Mondsplitter
wir Ihnen einen frischen Tank.«
Charlie kam zu dem Schluß, daß er sie mochte. Sie stand mehr unter Druck als jeder andere; sie hatte ihren Captain verloren, aber sie bewahrte Haltung. Eine harte Frau. »Okay«, sagte er.
»Der Ersatzanzug müßte in Ordnung sein. Es besteht jedoch die Gefahr, daß das, was die Kabine durchschlagen hat, dabei auch den Anzug erwischte. Falls das so ist, werden Sie Bigfoot ausziehen müssen und seinen nehmen.«
»Das klingt nicht einfach.«
»Ist es auch nicht.«
»Eine bessere Idee wäre«, sagte Evelyn, »den Anzug zu vergessen, wenn er beschädigt ist. Wahrscheinlich ist es einfacher, gleich die Sauerstoffleitung zu reparieren, als Bigfoot auszuziehen.«
»Klingt vernünftig«, meinte Saber. Sie reichte ihm eine Rolle Duct Tape.
»Ein Klebeband? Ich soll das Leck mit Klebeband verschließen?«
»Das beste, was wir haben. Herr Vizepräsident, wenn die Sache zu kompliziert für Klebeband ist, sind wir ohnehin tot.« Sie hielt ihm den grauen Anzug hin, der eigentlich kein richtiger Overall war, sondern eher aus einem Top und ein Paar Beinlingen bestand. Anscheinend aus Spandex hergestellt. Saber paßte Charlie die Sachen an, zupfte sie zurecht, prüfte erneut. »Es wird eng sitzen, aber vielleicht ist das nur gut so.«
»Was ist das?« fragte Charlie.
»Es ist ein g-Anzug. Es ist meiner, und er ist nicht gewaschen, wofür ich mich entschuldige. Er dient als Unterkleidung für einen D-Anzug.« Sein Gesichtsausdruck mußte ihr aufgefallen sein. »Ich meine das ernst«, sagte sie. »Sehen Sie, Luft und Temperatur sind nicht die einzigen Probleme. Ihre Kapillaren werden platzen. Das passiert recht schnell, sobald Sie ausgestiegen sind. In der Folge entwickeln sich massive Blutergüsse. Genug davon bringen Sie auch um.«
»Wie lange, bis das passiert?«
»Weiß nicht. Ich habe damals im Unterricht nicht richtig aufgepaßt, weil ich nie damit gerechnet habe, mal ohne Anzug auszusteigen. Oder jemand anderen so hinauszuschicken. Aber es dauert nicht lange, okay? Der g-Anzug verhindert bei hohem Andruck, daß sich das Blut in den Gliedmaßen staut. Er dient auch zur Kühlung. Das werden Sie brauchen.«
Charlie musterte die Sachen zweifelnd.
»Ziehen Sie es an«, sagte Evelyn.
»Kein großer Respekt für den Vizepräsidenten hier«, erklärte er ihr. Aber er zog sich auf die Toilette zurück, stieg in den Anzug und zog die Reißverschlüsse zu. Das Ding war eng! Er zog seine Kleider wieder an und kehrte in die Kabine zurück.
Evelyn inspizierte seine Aufmachung. »Nicht besonders als Raumanzug«, sagte sie. Handschuhe waren nicht vorhanden, also steuerte der Kaplan ein Flanellhemd bei, das sie zerrissen und mit Klebeband an Charlies Händen befestigten. Saber brachte eine Uniformjacke zum Vorschein, schnitt sie in Streifen, wickelte sie Charlie um die Füße und sicherte sie mit Klebeband.
Sie hörte Warntöne vom Flugdeck und schickte alle Passagiere auf ihre Plätze zurück, während sie die Leiter hinaufeilte. Charlie setzte sich und legte die Gurte an. Das Triebwerk erwachte tosend zum Leben, und Saber lenkte das Raumschiff auf einen neuen Kurs. Dann kam sie zurück, brachte einen Schraubenschlüssel, eine Taschenlampe und ein paar Schraubenzieher mit und legte das alles neben das Klebeband.
Sie sah Charlie an und lächelte.
»Nur den g-Anzug«, sagte sie. »Sie werden Ihre Kleider nicht brauchen.«
»Sie halten mich warm!« protestierte er.
»Warm zu bleiben wird kein Problem sein, Herr Vizepräsident. Glauben Sie mir.« Charlie zog verlegen Hemd und Hose aus. Weder er noch Saber trugen während der Vorbereitung auf den Ausstieg ihre Sauerstoffmasken, und die abgestandene Luft in der Kabine trieb ihn zur Eile.
Saber fuhr mit den Händen über das Spandex und äußerte ihre Zustimmung. »Wir brauchen noch ein paar Sachen«, sagte sie. Sie ging in die Kombüse und stöberte in Schränken und im Kühlschrank herum. Sie kehrte mit einem Strohhalm und einem Plastikbeutel zurück.
Charlie sah neugierig zu, während sie mehrere Pfund eingewickeltes Lunchfleisch aus dem Beutel holte, diesen über seinen Kopf hielt und herunterzog. »Ein bißchen eng«, sagte sie, »aber es sollte funktionieren.«
Evelyns Augen leuchteten auf. »Saber«, sagte sie und nahm das Klebeband zur Hand, »du bist ein Genie.«
»Was?« fragte Charlie.
Sie entfernten den Beutel und schnallten Charlie den Lufttank auf den Rücken.
»Okay.« Saber nickte zufrieden über ihr Werk. »Achten Sie auf
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