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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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so mit Angst erfüllt, daß sie sich benehmen.
    Jedes Kind, das einen Pfifferling wert ist, gibt irgendwann eine Unabhängigkeitserklärung heraus. Mark tat es, indem er sich um Aufnahme ins theologische Seminar bewarb. Ursprünglich wollte er nur für etwa ein Jahr bleiben, während sein Vater sich wand. Am Ende blieb er jedoch bis zum Abschluß, beeindruckt vom Glauben seiner Lehrer. Und falls der personifizierte Gott, der durch Galiläa gewandelt war, ihm immer irgendwie unwahrscheinlich vorkam, gestattete er doch nie jemandem Einblick in seine Zweifel, von den engsten Gefährten mal abgesehen. Als ein Onkel ihn fragte, ob er der erste Kaplan auf der Mondbasis werden wollte, akzeptierte er sofort. Seine Aufgabe dort war überkonfessionell, erklärte der Onkel. Kein Missionieren. Alle Glaubenslehren sollten als gleichrangig gelten. Wir wissen es natürlich besser, sagte der Onkel augenzwinkernd, aber wir plaudern es nicht aus, nicht wahr?
    Mark war wie geschaffen dafür. Er war mit Enthusiasmus ans Werk gegangen und jetzt seit zwei Jahren auf der Mondbasis, deren Arbeitern, Technikern und Forschern er geistlichen Beistand spendete. Man konnte nur wenige Lunies als fromm bezeichnen, aber auch sie brauchten gelegentlich jemanden, mit dem sie reden konnten, und jemanden, der die Zeremonien für die verschiedenen Übergangspunkte des Lebens durchführte.
    Er schloß die erste Mondehe und führte die erste Mondtaufe durch. Er führte den Vorsitz über die erste offizielle Chanukka-Feier und las den Ritus zum Begräbnis des Moslems Isbn ben Mihal, der durch einen geplatzten D-Anzug ums Leben gekommen war. Niemand schien sich daran zu stören, daß die Gebete von einem Mann geführt wurden, der sich vielleicht nicht formell der Doktrin verpflichtet fühlte, der sie entsprangen. Für Mark hatte es den Anschein, als verschwämmen auf dem Mond die scharfen Grenzen zwischen den verschiedenen Religionen.
    Zum Glück fanden nicht viele Begräbnisse statt. Tatsächlich gehörte es zu den erfreulichen Aspekten, die das Leben des Mondbasis-Kaplans hatte, daß er viel häufiger Kinder und Ehen segnete, als er Hinterbliebene trösten mußte. Und er entdeckte noch etwas. Zu Hause absolvierten seine Gemeindemitglieder die Routine ihres Glaubens, hingen aber nur selten bedeutsamen Gedanken darüber nach. Der Glaube war einfach eine Gegebenheit wie das Wetter oder das Amtszeichen. Die Leute jedoch, die zum Mond kamen, tendierten zu ausgeprägt negativen Ansichten über Gotteshäuser und waren trotzdem geneigt, in die Unendlichkeit zu blicken und ihre Zweifel einzugestehen. Diese Leute, glaubte Mark, waren es besonders wert, gerettet zu werden.
    Jetzt, wo der Komet erschienen war, fragte sich Mark, welchem Zweck das diente. Er teilte die allgemeine Bestürzung, eine Sorge, die über die Frage hinausging, ob diese oder jene Person rechtzeitig von hier wegkam. Für den Kaplan und viele andere auf der Mondbasis ging etwas Bedeutsames dem Ende entgegen. Das Ende eines Zeitalters. Und für ihn war es besonders schmerzhaft, da er der Vorstellung nachhing, daß nichts zufällig passierte. Wie oft hatte er Menschen zugehört, die behaupteten, das Universum sei letztlich darwinistisch, kalt und unbeteiligt? Eine Maschine, die gar nicht weiß, daß wir existieren, die Sterne, Eichhörnchen und Astronomen mit dem gleichen gefühllosen Fleiß produziert.
    Sie sagten, die Religion wäre nur erfunden worden, aus Enttäuschung angesichts dieser Wahrheit, die so groß am Himmel geschrieben stand. Und doch schien es, als hätten die Menschen irgend jemandes Aufmerksamkeit geweckt. Der halb im rötlichen Schimmer aus Lichtstreifen und Nebel versteckte Kometenkern ähnelte nichts so sehr wie dem Auge des Teufels.
     
     
Mondbasis, Kommunikationszentrale, 11 Uhr 46
     
    Die junge Frau, die Ricks Aufmerksamkeit gewonnen hatte, als er am ersten Tag das Büro für Öffentlichkeitsarbeit besichtigte, war Andrea Bellwether, eine Kommunikationstechnikerin. Sie war Britin aus Portsmouth, wo sie in Blickweite zu Nelsons Schiff Victory aufgewachsen war. Sie war die Tochter Frank Bellwethers, der die Ranger auf ihrer schicksalhaften ersten Reise kommandiert hatte. Mit sechs erlebte Andrea mit, wie der Vater das beschädigte Raumschiff zu landen versuchte, wie er an der Atmosphäre abprallte und in die ungefähre Richtung von Canopus weggeschleudert wurde.
    Es war das dunkelste Ereignis ihres Lebens. Sie erinnerte sich an die Telefongespräche mit dem Vater; daran,

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