Mondsplitter
das Deck unter ihm stampfte und schlingerte. Einige seiner Mitarbeiter hatten es an Bord geschafft, einige Militärs, ein paar Reporter und einer der Agenten. Dabei hätte der Platz für mehr gereicht. Vielleicht zwanzig Personen hatten sie unten auf dem Rasen zurückgelassen, darunter Al.
Die Triebwerke kreischten. Henry packte einen Handgriff. Es hätte einen Plan geben sollen, um alle zu evakuieren. Verdammt! Sein Stab hatte das bis zum Abwinken vermasselt. Oder er.
Für die Reporter fühlte er sich besonders verantwortlich. Er hatte sie ins Weiße Haus gerufen und es versäumt, für sie Vorkehrungen zu treffen. Als hätte er geglaubt, D.C. wäre geheiligter Boden, irgendwie abgeschirmt vor der Katastrophe, die den Rest des Landes überrollte.
Der Mann, der auf ihm lag, war nun anscheinend überzeugt, daß sich der Präsident nicht mehr selbst weh tun konnte, und richtete sich auf. »Verzeihung, Sir«, sagte er. Er trug einzelne Silberstreifen.
»Ist schon okay, Leutnant«, sagte Henry. Er blickte sich um, entdeckte Emily und erschrak über ihren ausdruckslosen Blick. Er versuchte, mit ihr zu reden, aber sie bekam kein Wort hervor.
Blitze erhellten die Kabine flackernd. Heftiger Regen prasselte an die Fenster. Der Heli schlingerte und sackte ab und stieg wieder auf. Der Leutnant beugte sich zum Cockpit vor, redete kurz mit den Piloten und nickte. »Wir sind in Sicherheit, Herr Präsident.«
»Konnte der letzte Hubschrauber starten?«
Er redete erneut mit den Piloten. »Ja, Sir. Sie sind in der Luft.«
Der Triebwerkslärm ließ nach, und Henry stand auf. Die Welt unter ihm war voll fließender Dunkelheit und Elektrizität. Nirgendwo brannte Licht; die Erde war dunkel. Er sah keine Straßen, keine Häuser, keine Denkmäler. Ihn schauderte.
Blitze schimmerten auf einem schwarzen Sturzbach, der über die Rotunde hinwegströmte. Das halb im Wasser stehende Lincoln Memorial wurde von den Blitzen immer wieder kurz hervorgehoben.
Er schob sich vorsichtig ins Cockpit. »Pilot, können Sie mit der anderen Maschine Verbindung aufnehmen? Der, die nach uns gestartet ist?«
Der Pilot nickte. »Willkommen an Bord, Herr Präsident«, sagte er, reichte ihm ein Mikro und einen Kopfhörer. »Brötchen drei«, sagte er, »der Präsident möchte mit Ihnen reden.«
Lange blieb es still am anderen Ende. Dann: »Hier Brötchen drei. Schön, daß Sie es geschafft haben, Herr Präsident.«
»Danke. Konnten Sie die Leute mitnehmen, die noch am Boden waren?«
Wieder trat eine lange Pause ein, lange genug für Henry, um sich die Antwort zusammenzureimen. »Nein, Sir. Nicht alle. Die Zeit hat nicht gereicht.« Die Stimme am anderen Ende war etwas schriller geworden. »Ich konnte nichts tun, Sir.«
»Ich weiß, mein Junge. Ich war dort.«
»Wir sind selbst nur knapp davongekommen, Herr Präsident. Wäre ich nicht gestartet, wären alle umgekommen.«
»Ist schon in Ordnung.« Er holte tief Luft. »Ist Al Kerr dort?«
Emily drückte ihm die Schulter, während sie beide zuhörten, wie Leute am anderen Ende Kerrs Namen riefen. Ein Stimmgewirr ertönte, und dann hörte Henry ihn. »Hier bin ich, Herr Präsident.«
»Gott sei Dank, Al! Al, wie schlimm war es? Wie viele mußten sie zurücklassen?«
»Zehn, fünfzehn. Ich bin nicht sicher, Sir.« Er führte es nicht näher aus.
»Al, haben Sie mal hinausgeblickt?«
Erneut schlug ein gewaltiger Blitz zu. Sie flogen jetzt über eine weite See, aus der hier und dort ein Denkmal oder ein Stück des State Departments ragte. »Yeah«, sagte Kerr. »Ich habe es gesehen.«
Henry fragte sich, wie viele Menschen sich noch in der Stadt aufgehalten hatten. Auf seinen Rat hin. »Al, wohin fliegen wir?«
»Camp David ist noch trocken, Sir.«
Sie schwenkten nach Nordwesten, flogen über das ruhige Wasser hinweg, jetzt in relativer Stille, vom Sturm abgesehen. »Herr Präsident.« Es war der Pilot, der ihn von einem fernen Ort in die Gegenwart zurückrief.
»Ja, was ist?«
»Ein Anruf für Sie. Ein gewisser Feinberg.«
»Stellen Sie ihn durch, Pilot.«
Im Kopfhörer klickte es ein paarmal. Dann ertönte Feinbergs Schnarren: »Herr Präsident?«
»Hallo, Wesley. Es wird Sie sicher interessieren, daß wir gerade Washington verloren haben.«
»Herr Präsident, tun Sie es nicht.«
»Was denn?«
»Greifen Sie den Possum nicht mit Atomraketen an.«
Henry blickte zur überschwemmten Stadt hinunter. »Ich denke, wir haben genug, Wesley.«
»Nein! Wenn Sie darauf bestehen, machen Sie es nur
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