Mondsplitter
niemand mehr daran? Und wir haben eine Raumfähre auf Skyport, die zu beschädigt ist, um sie nach Hause zu holen. Also bleiben uns sieben. Damit werden Sie sich zufriedengeben müssen.«
»Der Präsident möchte mindestens acht oder neun.«
»Sie existieren einfach nicht, Al.«
TRANSGLOBAL-SONDERREPORTAGE, 19 Uhr 02
Hier spricht Peggy Bitmauer aus dem MVB-Hauptsitz in Indianapolis. Eine Flotte von Raumfähren schießt morgen von Atlanta aus in den Himmel, um den Possum aus der Bahn zu lenken, einen großen Brocken Mondgestein, dessen Einschlag die Wissenschaftler für Dienstag früh in Kansas erwarten. Der verantwortliche Leiter der Mondverkehrsbehörde, Harold Stratemeyer, sagte vor wenigen Augenblicken, die gesamte Flotte der einstufigen MVB-Raumfähren wäre der Regierung zur Verfügung gestellt worden …
Atlanta, 19 Uhr 09
Pete Telliard und seine Frau feierten gerade ihren 22. Hochzeitstag bei Horatio’s, wo die Speisekarte keine Preise nannte und die Mahlzeiten jeweils hundertsechzig kosteten. Einen Tisch mußte man normalerweise Wochen im voraus bestellen, aber heute abend stand Horatio’s zu drei Vierteln leer, wie die Stadt, die es bediente.
Pete wand sich in seiner Jacke. Die Förmlichkeit der Kellner flößte ihm Unbehagen ein, aber er bemühte sich, den Eindruck zu erwecken, als speiste er ständig in Etablissements wie diesem. Seine Frau lächelte ihn an. »Nächstes Jahr«, sagte sie, »gehen wir ins Steak and Ale.«
Sein Telefon piepte. Er drückte auf die Vorderseite und sah zu, wie die Antenne ausfuhr. »Telliard«, sagte er.
»Pete.« Es war sein Boß. Aus der Werkstatt. »Wir brauchen Sie. Sofort.«
Er starrte auf das Gerät. »Ich kann nicht«, sagte er. »Ich bin mit meiner Frau zusammen. Bei Horatio’s. Unser Hochzeitstag.«
»Tut mir leid, Pete. Ehrlich. Aber wir brauchen Sie einfach. Man zieht die einstufigen Raumfähren für irgendeine Umrüstung hier zusammen. Es muß gestern fertig werden, und wir haben einfach keinen Spielraum, um uns da rauszuwinden.«
Skyport, Flugleitung, 20 Uhr 17
George Culver starrte die Nahaufnahme des zerstörten Heckleitwerks an. Der Rumpf war ramponiert und angesengt, die meisten Sensoren fehlten, und die Backbordtragfläche war blockiert. »Wir sind hier einfach nicht richtig ausgerüstet für so eine Reparatur, George.« Das sagte der Wartungschef von Skyport, ein ruhiger, konzentrierter Mann in den Fünfzigern. »Ich kann die Maschine nicht abfertigen. Sie würde auseinanderfallen, wenn Sie damit zur Erde fliegen.«
»Was passiert jetzt also?«
Der Chief zuckte die Achseln. »Nicht meine Entscheidung. Wenn man mich fragt, empfehle ich, die brauchbaren Teile zu bergen und den Rest zu verschrotten.«
»Vielleicht bleibt Ihnen nichts weiter übrig, als die Maschine abzufertigen«, sagte George. »Alle Raumfähren werden gebraucht.«
Der Chief bekam schmale Augen. »Man hat schon versucht, mich unter Druck zu setzen, George. Sehen Sie, wenn Sie versuchen, mit der Kiste zu landen, spricht alles dafür, daß Sie es nicht schaffen. Das habe ich dem Management erklärt, und ich habe es der NASA erklärt. Falls mein Boß mich übergehen und das Papier unterzeichnen möchte, steht ihm das frei. Aber ich tue es nicht! Und falls ich Sie wäre und die da oben die Maschine doch freigeben, würde ich mich weigern, sie zu fliegen. Das können Sie ruhig wörtlich wiedergeben.«
Skyport, Flugdeck der Kopenhagen, 20 Uhr 36
Die Triebwerke liefen.
Nora Ehrlich war eine vielseitige Frau. Sie flog nicht nur diese große Raumfähre, sie war auch eine fähige Orgelspielerin, hatte zweimal der Schulaufsichtsbehörde angehört und zwei Bücher mit humorvollen Aphorismen veröffentlicht. Sie erkannte ein echtes Ereignis, wenn sie es sah, und machte gegenwärtig Notizen für ein drittes Buch; es sollte ein Bericht über den Rettungseinsatz auf der Mondbasis werden und dann über die Verfolgung des Possums. Damit konnte sie einfach nichts falsch machen, und sie hatte auch schon den Titel: Die ungedeckte Flanke. Sie hatte auch Der Felsen des Jüngsten Tages und die Zerstörung des Mondes in Erwägung gezogen, aber Die ungedeckte Flanke klang nett. Die ersten beiden Bücher, Nackt auf der Überholspur und Verstreut meine Asche bei Lord & Taylor, hatte sie unter einem Pseudonym geschrieben, und sie waren ein bescheidener Erfolg. Die ungedeckte Flanke sollte mit ihrem richtigen Namen auf dem Schutzumschlag erscheinen. Und sie
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