MondSilberTraum (MondLichtSaga) (German Edition)
später hatten wir den Stadtrand erreicht und Obstplantagen breiteten sich vor uns aus. Zielstrebig folgte Peter einem Pfad, der einen der sanften Hügel hinauf führte, die Leylin umgaben. Es dauerte nicht lange und wir hatten den Wald erreicht. Etwas außer Atem ließ ich mich auf einen der umgestürzten Baumstämme fallen. Von hier aus hatten wir einen guten Blick auf die Stadt und niemand würde uns so schnell überraschen oder belauschen können. Dafür war der Wald hinter uns zu licht. Der Ort war perfekt.
Peter setzte sich neben mich.
»Gibst du mir das Buch noch mal?«
Ich kramte in meiner Tasche und reichte es ihm.
Während er den Text, den ich beinahe auswendig konnte, las, besah ich mir die Umgebung. Von oben sah Leylin wie eine Stadt aus einem Märchenbuch aus. Es schien unmöglich, dass sich über dieser Idylle etwas Schreckliches zusammenbraute.
»Wir dürften mit niemandem darüber reden, was in diesem Buch steht«, riss Peter mich aus meinen Gedanken.
»Ich weiß. Deshalb wollte ich gestern Abend auch verhindern, dass du etwas dazu sagst.«
»Und du hast nicht mit Calum darüber gesprochen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich kann es nicht erklären, aber etwas hat mich davon abgehalten.«
»Wo hast du das Buch eigentlich her?«
Ich erzählte Peter die Geschichte von Anfang an. Er unterbrach mich kein einziges Mal.
»Das ist das Unglaublichste zwischen all den unglaublichen Dingen, die mir in den letzten zwei Jahren passiert sind«, sagte er, als ich geendet hatte.
»Dieses Buch ist womöglich der Schlüssel, um die Undinen zu vernichten.«
Verwirrt sah ich ihn an. Hatte ich noch etwas übersehen? Wir wussten doch bisher nur, dass die Undinen uns Menschen mit Muril nicht sehen konnten. Unsere Seelen waren vor ihnen sicher.
»Wie meinst du das?«
Er reichte mir das Buch.
»McLeod schreibt, dass er einen Weg gefunden hat, Muril zu vernichten. Wenn die Undinen Muril nicht mehr haben, sind sie ihrer wichtigsten Waffe beraubt.«
»Ja schon, aber er schreibt nirgendwo, was er herausgefunden hat. Wie sollen wir es dann ausprobieren?«
»Wie oft hast du das Buch schon gelesen?«, fragte Peter.
»Die letzte Geschichte bestimmt zehn Mal, schätze ich.«
»Und du hast keinen weiteren Hinweis entdeckt?«
»Nein, nichts. Auch in den anderen Geschichten nicht. Die klingen eher wie Sagen oder Legenden. Jedenfalls werden nirgendwo Undinen erwähnt. Wenn ich darüber nachdenke, ist es fast, als wollte der Verfasser mithilfe dieser anderen Geschichte diese eine verstecken. Verstehst du, was ich meine?«
Peter nickte.
»Wenn McLeod sich die Mühe mit dem Zettel gemacht hat, dann muss es in dem Buch auch den Hinweis geben, wie wir Muril vernichten können«, erklärte er nach einer Weile.
»Es sei denn, er hat es nicht mehr geschafft, diesen Hinweis zu notieren«, wandte ich ein.
»Das kann ich mir nicht vorstellen. Das macht keinen Sinn«, sagte Peter. »Wenn die Menschen für die Undinen unsichtbar sind, dann können auch nur die Menschen etwas gegen sie ausrichten. Nur Menschen können also mit den Hinweisen etwas anfangen. Deshalb hat Alrin das Buch und seine Geschichte McLeod anvertraut und es nicht bei seiner Familie gelassen. McLeod war der Eingeweihte von Skye. Alrin muss gehofft haben, dass er der Mensch ist, der seine Aufgabe vollenden kann.«
Ich sah Peter an. So musste es gewesen sein. Weshalb war ich nicht selbst draufgekommen?
»Es muss ein besonderer Mensch sein, steht da. Wer immer damit gemeint ist«, ergänzte ich.
»Es muss in dem Buch weitere Hinweise geben«, sagte Peter.
Ich versucht mich noch mal an die anderen Geschichten zu erinnern. Mir fiel nichts ein, was zu unserem Rätsel passen konnte.
Peter zog ein kleines Messer aus seiner Hosentasche.
»Was machst du da?«, fragte ich.
»Ich schlitze auch die Vorderseite auf. Wer weiß, vielleicht hat McLeod da noch etwas versteckt.«
Ich beobachtete Peter, wie er konzentriert das vordere Deckblatt aufschlitzte. Es schien nicht so einfach zu sein, wie bei der Rückseite. Die Vorderseite war fester verklebt.
»Ich glaube, das bringt nichts, Peter«, sagte ich nach einer Weile.
»Du hast recht, hier ist nichts versteckt«, bestätigte Peter meine Vermutung.
Langsam blätterte er das Buch noch einmal durch.
»Wir sollten eine Nacht darüber schlafen«, sagte ich. »Vielleicht fällt uns morgen etwas ein.«
Peter stand auf.
»Kann ich das Buch heute Nacht behalten?«, fragte er. »Ich würde es noch mal durchgehen.
Weitere Kostenlose Bücher