Mondsplitter
geschildert und es dann für einen Vorgesetzten wiederholt.
Dort bestanden sie darauf, daß Saber noch einmal die Schränke überprüfte, ob nicht doch ein zusätzlicher Druckanzug vorhanden war. Als feststand, daß das nicht so war, sagte man ihr, die Verbindung würde aufrechterhalten, und die besten Leute würden an einer Lösung arbeiten. Saber wußte, was das hieß.
»Keine Chance auf eine Rettungsmission?« fragte Evelyn.
Sie schüttelte den Kopf. »Unmöglich, daß uns jemand schnell genug erreicht, um etwas zu nützen. Tatsache ist, daß es ihnen schwerfallen würde, uns überhaupt zu erreichen, ehe wir in einer Erdumlaufbahn eintreffen.«
»Wann ist das der Fall?«
»In etwa zwölf Stunden.«
»Wir atmen schon lange vorher nur noch Vakuum«, sagte Evelyn. »Wir brauchen irgendeine Idee.«
Saber hatte zu keinem Zeitpunkt aufgehört, an einer Idee zu tüfteln. Und sie mußte immer wieder an den Augenblick denken, als Tony durch das Loch im Rumpf geblickt und eine von Bigfoots Plastiktüten gesehen hatte. »Es könnte da eine Möglichkeit geben«, sagte sie.
Mikrobus, Passagierkabine, 3 Uhr 29
Die Stimmung in der Passagierkabine war inzwischen trostlos. Man hatte diskutiert, ohne D-Anzug hinunterzusteigen. Man konnte einen der Lufttanks benutzen und es einfach damit riskieren: die Luke aufreißen, einen Anzug vom Unterdeck holen und ihn nach oben bringen. Wie lange das alles wohl dauerte?
Fünf Minuten? Zehn? Sicherlich konnte doch einer von ihnen fünf Minuten lang alles aushalten.
Hängt davon ab, wie lange man braucht, die Luke aufzukriegen.
Und da wartete diese eine Straßensperre: Durch die Luke zu kommen. Aber sie hatten wirklich keine große Wahl, als es einfach zu probieren. Entweder probieren, oder nach einiger Zeit die Luftschleuse öffnen und den Tod in Würde akzeptieren.
Charlie war mit Sicherheit der körperlich kräftigste unter allen Menschen an Bord, also wollte er den Versuch wagen. Er überlegte sich: Falls keine andere Lösung möglich war, konnte er es auch gleich hinter sich bringen. Die fröhliche Kameradschaft des Abendessens schien inzwischen Lichtjahre entfernt.
Und so kam es, daß Evelyn und Saber, als sie die Leiter vom Flugdeck herunterstiegen, Charlie vor der Luftschleuse stehen sahen, den Sauerstofftank in den Gürtel geschoben.
»Sie haben die richtige Idee«, sagte Saber. Sie hielt einen zerknitterten grauen Overall in der Hand. »Aber so gefrieren Sie ganz schön schnell.«
»Immer noch besser, als nur herumzusitzen.«
»Ich denke, Sie werden auch die Luft anhalten müssen. Ich bezweifle, daß Sie atmen können, selbst mit der Maske.«
»Wer fliegt den Bus?« fragte Charlie.
»Ich schätze, wir gehen jetzt einige Risiken ein«, sagte Evelyn. »Und wir haben ein dringenderes Problem.« Sie sah Charlie an. »Wir sind darauf angewiesen, daß Sie gehen. Wir haben uns darüber unterhalten, und Saber wollte es selbst versuchen, aber der Haken besteht nun mal darin, durch die Luke zu kommen.«
Charlie musterte die übrigen Männer. Beide waren eher schwach gebaut. Zwei Frauen und der gute alte Charlie Haskell mit seinen einsneunzig. »Wir brauchen also ein paar Muskeln.« Normalerweise hätte Charlie darüber gescherzt, aber weder das Lächeln noch der richtige Ton wollten sich einstellen.
»Richtig«, sagte Saber. »Wir müssen Sie nur noch besser ausrüsten. Zuerst möchte ich Ihnen allerdings zeigen, wo Sie den Ersatzanzug finden.« Sie zeichnete eine Karte des C-Decks und markierte den mittleren von drei Schränken. »Ziehen Sie einfach den Riegel, und er geht auf. Der Anzug besteht aus zwei Teilen: der Montur und dem Helm. Vergessen Sie den Helm nicht, klar?«
Charlie runzelte die Stirn, fühlte sich beleidigt.
»Charlie«, sagte Evelyn, »da draußen wird alles neblig für sie. Das gilt fürs Blickfeld und fürs Gehirn. Es wird nicht gerade ein Spaziergang.«
»Wieso probiere ich nicht einfach, da unten in den D-Anzug zu steigen, statt ihn mit nach oben zu bringen?«
»Zu kompliziert und zu gefährlich«, versetzte Evelyn. »Gestalten wir es lieber einfach. Bringen Sie ihn einfach herauf.«
»Okay, jetzt sehen wir mal zu, daß wir auch eine Chance haben«, sagte Saber. Sie hob die Hände, drückte an die Decke und schüttelte einen der beiden restlichen Sauerstofftanks heraus.
»Ich habe schon einen«, bemerkte Charlie.
»Sie haben schon einen gebrauchten. Für uns hängt jetzt alles von diesem Versuch ab, Herr Vizepräsident. Also besorgen
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