichts zu den neusten Ereignissen kundgetan. Eigentlich eher ungewöhnlich für sie, schließlich stand sie viel zu gerne im Mittelpunkt. Aber Ashley hatte sich den ganzen Tag über eher ruhig verhalten und es sogar vermieden, meinen Blick zu erwidern, wenn sich unsere Augen einmal zufällig trafen. War sie vielleicht krank?
    "Jordan und Natalie wollten nächste Woche heiraten", riss Lily mich aus meinen Gedanken.
    "Vielleicht hat er kalte Füße bekommen", gab ich zu bedenken.
    Vanessa schüttelte heftig den Kopf. "Und deswegen hat er sein Pferd so zugerichtet? Das Tier war regelrecht ausgeblutet. Ganz ehrlich, ich bin hart im Nehmen, aber die Fotos die mir Harry gezeigt hat…"
    "Du hast Fotos gesehen?", unterbrach ich sie fassungslos.
    "Harry ist der Sohn vom Chief." Sie zuckte die Achseln. "Egal, auf jeden Fall ist das echt pervers. Jordan hätte so etwas niemals gemacht und außerdem vergöttert er Natalie." Sie bekam einen verträumten Gesichtsausdruck. "Die beiden sind schon seit der Grundschule ein Paar."
    "Und was denkst du, was passiert ist? Die Geschichte mit den Wölfen scheint mir doch ziemlich weit hergeholt. Wo sollen die Tiere ihn denn hingeschleppt haben?"
    Vanessa schüttelte nachdenklich

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