Mondscheintarif
gequält.
«Aber weißt du, genau dafür hat er sie geliebt. Sie führten eine sehr glückliche Ehe und hatten drei Kinder.»
«Wir können keine Kinder haben.»
Das, fand ich, war ein guter Schachzug, ein existenzieller sozusagen.
«Warum denn das nicht?»
«Du warst ja nicht mal damit einverstanden, wie ich meinen Wellensittich erzogen habe.»
«Hermann war, das musst du zugeben, ein völlig degeneriertes Tier. Du hast ihm seine tierischen Instinkte abgewöhnt. Und das hat ihn letztendlich das Leben gekostet.»
«Was willst du damit sagen? Dass ich Hermann umgebracht habe?» Ich merkte, wie meine Stimme einen hysterischen Unterton bekam.
«Nein, das nicht. Aber er hatte verlernt, sich zu fürchten. Jeder normale Vogel wäre weggeflogen. Dazu sind sie ja schließlich da. Hermann ist mit Sicherheit der einzige Sittich auf der Welt, der zu Tode kam, weil ein Klempner versehentlich auf ihn draufgetreten ist.»
Ich war sprachlos. Ich musste eine Weile um Fassung ringen. Hermann hatte mir viel bedeutet. Außerdem brauchte ich Zeit, um das nächste Argument vorzuformulieren.
«Und wie war das mit der Eifel!?», rief ich schließlich triumphierend. Ha! Da hatte ich ihn aber eiskalt erwischt.
«Jetzt fang doch nicht wieder damit an!», sagte er lässig, rutschte aber unruhig auf dem Stuhl hin und her. Männer werden nicht gerne an ihre Verfehlungen erinnert. Zumal sie ihre Verfehlungen selten für Verfehlungen halten.
Es war im letzten Sommer gewesen; Sascha und ich plantenunseren ersten gemeinsamen Urlaub. Ich wälzte Kataloge mit Aufschriften wie «Fernreisen» oder «Asien ganz anders» oder «Exotische Reiseziele».
Dabei stellte ich mir vor, wie ich morgens, von unserem auf Bambusstäben gebauten Bungalow aus, mit bunten Blumen im Haar zum strahlend weißen Strand laufe und meinen braungebrannten, schlanken (vorher Diät, ist klar) Körper in die azurblaue Südsee tauche, während Sascha auf der Terrasse mit einer Machete eine Kokosnuss spaltet, um dann in einer Hängematte, die zwischen zwei Palmen hängt, in deren Blättern leicht der warme Südseewind spielt, auf mich zu warten.
Ach herrlich. Ich liebe Reisevorbereitungen. Ich finde, man kann nicht früh genug damit anfangen. Aus diesem Grund halte ich auch gar nichts von Last-Minute-Angeboten. Die bringen einen um die schönste Zeit des Urlaubs: die Wochen der Vorfreude.
Das Blöde war nur, dass Sascha von meinen vorbereitenden Aktivitäten seltsam unberührt blieb. Im Gegenteil: An jedem Land, das ich ihm als potenzielles Reiseziel vorschlug, hatte er was rumzumäkeln. Bis drei Wochen vor Reisebeginn waren wir, beziehungsweise er, immer noch unentschlossen. Das hatte zur Folge, dass wir prophylaktisch eine Menge verschiedenster Malaria-Medikamente schluckten. In Thailand gibt es nämlich eine andere Malaria als in Indien, wo sich wiederum die Erreger massiv von denen aus Vietnam unterscheiden.
Eine Woche vor unserem ersten Urlaubstag hätten wir die ganze Welt bereisen können, ohne Opfer irgendeiner Krankheit zu werden. Schließlich buchte ich Vietnam.
Was soll ich sagen? Zwei Tage vor Take-off befand Sascha, dass in Vietnam die Luftfeuchtigkeit zu hoch sei, um dort angenehme Ferien zu verbringen.
Ich stornierte den Flug, und wir verbrachten zwei Wochen im Ferienhaus von Saschas Eltern in der Eifel. Es war entsetzlich.
Hätte nur noch gefehlt, dass ich mir dort einen seltenen Eifeler Malariaerreger eingefangen hätte.
Es regnete ununterbrochen. Diese feine, perfide Art von Regen, den man erst kaum bemerkt und der einen dennoch bis auf die Knochen durchnässt. Während der Rest Deutschlands, von Vietnam mal ganz zu schweigen, unter einem Hochdruckgebiet schwitzte, saßen Sascha und ich in einem Fachwerkhaus in Erkensruhr und spielten Backgammon. Ich hätte es da schon wissen müssen.
«Wir passen einfach nicht zusammen», wiederholte ich dramatisch. «Vollgepumpt mit Malariaprophylaxen saß ich zwei Wochen lang am einzigen Ort der Erde, den man beheizen musste.»
Ich sah, wie Sascha ärgerlich wurde. Ich hatte einen wunden Punkt getroffen. Recht so. Ich war wild entschlossen, die Sache hier und jetzt zu Ende zu bringen.
Okay, unsere Liebesgeschichte hatte schön angefangen. Aber was nutzt das? Sie war nicht schön weitergegangen. Ich sah, wie sich Sascha zum Gegenschlag aufplusterte.
«Cora! Verdammt nochmal! Sei doch nicht so unvernünftig! Dass du jetzt diese blöde alte Urlaubsgeschichte aufwärmst! Das ist wieder mal typisch für dich.
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