Mondsplitter
geschärft durch ein Leben am Steuer von Hochleistungsfahrzeugen, sagten ihr, daß die Lowell sich brüllend von Jonathan Porters Kabeln losreißen, ihren Bauch auf den Felsen aufschlitzen und in den Höhenzug knallen würde, sobald der Computer auf Orly Carpenters Stationsfähre das Pedal bis aufs Blech durchtrat.
»Noch zwei Minuten«, sagte die Stimme von der Mabry.
Lee Cochran saß hinter dem Präsidenten und bemühte sich, einen entspannten Eindruck zu machen. Keith Morley war irgendwo weiter hinten. Sie alle trugen D-Anzüge.
»Rachel, sind Sie okay?« fragte Charlie.
Das war vielleicht peinlich! Hier saß sie neben einem Politiker, um Gottes willen, und er war kaltblütiger als sie! Sie fragte sich, ob er wohl ahnte, was passierte, wenn Jonathans Sammlung von Pflöcken und Kabeln nicht hielt. »Sicher«, sagte sie.
Charlie zupfte an seinen Gurten und versuchte es sich im D-Anzug bequem zu machen, der sich jedoch als einfach zu sperrig erwies. Daß Charlie selbst groß war, half auch nicht gerade. »Beantworten Sie mir eine Frage«, sagte er. »Falls ein Computer auf der Stationsfähre den ganzen Einsatz leitet, warum sind wir dann hier? Die Piloten, meine ich.«
»Als Reserve«, antwortete Rachel. »Für den Fall, daß etwas schiefgeht. Ich bezweifle jedenfalls, daß sie genug Zeit hatten, um Programme für einen völlig automatisierten Einsatz zu schreiben. Es war alles ein wenig überstürzt.«
»Noch eine Minute.«
»Okay«, sagte sie. »Machen Sie sich bereit. Es geht los.«
Einstufen-Raumfähre Arlington, Flugdeck, 4 Uhr 13
Die Triebwerke rumpelten beruhigend.
Vor einer Woche hatte sich George auf einen Abend mit Annie Blink gefreut, einer gescheiten, unwiderstehlichen Blondine, einer Dame mit einem absurden Namen, die sagte, ja, ihr Name wäre ein Problem und sie würde ihn durchaus ändern wollen, wäre dabei jedoch vorsichtig. Schließlich wolle sie nicht für den Rest des Lebens einen anderen komischen Namen haben und erleben, daß die Leute das Grinsen zu unterdrücken versuchten, wenn sie sich vorstellte.
Und um die Wahrheit zu sagen, George, Culver klingt verdächtig.
An diesem Abend hatte George den Durchbruch geschafft und Annie mit ins Bett genommen – zum erstenmal. Zum einzigen Mal. Die Nacht war voller Lachen und Leidenschaft, und er entschied, daß Annie die richtige für ihn war. Letzten Dienstag hatte die Zukunft damit noch recht gut ausgesehen.
»Noch dreißig Sekunden.«
Er blickte hinter sich zu Mary und Curt. Sie kontrollierten gegenseitig ihre Druckanzüge.
Er hörte dem eigenen Atem zu.
Mit dem Helm auf dem Kopf fühlte er sich isoliert und allein. Lichter bewegten sich über ihm; es war eine der Stationsfähren; eine weitere Lichtergruppe sah er an Steuerbord auf der Oberfläche. Das war die in Rußland stationierte Maschine. Die Moskau. Eine dritte Raumfähre, die Tokio, lag direkt voraus auf der Ebene. Die Atlanta, die London, die Berlin und die Lowell lagen im Hinterland.
Mary, die sonst nicht zu Gefühlsäußerungen neigte, streckte unerwartet die Hand aus und drückte George das Handgelenk. Durch den Anzug spürte er den Druck kaum. Er blickte zu ihr hinüber und sah, daß sie die Lippen bewegte.
Yeah. Falls es je den richtigen Augenblick für göttliche Hilfestellung gegeben hatte, dann diesen.
Antonia Mabry, Einsatzleitung, 4 Uhr 14
»Null.«
Feinberg drückte den Schalter. Die London und die Tokio, die beiden vordersten Maschinen auf der Ebene und im Hinterland, gingen auf vollen Schub.
Gleichzeitig schaltete Carpenter die Simulation ein. Der Hauptmonitor zeigte im Bild, wie der Possum reagieren sollte; und eine eingeblendete rote Maske stellte dar, was tatsächlich geschah. Solange keine Abweichung zwischen weißer und roter Graphik auftrat, war alles okay.
Die Spannung in der Kabine war so stark, daß Feinberg sich wirklich schwach fühlte. Die Umgebung flößte ihm inzwischen Raumangst ein, und er hätte fast alles getan, um wieder normale Schwerkraft zu spüren. Der Magen drückte aufs Herz.
Seit dem Start in Atlanta fiel es ihm schwer, etwas zu essen. Alle anatomischen Systeme schienen aus dem Takt geraten. Er wünschte sich, er hätte darauf bestanden, im AstroLab zu bleiben. Dort hätte er effektiver arbeiten können, weil er nicht ständig krank gewesen wäre.
Das Programm bezog jetzt die übrigen Triebwerke ein, erzeugte mal hier vollen Schub, mal dort ein Viertel. Es spielte auf den sieben Meilern eine regelrechte
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