Mondsplitter
erfüllte. Wie die übrigen Freiwilligen von Unternehmen Regenbogen wußte er in sehr persönlichen Begriffen, was er zu retten versuchte.
Seine Flugingenieurin war Tina Hoskin, eine Frau mit einer Jekyll-and-Hyde-Persönlichkeit, an Bord ganz ruhige Effizienz und Anstand, die sich in ihrer Freizeit aber durch ihre unverblümte Art Freunde entfremdete und gelegentlich das Management brüskierte. Sie hatte inzwischen zu viele Feinde auf höherer Ebene, und Ben wußte, daß sie über ihre gegenwärtige Stellung hinaus nicht weiter aufsteigen würde. Manchmal fragte er sich, ob es klug war, mit ihr zu fliegen, denn er wußte, daß viele Menschen für den Absturz der Maschine beteten.
Seine Copilotin war Harmony Smith, attraktiv, kalt, unbeirrbar. Wenn Ben der einzige in allen Flugbesatzungen war, der nie in einem Düsenjäger gesessen hatte, dann war Harmony die einzige, die je im Knast gewesen war. Sie hatte einmal als Waffenschieberin gearbeitet – nach sechs Jahren als Pilotin der Luftwaffe. Aber Harmony rappelte sich wieder auf, und die Mondverkehrsbehörde hielt genug von ihren Fähigkeiten, um ihr eine Chance zu geben. Sie wurde nicht enttäuscht.
Meine beiden Desperados. Es war nur logisch, daß sie, als es darauf ankam, nicht gezögert hatten, bei der Jagd nach dem Possum zu helfen. Der Einsatz, dem dieser Flug diente, machte ihn zwangsläufig zu einer emotionalen Erfahrung, und Ben überlegte sich gerade, wieviel Zuneigung er für die beiden Frauen empfand, als Harmony ihn fast sachlich darauf hinwies, das etwas hinter ihnen herkam. Und schnell aufholte.
»Ich denke, es ist eine Rakete«, sagte sie gedämpft.
Die einstufige Raumfähre war zu groß für plötzliche Ausweichmanöver.
»Entfernung sechzehn Kilometer«, sagte sie. »Nähert sich mit Mach zwei. Uns bleiben vielleicht dreißig Sekunden.«
»Wärmesucher?«
»Kann ich nicht feststellen.« Am liebsten hätte er gewartet, bis das Objekt näherkam, dann so scharf wie möglich gewendet und die Triebwerke abgeschaltet. Das Raumschiff war jedoch zu groß und einfach nicht manövrierfähig genug, um zu warten. »Festhalten«, sagte er und zog scharf nach Backbord herum.
»Ben«, sagte Tina, »hier kommt eine Warnung vom Tower herein. Es heißt, wir sollten auf eine Rakete aufpassen.«
»Gut«, sagte Ben. Er zählte bis fünf und schaltete die Triebwerke aus.
»Noch zwanzig Sekunden«, meldete Harmony. »Sie folgt uns.«
»Wir brauchen Radarstörfolie«, sagte Tina. Stanniolstreifen wurden von Militärmaschinen routinemäßig benutzt, um Raketen abzulenken.
Ben öffnete sein Mikro.
»Tower«, sagte er, »hier L.A. Wir haben Ihre Rakete gefunden.«
»Wir sehen es, Ben. Man hat uns informiert, daß zwei Verrückte mit einem Raketenwerfer da unten herumlaufen.«
»Noch fünf Sekunden«, sagte Tina.
»Sie hat uns«, informierte Ben die Flugleitung.
Die Rakete explodierte direkt achtern des Steuerbord-Triebwerks. Die Maschine kippte heftig nach Backbord. Auf dem Flugdeck gingen überall an den Armaturen Warnlampen an. Ben kämpfte darum, die Raumfähre im Griff zu halten, und erwartete, daß die Treibstoffleitungen Risse bekamen und die Tanks aufplatzten. Aber es passierte nicht.
Die Verbindung zum Tower stand noch.
»Wir sind noch in der Luft«, erklärte er dem Mikrophon. Und Tina fragte er: »Kommen weitere?«
»Bestätigt«, antwortete sie. »Eine weitere Rakete im Anflug. Aber sie verfehlt uns. Nicht neu zünden!«
Ben stellte die Tragflächen auf manuelle Steuerung ein und fuhr sie auf ihre vollen achtunddreißig Grad aus, um maximalen Auftrieb zu erhalten.
»Steuerbord-Triebwerk ist ausgefallen«, meldete Harmony. »Und wir haben ein paar Hydraulikprobleme.«
Tina hob die Faust. »Die Rakete ist vorbei«, sagte sie. »Der Himmel ist frei.«
»Bereithalten zur Zündung backbord.« Er öffnete die Treibstoffleitung und drückte den Zündschalter. Das Triebwerk donnerte los.
Gott sei Dank!
»L.A., was ist los?«
Die Steuerung fühlte sich steif an. »Tower, ein Triebwerk ist ausgefallen und die Hydraulik macht Probleme. Mehr wissen wir nicht. Aber wir können steuern.«
Die Erleichterung war aus der Stimme herauszuhören. »Schaffen Sie es zurück?«
»Einen Moment.« Sie verloren immer noch Höhe. Tina rechnete kurz nach und hob den Daumen. »Ja«, antwortete Ben. »Aber wir müssen es beim ersten Versuch schaffen.«
»Wir machen die Tür für Sie weit auf, Ben.«
Die Maschine fühlte sich schwer, unbeholfen und langsam an. Er
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