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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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    Anders als die Mondbusse und Stationsfähren, deren Kraftwerke entweder ein- oder ausgeschaltet waren und mit konstantem Energiefluß arbeiteten, konnten die Raumfähren und die Lowell den Schub modulieren. In der Hektik der zurückliegenden sechsunddreißig Stunden hatte Feinberg mit NASA-Ingenieuren zusammengesessen und die Einsatzziele auf einen Satz operativer Anforderungen reduziert. Die Anforderungen hatte man in einen Plan eingearbeitet und an ein Team von Spezialisten weitergeleitet, damit sie einen Satz Instruktionen schrieben. Die Instruktionen wurden dann in Computer an Bord der Mabry und der Kordeshew gespeist, als Sicherung gegen einen Unfall, der möglicherweise das Projekt enthauptete.
    Das Programm war so eingestellt, daß es sich selbst korrigierte; es überwachte die Ergebnisse, die die sieben Antriebsschiffe erzielten, mit einem Arsenal von Sensoren, die auf allen drei Stationsfähren montiert waren, und es führte Anpassungen durch, wenn sie durch die Umstände nötig wurden. Was die Planer nicht abschätzen konnten und was sie vielleicht für den gefährlichsten Unsicherheitsfaktor hielten, war die Möglichkeit eines Software-Fehlers, denn die Zeit hatte nicht ausgereicht, um das Programm zu testen.
    Dieses Fehlerrisiko beherrschte Feinbergs Gedanken. Er sah dem Funker der Mabry zu, der sich in der Passagierkabine eingerichtet hatte (die gleichzeitig als Einsatzleitung diente), um hier die Kommunikation zu organisieren. Er sprach nicht nur mit den übrigen Schiffen, sondern auch mit dem Orbitallabor, das den Einsatz für den Rest der wissenschaftlichen Gemeinschaft überwachte.
    Wes Feinberg hatte nie an den eigenen Fähigkeiten gezweifelt. Er war in seiner üblichen kühlen Haltung von Massachusetts nach Atlanta aufgebrochen. Die Kollegen hatten ihm Glück gewünscht und offen seine Haltung in einer Lage bewundert, die ihrer Einschätzung nach einen enormen Druck bedeutete. Er versicherte ihnen, daß alles unter Kontrolle war. Kaum war er jedoch in den kalten Himmel von Neuengland gestartet, da kamen ihm die ersten Zweifel. Während der Konferenz in Hartsfield klapperten ihm buchstäblich die Zähne. Er hätte etwas zur Beruhigung mitnehmen sollen, aber er benutzte keine Tranquilizer, hatte seit dem Begräbnis seines Vaters vor dreißig Jahren keinen mehr eingenommen. Also dachte er zu keinem Zeitpunkt daran, ein Medikament zu nehmen, und falls ihm der Gedanke jetzt durch den Kopf ging, so tat er ihn achselzuckend als Zeichen der Schwäche ab.
    Er gab sich Mühe, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, nicht zu vergessen, wer er war und warum Menschen ihm so stark vertrauten. Er hatte die eigenen Zahlen immer wieder nachgerechnet, wie jemand, der immer wieder zur Haustür geht und nachprüft, ob er sie auch wirklich abgeschlossen hat. Das Problem lag darin, daß er trotz aller Vermessungen und Analysen nicht alles mit Sicherheit wußte. Zum Beispiel hatte er die Masse des Objekts nur geschätzt. Auch die Verteilung der Masse war eine Schätzung. Die Trudelbewegung führte einen Faktor in die Berechnung ein, der, wenn er schon nicht chaotisch war, so doch nur durch eine ziemlich umfangreiche Serie von Beobachtungen präzise hätte kalkuliert werden können, nicht in der kurzen Zeitspanne, die ihnen für Bildaufnahmen zur Verfügung gestanden hatte. Insgesamt beruhten seine Berechnungen auf zu vielen Annahmen, als daß er sich damit wirklich hätte wohl fühlen können.
    Die Mabry lag hundert Kilometer vor dem Possum, von wo aus sie die Bewegung des Objekts anhand der Sternbilder leichter messen konnte. Falls man die gewünschten Resultate nicht erzielte, falls der Felsen nicht nach Plan beschleunigte oder seine Lage nicht veränderte, wie es nötig war, mußte Feinberg Justierungen nach dem Hosenboden vornehmen. Und das ging, wie ihm traurig klar wurde, über fast jedermanns Fähigkeiten. Vielleicht sogar über seine.
     
     
Percival Lowell, Flugdeck, 4 Uhr 12
     
    Anders als die Raumfährenpiloten, die Treibstoff sparen mußten, hatte Rachel keinen Grund gesehen, den Meiler abzuschalten. Sie saß an der Steuerung, hatte den Präsidenten der Vereinigten Staaten auf dem rechten Platz sitzen, und blickte geradewegs nach vorn auf die perspektivisch verkürzte Landschaft – eine Landschaft, die sich etwa hundert Meter weit erstreckte und dann zu einer Kammlinie aufrollte, ähnlich einer heranrasenden Welle. Rachel fühlte sich nicht wohl. Ihre ganze Ausbildung, ihre ganzen Instinkte,

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