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Mondspiel: Novelle (German Edition)

Mondspiel: Novelle (German Edition)

Titel: Mondspiel: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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großzuziehen. Sie wollte, dass Dillon sie ernst nahm und sich anhörte, was sie zu sagen hatte, statt sie wie einen Teenager zu behandeln.
    »Sei nicht theatralisch, Jess«, sagte sie zur Warnung laut zu sich selbst. »Benutze keine Worte wie ›Leben und Tod‹. Sei einfach nur sachlich.« Sie schlotterte, als sie eine trockene Jeans anzog, und trotz der heißen Dusche zitterten ihre Hände. »Gib ihm keine Chance, dir Hysterie oder zu ausgeprägte Fantasie zu unterstellen.« Sie hasste diese Begriffe. Die Polizei hatte sie großzügig verwendet, als Jessica sich dort Rat holen wollte, nachdem den Zwillingen die alten Schundblätter zugeschickt worden waren und die Anrufe begonnen hatten. Sie war ganz sicher, dass die Polizei gedacht hatte, sie sei scharf auf Publicity.
    Bevor sie zu Dillon ging, musste sie nachsehen, ob für die Zwillinge gesorgt wurde. Paul hatte sie in ein Zimmer im ersten Stock geführt, eine geräumige Suite mit Wohnzimmer und Bad, wie in einem Hotel. Jessica konnte sich vorstellen, warum Dillon sein privates Wohnhaus so gebaut hatte. Bestimmt hatte er sich anfangs an den Gedanken geklammert, er würde wieder spielen, komponieren und Aufnahmen machen, und sein Haus würde mit Gästen gefüllt sein. Sie litt mit ihm, und es tat ihr in der Seele weh um sein Talent, das musikalische Genie in ihm, das ihn Tag und Nacht quälen musste. Sie konnte sich Dillon nicht ohne seine Musik vorstellen.
    Sie schlenderte durch den breiten Flur zu der geschwungenen Treppe. Diese führte ins obere Stockwerk und nach unten ins Erdgeschoss. Jessica war sicher, dass sie die Zwillinge in der Küche und Dillon im zweiten Stock vorfinden würde. Daher begab sie sich nach unten, um das Unvermeidliche hinauszuzögern. Das Haus war wunderschön, alles aus Holz mit hohen Decken und Buntglas. Es gab zahllose Räume, die zu einer Erkundungstour
lockten, doch der Klang von Taras Lachen ließ sie in die Küche eilen.
    Paul strahlte sie an. »Bist du dem Schokoladengeruch gefolgt?« Er war immer noch so, wie sie ihn in Erinnerung hatte, zu dünn, zu bleich und mit diesem bereitwilligen, einnehmenden Lächeln, das in ihr stets den Wunsch weckte, ebenfalls zu lächeln.
    »Nein, dem Klang von Gelächter.« Jessica gab Tara einen Kuss und zerzauste ihr Haar. »Ich höre dich gern lachen. Fühlst du dich besser, Schätzchen?« Das Mädchen sah besser aus, nicht mehr so blass und verfroren.
    Tara nickte. »Viel besser. Heiße Schokolade hilft immer, stimmt’s?«
    »Sie fahren beide total auf Schokolade ab«, teilte Trevor Paul mit. »Du machst dir keine Vorstellung davon, wie schrecklich es zugeht, wenn keine Schokolade im Haus ist.«
    »Hören Sie nicht auf ihn, Mr. Ritter«, spottete Tara. »Er liebt Schokolade auch.«
    Paul lachte. »Mich hat seit Jahren niemand mehr Mr. Ritter genannt, Tara. Nenn mich Paul.« Er lehnte sich entspannt neben Jessica an die Anrichte. »Ich hatte das Gefühl, Dillon wusste nicht, dass ihr kommt. Was hat euch hierhergeführt?«
    »Weihnachten natürlich«, sagte Jessica munter. »Wir wollten Weihnachten im Kreise der Familie feiern.«
    Paul lächelte, doch selbst das konnte die Schatten aus seinen dunklen Augen nicht vertreiben. Er warf den Zwillingen einen Blick zu und verkniff sich die Bemerkung, die er sonst gemacht hätte. »Wir haben im Moment so viel Gesellschaft wie seit Jahren nicht mehr. Das Haus ist voll, alles alte Bekannte, die offensichtlich dieselbe
Idee hatten.Weihnachten, so, so.« Er rieb sich das Kinn und zwinkerte Tara zu. »Ihr wollt einen geschmückten Baum und alles, was dazugehört?«
    Tara nickte feierlich. »Ich will einen großen Baum, den wir alle zusammen schmücken, wie wir es immer getan haben, als Mama Rita noch am Leben war.«
    Jessica sah sich in der großen Küche um und war den Tränen näher, als ihr lieb war. »Hier sieht es genauso aus, Paul. Es ist dieselbe Küche wie im alten Haus.« Sie lächelte die Zwillinge an. »Erinnert ihr euch noch?« Bei der Vorstellung, dass Dillon das Reich ihrer Mutter detailgetreu wiederaufgebaut hatte, wurde ihr warm ums Herz. Sie hatten fünf glückliche Jahre in der Küche verbracht. Vivian hatte sie nicht ein einziges Mal betreten. Oft hatten sie Witze darüber gemacht, dass sie wahrscheinlich nicht einmal den Weg zur Küche kannte.Aber Tara, Trevor und Jessica hatten den größten Teil ihrer Zeit an diesem Zufluchtsort oder in seiner Nähe verbracht. Es war ein Ort der Geborgenheit und des Friedens gewesen, ein

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