Mondspiel: Novelle (German Edition)
Stimme klang beinah flehend.
Dillon schüttelte langsam den Kopf. »Ich kann darüber im Moment nicht diskutieren. Nein, ich wusste es nicht, ich hatte keine Ahnung. Ich habe dich immer als meinen Freund angesehen. Ich habe mein Bestes getan, um dich zu verstehen. Ich habe dir vertraut. Ich dachte, unsere Freundschaft sei echt.«
Jessica hob eine Hand und legte sie zart und liebevoll auf sein Gesicht. »Bring mich hier raus, Dillon. Jetzt sofort. Ich will weg.« Vor allem wollte sie ihn schleunigst dem Verrat und dem Betrug entziehen. Er hatte gerade erst begonnen, nach einem langen, kalten, trostlosen Winter den Sonnenschein zu sehen. Sie konnte Hände fühlen, die ihn von ihr fortzogen, zurück in die tieferen Schatten. Sie achtete darauf, dass ihre Stimme sanft und einschmeichelnd klang, und ihre Hände streichelten sein Gesicht. Erst als sie mit dem Daumen seine Lippen liebkoste, richtete er seine Aufmerksamkeit auf sie. Als er sie ansah, sah sie die gefährlichen Emotionen, die in den Tiefen seiner Augen strudelten.
Jessica zog ihn aus der Küche, fort von den anderen. Sie führte ihn durch das Haus in sein privates Stockwerk. Er folgte ihr bereitwillig, aber sie konnte immer noch drohende Gewalttätigkeit in ihm wahrnehmen, die allzu dicht unter der Oberfläche brodelte.
»Ich habe viel über mich gelernt, als ich im Zentrum für Brandopfer war«, sagte Dillon, während er die Tür zu seinem Arbeitszimmer aufstieß und zurücktrat, um sie vorausgehen zu lassen. »Man hat solche Schmerzen, Jess, unglaubliche Schmerzen. Man glaubt, man hält es nicht mehr aus, aber es kommt immer noch mehr nach. Jede Minute, jede Sekunde, es ist eine Frage des Durchhaltevermögens. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als es zu
ertragen, weil es niemals aufhört. Es ist nicht möglich zu schlafen, bis es vorbei ist, man muss die Schmerzen aushalten. «
Es war dunkel im Zimmer, in das der späte Nachmittag seine Schatten warf, doch er schaltete kein Licht ein. Draußen versetzte der Wind die Äste in Bewegung und ließ sie sanft die Hauswände streifen und eine gespenstische Musik hervorbringen. Drinnen zog sich das Schweigen in die Länge, während sie einander gegenüberstanden. Jessica konnte den wilden, chaotischen Aufruhr seiner Gefühle wahrnehmen, doch äußerlich war er so still wie ein Jäger. Sie kannte seine Willenskraft und wusste, warum er diese grässlichen Verletzungen überlebt hatte. Dillons Gemütsbewegungen waren heftig. Es klang, als schildere er seine physischen Schmerzen, doch sie wusste, dass er von einer anderen Art Schmerz sprach, die er ebenfalls durchlitten hatte. Die emotionalen Narben waren genauso schmerzhaft und so tief wie die physischen.
»Sieh mich nicht so an, Jess, das ist zu gefährlich«, warnte er sie leise und kam im selben Moment auf sie zu. »Ich will dir nicht wehtun. Du kannst mich nicht einfach mit deinen wunderschönen Augen so verflucht vertrauensvoll ansehen. Ich bin nicht der Mann, für den du mich hältst, und ich werde es nie sein.« Schon während er die Worte laut aussprach und jedes einzelne von ihnen ernst meinte, umfassten seine Hände aus eigenem Antrieb ihr Gesicht.
Elektrizität knisterte und peitschte ihr Blut auf. Die Glut seines Körpers sickerte in sie, wärmte sie und zog sie magnetisch an. Sein Kopf senkte sich zu ihr herunter, und sein seidiges dunkles Haar umrahmte sein Engelsgesicht wie eine Wolke. Außer seinen vollendet geformten
Lippen gab es für Jessica nichts mehr auf Erden, nicht einmal die Luft zum Atmen. Sein samtweicher Mund legte sich fest auf ihren, eine unwiderstehliche Berührung. Als seine Zähne zart an ihren Lippen zogen, damit sie ihm Einlass in ihre Süße gewährte, öffnete sie den Mund, bereit für die dunklen Geheimnisse von Leidenschaft und Verheißung.
Dillon schloss die Augen, um ihren Geschmack und die seidige Glut zu genießen. Jessicas Kuss war die reinste Magie. Es war Wahnsinn, seiner Sehnsucht nachzugeben, aber er konnte nicht zurück, sondern ließ sich Zeit, um sie gemächlich zu erkunden, herausgerissen aus der grauen Trostlosigkeit seiner alptraumhaften Welt und in eine andere geschleudert, in der um ihn herum und in ihm lebhafte bunte Feuerwerkskörper explodierten. Sein Verlangen regte sich augenblicklich, und sein Heißhunger war nicht zu bremsen. Seine Erregung war so gewaltig, dass sie ihn bis in die Grundfesten seiner Seele erschütterte. Nie zuvor hatte er dieses primitive und glühende Verlangen erlebt, das
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