Mondsplitter
mußte das ständige Abtreiben nach Steuerbord ausgleichen. Und er verlor irgendwo Treibstoff.
Er überprüfte das Fahrwerk und war erleichtert, als er eine grüne Lampe erhielt. »Wir schaffen es«, sagte er.
»Vielleicht.« Harmonys dunkle Augen ruhten auf einem Punkt irgendwo über seiner Schulter. »Wir vielleicht.«
7.
Percival Lowell, Unterkunft des Präsidenten, 16 Uhr 17
Kerr übermittelte ihm die Nachricht. Charlie schloß die Augen und bemühte sich, seine Wut zu beherrschen. Allmählich hegte er den Verdacht, daß wirklich eine böswillige Macht am Werk war, ein weißer Wal, entschlossen, alles zu vernichten. »Kann man sie nicht reparieren?« wollte er wissen.
»Nicht in zwölf Stunden.«
»Dann müssen wir eine andere finden. Irgendwo muß doch noch eine Maschine gehamstert sein! Was ist mit den Herstellern? Gottverdammt, Al, irgend jemand muß einfach noch eine haben!«
»Wir haben das schon untersucht. Allied hat zwei in Paris und Berlin ausgestellt, aber keine davon kann rechtzeitig flugfähig gemacht werden.«
»Sind Sie sicher?«
»Ja, ich bin sicher, Charlie. Verdammt, man könnte sie nicht mal bis morgen früh zum Flughafen schaffen!«
Charlie hätte sich am liebsten gesetzt, konnte es sich aber in der Schwerelosigkeit nicht bequem machen. Inzwischen haßte er die schwerelose Umgebung. Er hatte das Gefühl, als wäre nichts mehr richtig gelaufen, seit sein Magen direkt nach dem Start in Washington vergangene Woche versucht hatte, ihm die Speiseröhre hinaufzukriechen. »In Ordnung, Al«, sagte er.
»Was meinen Sie mit ›in Ordnung, Al‹? Möchten Sie Unternehmen Regenbogen absagen?«
»Absagen? Es ist unsere einzige Chance!«
»Nein, ist es nicht. Wir haben immer noch die Atomraketen.«
Die Atomraketen. Wie immer, waren sie auch hier die Waffen, die man einfach nicht einzusetzen wagte. »In Ordnung«, sagte Charlie. »Tun Sie folgendes: Die Raketen sollen das verdammte Ding anvisieren. Halten Sie sich bereit, auf meinen Befehl zu feuern. Aber wir werden sie nicht einsetzen, es sei denn als allerletzte Chance.«
»Charlie, ich denke, daß es schon soweit ist.«
»Nein«, erwiderte er. »Noch nicht.«
TRANSGLOBAL-SONDERREPORTAGE, 16 Uhr 21
Zwei Männer sind heute nachmittag festgenommen worden, nur Minuten, nachdem sie angeblich zwei Boden-Luft-Raketen auf eine der vom Flughafen Hartsfield gestarteten Raumfähren abgefeuert hatten. Wie gemeldet wurde, hat wenigstens eine der Raketen das Ziel getroffen. Die Maschine konnte jedoch kurz darauf sicher landen. Niemand an Bord wurde verletzt, aber das Raumschiff soll schwer beschädigt worden sein. Zwei Todesfälle am Boden wurden gemeldet, ein Mann und eine Frau, und man zieht eine Mordanklage in Erwägung.
Die Polizei hat die beiden Männer als Steve Gallagher und Thaddeus Wickert identifiziert, beide aus Staunton, Virginia. Beide werden mit rechten Milizen in Verbindung gebracht. Gallagher ist oft im Fernsehen aufgetreten und hat dort ultrarechte Standpunkte vertreten. Ein Motiv für den Angriff wurde bislang nicht genannt.
Derweil rüsten sich die kanadischen Behörden für eine Flut von Flüchtlingen, die dem erwarteten Einschlag des Possums morgen früh zu entkommen versuchen. Die Grenzstationen wurden bereits förmlich überrannt. Regierungsnahe Quellen dementieren weiterhin hartnäckige Gerüchte, denen zufolge die Kanadier für die Dauer der Notlage auf Kontrollen verzichten wollen.
Percival Lowell, Flugdeck, 16 Uhr 27
»Haben Sie es schon gehört, Herr Präsident?« Feinberg klang schrill.
»Habe ich. Wir müssen einfach mit sechs auskommen.«
»Verzeihen Sie mir, Sir, aber Physik ist keine Politik. Man kann in der Physik nicht einfach etwas zuwege bringen, indem man sich mehr anstrengt.«
Charlie saß vorn neben Rachel Quinn. Draußen wälzte sich die Landschaft des Possums langsam vorbei. »Wes, wir geben jetzt nicht auf.«
»Es kommt gar nicht darauf an, ob Sie aufgeben oder nicht. Ohne eine siebte Maschine gelingt es nicht. Aber ich sollte darauf hinweisen, daß Sie in einer sitzen.«
Das war Charlie nicht entgangen. Wie Feinberg fragte er sich inzwischen, ob die Percival Lowell die beschädigte Raumfähre ersetzen konnte. Die Lowell wirkte jedoch zwergenhaft neben den riesigen Einstufen-Raumfähren. Er deckte das Mikrophon ab und sah Rachel an. »Bringt dieses Schiff die gleichen Pferdestärken auf wie die Raumfähren?«
»Wir sprechen nicht von Pferdestärken, Herr
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