Mondspiel: Novelle (German Edition)
lange ohne Lachen und Freude gelebt. Ich danke dir dafür, dass du mir dieses Fest zurückgibst.« Er senkte den Kopf und küsste sie auf die Stirn. »Ich entschuldige mich für die Grobheit meines Freundes. Offenbar hat er auf seine alten Tage vergessen, wie viel Spaß Festtage machen können.«
Dann legte er seinem Sohn eine Hand auf die Schulter. »Ich wüsste es sehr zu schätzen, wenn du heute Abend, bevor es zu dunkel wird, mit deiner Schwester rausgehst und ihr den besten Baum, den ihr findet, für uns aussucht. Wenn wir nicht mitten drin wären, an diesem Song zu arbeiten, käme ich mit euch. Ihr sucht den Baum aus und morgen Abend holen wir ihn gemeinsam.« Seine Finger schlossen sich vorübergehend fester um Trevors Schulter,
als sein Herz einen Freudensprung machte. Sein Sohn. Seine Tochter. Diese entsetzliche Dunkelheit, die ihn so lange verzehrt hatte, zog sich ganz langsam zurück. Die Intensität seiner Gefühle erschütterte ihn. Er hatte nie zu träumen gewagt, die beiden geliebten Gesichter könnten so vertrauensvoll zu ihm aufblicken. »Ich verlasse mich darauf, dass du auf deine Schwester aufpasst,Trevor.«
Trevor schluckte. Er warf einen Blick auf Jessica und erschauerte, während sich seine Finger in ihren Arm gruben. Sie lächelte ihn verständnisvoll an. Sie durfte nicht zulassen, dass ihre Ängste die beiden um jedes Vergnügen brachten. Und erst recht nicht, wenn sie nicht einmal wusste, ob ihre Befürchtungen eine reale Grundlage hatten. Als sie Dillon ansah, standen ihre Empfindungen unverhohlen auf ihrem Gesicht.
Dillon stockte der Atem. Aus Jessicas Augen sah ihn reine Liebe an. Sie blickte zu ihm auf wie ihn noch nie in seinem Leben jemand angesehen hatte, mit einem Ausdruck von völligem Vertrauen und bedingungsloser Liebe. Jessica hatte nie Hintergedanken. Sie liebte seine Kinder uneingeschränkt und wollte sie beschützen. Und sie begann, ihn auf dieselbe Weise zu lieben. »Geht jetzt, du und Tara, bevor es dunkel wird. Ich habe geschäftliche Angelegenheiten zu besprechen.«
Trevor nickte verständnisvoll und grinste Don triumphierend an. Er verließ die Küche mit Tara und drängte sie, schnell ihre Jacke zu holen, damit ihnen noch genug Tageslicht blieb.
Dillon nahm Jessicas Hand und hob sie an seine Lippen. Er sah ihr fest in die Augen und hielt sie in seinem sinnlichen Bann gefangen. Vor sämtlichen Mitgliedern seiner Band drückte er langsam einen Kuss auf ihre
Handfläche, ein unverkennbares Brandzeichen, mit dem er sie für sich beanspruchte.
Jessica konnte heiße Tränen hinter ihren Augen fühlen, und ihre Kehle schnürte sich zu. Dillon. Ihr Dillon. Er erwachte wieder zum Leben. Das Weihnachtswunder. Die Geschichte, die ihre Mutter ihr abends so oft erzählt hatte. Weihnachten besaß eine ganz besondere Macht, eine schimmernde, durchscheinende positive Kraft, die stetig strömte und derer man sich nur zu bedienen brauchte. Man musste bloß daran glauben und danach greifen. Jessica griff mit beiden Händen, mit ihrem Herzen und mit ihrer Seele zu. Dillon brauchte sie, und er brauchte seine Kinder. Er musste nur sein Herz wieder öffnen und gemeinsam mit ihr glauben.
Dillon zog sie an sich, und ihre weichen Kurven schmiegten sich an die Kraft seines harten Körpers. Dann wandte er seinen Kopf zu Don um und richtete die eiskalte Wut in seinen Augen gegen den Mann. »Sprich nie wieder so mit meinen Kindern. Nie wieder, Don. Wenn du was an mir auszusetzen hast, dann kannst du jederzeit auf mich losgehen, aber versuche niemals, es an meinen Kindern auszulassen.« Seine Stimme verhieß rasche und brutale Vergeltung.
Jessica erschauerte, als sie in sein Gesicht aufblickte. Dillon war tatsächlich ein veränderter Mensch, ganz gleich, wie oft sie zwischendurch für einen Moment in ihm den Dillon fand, den sie früher einmal gekannt hatte.
»Du willst mich draußen haben, stimmt’s, Wentworth? Du wolltest mich nie in der Band haben. Dir lag immer nur dein Liebling Paul am Herzen. Du hältst zu ihm, ganz gleich, was er tut«, fauchte Don. »Ich habe hart gearbeitet, aber ich habe nie die Anerkennung bekommen. Dir hat
es nie gepasst, dass ich in der Band bin. Paul dagegen« – er wies auf den Mann, der stocksteif auf einem Stuhl im Hintergrund saß – »kann alles tun, und du verzeihst ihm.«
»So unschuldig bist du nun auch wieder nicht, Don.« Brenda gähnte und wedelte träge mit der Hand. »Ihr Musiker seid so dramatisch. Wen interessiert schon, wer wem der Liebste
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